Private-Equity- und Hedge-Fonds

Nichts für schwache Nerven

Heftarchiv Praxis
Abseits der Aktienmärkte und frei von Zwängen drehen Hedge-Fonds das große Rad auf den Finanzmärkten. Private-Equity-Fonds übernehmen Firmen und brummen ihnen ihre Schulden auf. Für die Jongleure ein gutes Geschäft, an dem sich auch private Anleger beteiligen können. Doch die Risiken sind für sie nicht überschaubar und die Aussichten auf Renditen bleiben eher schwach.

Er ist schuld an der Hedge- Fonds-Blase. David Swensen, Chief Investment Officer der Yale-Stiftung, hat der Finanzwelt während der vergangenen zwölf Jahre gezeigt, wie man auch abseits der Aktienmärkte beeindruckende Renditen erzielen kann. Er führte an der amerikanischen Elite-Universität die alternative Anlagestrategie ein und erzielte allein im vergangenen Jahr eine Rendite von 22,9 Prozent.

Nachahmung statt Original

Natürlich hat der Guru inzwischen viele Nachahmer gefunden. Sie alle versuchen, sein System zu kopieren. Ein Drittel des Vermögens bleibt in konservativen Anlagen wie Aktien und Anleihen investiert. Der Rest verteilt sich auf Hedge-Fonds und andere außerbörsliche Beteiligungen, zu denen auch Waldgrundstücke gehören. Damit schaffte er auch im Krisenjahr 2001 einen positiven Abschluss. Die Vermögensberater bei der Deutschen Bank empfehlen seine Strategie auch ihrer privaten Klientel als Vorbild. Der Hochgelobte selbst aber warnt in seinem Ratgeber „Erfolgreich investieren. Strategien für Privatanleger“ vor alternativen Anlagen, weil sie viel schwieriger zu kontrollieren sind – besonders für Laien. Mehr Kontrolle für Hedge- Fonds forderte vor kurzem auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, als er in Essen seine G7-Kollegen in die Villa Hügel einlud. Er setzte das Thema auf die Tagesordnung. Diese Tatsache allein galt schon als Erfolg, da sich vor allem seine Kollegen aus den USA und Großbritannien schützend vor die boomende Branche gestellt hatten. Denn die meisten großen Fonds residieren zwar in den Steuerparadiesen Cayman-Islands oder Bahamas, wickeln ihre Geschäfte aber über New York und London ab. Inzwischen erkennen jedoch Amerikaner und Briten die Gefahr, dass die internationalen Finanzmärkte ins Schwanken geraten können, falls ein solcher Fonds einmal kollabiert. 1998 war es fast so weit, als – nur noch das Einschreiten der New Yorker Zentralbank den LTCM – einen Fonds der mehrere Milliarden Euro verwaltete – gerettet hat.

Wie schnell der Umschwung von Hui zu Pfui erfolgen kann, zeigt auch das Drama um den amerikanischen Hedge-Fonds Amaranth Advisors im vergangenen Jahr. Noch im Sommer 2006 wog der Fonds neun Milliarden Dollar. Vor potentiellen Kunden schwärmten Manager von 25- Prozent-Renditen. Kurze Zeit später brach die schöne Welt zusammen. Amaranth hatte sich mit Optionen auf Erdgas verspekuliert. Statt zu steigen waren die Preise für das Gas gefallen – und fünf Milliarden Dollar vernichtet.

Heute gibt es weltweit rund 9 000 Hedge-Fonds, die insgesamt die sagenhafte Summe von 1,4 Billionen Dollar verwalten. Der Betrag setzt sich aus bei Investoren eingesammelten Geldern und den darauf gewährten Krediten zusammen. Ob diese horrende Summe stimmt, weiß niemand genau: Eine Kontrolle gibt es nicht. Anders als herkömmliche Kreditinstitute haben Hedge-Fonds gegenüber den Kontrollbehörden keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Geschäfte.

