Tipps und Tricks im Umgang mit dementen Patienten
In Deutschland leben etwa eine Million demenzkranke Patienten. Die Tendenz ist steigend, da das Alter einen Risikofaktor darstellt. Weitgehend unbekannt sind die Vorstufen der Demenz, die Diagnose für Betroffene und ihre Familien fast immer ein Schock. Merkmale dieser Erkrankung sind Störungen der Lern- und Merkfähigkeit, Störungen des sprachlichen Ausdrucksvermögens, des Verhaltens, der Persönlichkeit und der Affektinkontinenz. Für das ärztliche wie auch für das zahnärztliche Behandlungsteam stellen demenzkranke Patienten eine besondere Herausforderung dar. Sie können nicht mehr kommunizieren, Schmerz wird als totaler Schmerz empfunden. Außerordentlich wichtig für die Kommunikation ist die Entwicklung einer guten Beziehung, möglichst in Anwesenheit einer vertrauten Person. Durch die fremde Umgebung und die fehlende Einsicht der Notwendigkeit einer Therapie sind die Patienten schnell überfordert. Dipl.-Psych. Dr. Adelheid Schulz-Hausgenoß, Mettmann, stellt das Vertrauen durch eine ruhige und deutliche Sprache unter Blickkontakt her, ohne Hintergrundgeräusche und Mundschutz. Alle Handlungen werden in kurzen Sätzen erklärt und vorgemacht. Die Anwendung von Gewalt sollte unbedingt vermieden werden, ebenso wie die Behandlung unter Sedierung oder Narkose. In Abhängigkeit vom Schweregrad der demenziellen Erkrankung unterscheidet die Zahnärztin und Dipl.-Psychogerontologin Dr. Birgit Wiedemann, Höchberg, das therapeutische Vorgehen. Im Anfangsstadium rät sie, die Behandlungen mit der Familie zu besprechen. Im mittleren Stadium rückt die Erhaltung des Status quo in den Vordergrund. Da die Einsicht und Fähigkeit zur Mundhygiene eingeschränkt ist, werden Pflegende und Familienangehörige in ihrer Durchführung unterwiesen.
Kommunikation nur über die Gefühlsebene
Im schweren Stadium liegt die Erhaltung des Status quo im Vordergrund zur Erhaltung der Schmerzfreiheit und der ungehinderten Nahrungsaufnahme. „Bitte spülen“, diese einfache Anweisung wird auf Unverständnis stoßen. Die Kommunikation wird jetzt auf der Gefühlsebene gesucht, das nonverbale Verhalten rückt in den Vordergrund. Dabei erhalten Blick- und insbesondere Körperkontakt große Bedeutung. Musik wird als Möglichkeit der Kommunikation in der Pflege erfolgreich genutzt. Musik entspannt, löst und drückt Gefühle aus und verhilft ihnen zum Ausdruck. Sie stimuliert die Motorik, hilft Ängste abzubauen und Schmerzen zu überwinden. Professor Dr. Hans Hermann Wickel, Münster, ein Musikgeragoge, regt zu der Überlegung an, ob Anweisungen, Hinweise und Aufforderungen nicht besser verstanden beziehungsweise befolgt werden, wenn sie musikalisch eingefärbt sind.
Musik öffnet den Zugang
Es gilt zu eruieren, ob es völlig abwegig ist oder ob es die letzte Möglichkeit der Verständigung ist. Aus der Literatur ist bekannt, dass sich nach dem Einzug in ein Alten- oder Pflegeheim das prophylaktisch orientierte Verhalten in ein problemorientiertes verändert. Christian Bär, Leipzig, ging der Frage nach, ob das Bonusheft bei stationär Pflegebedürftigen vorhanden ist. Grundsätzlich ist es unbekannt, wieviele Patienten in Deutschland ein Bonusheft besitzen. In 30 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Pflegeeinrichtungen hatten in Berlin 5,3 