Auf der Webseite der Bundesregierung (www.bundesregierung. de) erfährt der Laie, dass es für diese Anlageform keine allgemein akzeptierte Definition gibt: „Allgemein können Hedge- Fonds jedoch als Kapitalsammelstellen bezeichnet werden, die in ihren Anlagestrategien und bei der Auswahl der Vermögensgegenstände weitgehend frei sind“, so die Erklärung aus Berlin.

In Deutschland sind diese Fonds dank des Investment-Modernisierungsgesetzes seit 2004 zugelassen, um den Finanzplatz Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken. Zwar fordert das Gesetz mehr Transparenz, doch reichen die Bestimmungen bei Weitem nicht aus. Jeder Häuslebauer, der eine Hypothek aufnehmen will, muss sich mehr offenbaren als die Finanzjongleure, die mit Milliarden Euro spielen. Sie spekulieren mit hoch komplizierten Derivaten – das sind oftmals sehr gewagte Finanzkonstruktionen – mit denen sie die Kredite absichern. Dabei handelt es sich meistens um Wetten und Termingeschäfte auf Kursentwicklungen jeder Art. Das können steigende und fallende Kurse von Aktien sein, Entwicklungen bei Öl- und Gaspreisen und so weiter. Diese Geschäfte versprechen hohe Gewinne, die sich bei der kleinsten Störung in herbe Verluste wandeln können.

Deutsche Hedge-Fonds unterliegen der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Private Anleger, die mit am großen Rad drehen wollen, können sich über Dachfonds an den nervenaufreibenden Geschäften beteiligen. Diese investieren ausschließlich in andere Hedge- Fonds. Die Risiken verteilen sich so besser. Außerdem müssen Anbieter dieser Fonds die Kunden auf das Risiko eines Totalverlustes unbedingt hinweisen.

Umgesattelt

Weil das ursprüngliche Geschäft nicht mehr so viele Gewinnchancen bietet, steigen viele Hedge- Fonds in Private-Equity-Beteiligungen ein. Das sind Investitionen in Firmen, die häufig unterkapitalisiert sind oder deren Strukturen eine Straffung vertragen können. Im Unterschied zu vielen der ursprünglichen Private-Equity-Fonds bringen die Hedge-Fonds in diesem Geschäft oft nicht die nötige Geduld auf. Sie kaufen Firmen, zwingen ihnen die für den Kaufpreis nötigen Kredite auf und ziehen die Reserven heraus oder erhöhen die Dividenden, um so die Anteilseigner zu befriedigen. So lange die neuen Manager neben den Renditen für die Anteilseigner auch das Wohl der Firma gleichermaßen im Blick haben, kann eine Beteiligung oder Übernahme tatsächlich zum Erfolg führen.

Mittlerweile warnen Insider vor den wachsenden Risiken. Zu ihnen gehört der Europa-Chef von KKR, Johannes Huth. Seiner Meinung nach werden derzeit übernommene Firmen mit Schulden belastet, die fünfmal so hoch seien wie der jeweilige operative Jahresgewinn. Für ihn liegt die Grenze bei 4,5.

Bei Übernahmen durch Private- Equity-Gesellschaften bringen die neuen Eigner in der Regel Eigenkapital aus Anlegergeldern in Höhe von 20 bis 30 Prozent mit. Für den Rest nehmen sie Kredite auf, die sie dann den gekauften Unternehmen aufbrummen. Starke Firmen finanzieren sich auf diese Weise selbst. Hat der neue Besitzer sich verschätzt und laufen die Geschäfte nicht wie erwartet, kann es schnell zum Konkurs kommen.

Derzeit kämpft Europas größter Fotoverarbeiter Cewe in Oldenburg mit den beiden amerikanischen Hedge-Fonds K Capital und M2. Sie halten zusammen 16 Prozent der Aktien und fordern derzeit die Entlassung des Vorstandschefs Rolf Hollander. Der Grund: Er wehrt sich gegen eine Kreditaufnahme, mit der eine regelmäßige Sonderdividende von fünf Euro je Aktie finanziert werden soll – obwohl sich das Unternehmen derzeit in einer Umbruchphase befindet. Eine Umstrukturierung ist unumgänglich, wegen der Digitaltechnik brechen die Umsätze ein, von ehemals 29 Betriebsstätten sind noch 20 übrig. Doch die Anweisungen aus New York fordern eine aggressivere Gangart. Damit die Fonds ihre Anleger weiterhin mit hohen Renditen verwöhnen können, sollen die Norddeutschen jetzt ausgenommen werden. Vorstandschef Hollander aber will kämpfen.

Topp-Flopps inbegriffen

Über geschlossene Fonds können sich auch private Investoren an dem aufregenden Spiel beteiligen. Viel versprechende Prospekte fordern die Zocker unter den Anlegern dazu auf, wie Harvard oder Yale zu investieren. Die massiven Werbekampagnen haben Erfolg. Im vergangenen Jahr flossen 250 Milliarden Dollar in Private-Equity-Fonds. Allein in Deutschland waren es 2,1 Milliarden Euro, die die Kassen der Fonds auffüllten. Schiff-, Film- und auch viele Immobilienfonds haben ihre Reize verloren. Private-Equity ist der Renner. Doch viele der Fonds werden floppen, warnen Experten. Sie werfen den Managern mangelnde Kenntnisse vor. Denn wer sich mit Schiffen, Filmen oder Immobilien auskennt, verfügt nicht unbedingt über ausreichende Kenntnisse für Firmenübernahmen. Der Preis für den Einstieg in die meist als Dachfonds konstruierten Beteiligungsmöglichkeiten liegt bei 10 000 Euro.

Das gesammelte Geld verteilen die Fondsmanager dann auf Branchenriesen wie Carlyle, Blackstone oder andere. Diese wiederum kaufen und verkaufen mit diesem Kapital (Equity = Eigenkapital) Unternehmen oder Beteiligungen. So verleibten sich Permira und KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) im vergangenen Jahr den Sender Pro- SiebenSat1 für sechs Milliarden Euro ein.

Reserven – made in Germany

Deutsche Firmen stehen bei internationalen Fonds hoch im Kurs. Es locken die großen Reserven der hiesigen Unternehmen. Da diese Übernahmen abseits der Börsen geschehen, nennt die Fachwelt das Private Equity. Darin liegt denn auch einer der Vorteile dieser Branche. Sie machen ihre Geschäfte unabhängig von schwankenden Aktienkursen. In Zeiten niedriger Zinsen können sie ihr eingesetztes Kapital besonders günstig beleihen. Der Nachteil für die „Kleinanleger“: Die Gebühren sind zu hoch. Untersuchungen haben ergeben, dass bei Private- Equity-Fonds inklusive des Agios von fünf Prozent insgesamt 11,19 Prozent von der eingezahlten Summe verloren gehen. Im Schnitt kassieren private Anleger am Ende rund 50 Prozent weniger Rendite als die großen Investoren; bei den Riesensummen im Millionenbereich fallen die Gebühren nicht so ins Gewicht. Außerdem bekommen Großanleger günstigere Konditionen als kleine. Deshalb bedienen Deutsche Bank oder Sal. Oppenheim Privatanleger erst dann, wenn diese bereit sind, mindestens 250 000 Euro zu investieren. Wer sich zu diesem Schritt entschließt, darf sich nur dann sicher wähnen, wenn er ein Vermögen von mehreren Millionen Euro im Rücken hat. Denn er muss jederzeit mit einem Totalverlust rechnen. Auch wenn größere Beteiligungen höhere Renditen versprechen, sind die Angaben hierzu mit Vorsicht zu genießen: Dabei handelt es sich um Angaben über die Höhe der internen Verzinsung. Hierbei wird unterstellt, dass ein Anleger, der schnell Rückflüsse aus seiner Anlage bekommt, diese zum gleichen Zinssatz wieder anlegen kann. Doch im Normalfall wird das Geld ganz konservativ zu niedrigen Zinssätzen wieder angelegt. Denn die Fonds, die wiederum in andere Fonds investieren, rufen das Geld in einzelnen Teilen beziehungsweise Tranchen ab. So lange bleibt es möglicherweise auf einem niedrig verzinsten Tagesgeldkonto liegen.

Eher trüb als transparent

Außerdem gelingt es den Dachfonds- Managern nicht immer, das Kapital der Investoren bei den besten Zielfonds unterzubringen. Am Ende bleiben vielleicht Renditen zwischen sechs und zwölf Prozent übrig. Von Nachteil ist auch die Tatsache, dass das Geld mindestens zehn Jahre festliegt. Die mangelnde Transparenz aber ist der wichtigste Faktor, der Anleger von einem Engagement fernhalten sollte. Sie wissen meistens nicht, in welche Zielfonds der Dachfonds investiert und was diese mit dem eingesammelten Geld bewirken. Wie undurchsichtig das Geschäft mit den Private- Equity-Fonds ist, beschreibt das Magazin Wirtschaftswoche anhand des Beispiels des Münchner Dachfonds BVT, der im Jahr 2000 gegründet worden ist: Sieben Mal rief der BVT Anlegergelder ab. Von den 27,1 Millionen Euro Kapital sind bisher 17,4 Millionen Euro von den Unterfonds zurückgeflossen. Einen Großteil der Rückflüsse gab BVT im Jahr 2005 wieder an die Unterfonds zurück. Insgesamt flossen bis Ende 2006 erst zwölf Prozent des Kapitals wieder an die Investoren zurück. Bislang hat es noch keiner der großen Publikumsfonds, die im Jahr 2000 aufgelegt wurden, geschafft, die Anlegergelder zurückzuzahlen. Von einer Rendite spricht sowieso keiner.

Untiefen des Geschäfts

Investoren, die sich den vielen Warnungen zum Trotz in die Untiefen des Private-Equity-Geschäfts vorwagen wollen, informieren sich zunächst darüber, ob das gewählte Emissionshaus Zugang zu den attraktiven Zielfonds hat. Unter den Fonds, in die ein Dachfonds investiert, müssen schon möglichst viele attraktive Namen sein. Dazu gehören Blackstone, KKR, Oak Tree Capital Management, Carlyle, Goldman Sachs, Permira und andere. Wie bei den konservativen Aktien- oder Rentenfonds auch zählen die zu den seriösen Anbietern, die sich schon länger am Markt bewähren. Newcomer, die erst einmal Geld sammeln und schauen, wo sie investieren, sind mit zu großen Risiken behaftet.

Die Katze im Sack will wohl niemand kaufen. Eine wichtige Kennzahl für die Beurteilung von Private-Equity-Fonds ist die Investitionsquote. Sie sagt, wie viel des eingesammelten Geldes auch tatsächlich in renditeträchtige Beteiligungen investiert wird. Damit die erwirtschafteten Überschüsse auch tatsächlich beim Investor ankommen, sollte dieser vor der Unterschrift sein Augenmerk auf die Gebühren richten. Sind sie zu hoch, bleibt von den Versprechungen kaum noch etwas übrig. Deshalb eignet sich Private Equity nur dann für private Anleger, wenn diese über ein mindestens sechsstelliges Vermögen verfügen und zudem bereit sind, erhebliche Risiken einzugehen – und das Glück auf ihrer Seite haben.

David Swensen jedenfalls spricht sich für ein Verbot privater Beteiligungen an Hedge-Fonds und Private-Equity-Firmen aus. Er will die privaten Anleger schützen und empfiehlt ihnen, sich lieber an Indexfonds zu beteiligen, die sich beispielsweise am Aktienindex Dax orientieren und so unabhängig von den Qualitäten der Fondsmanager bleiben.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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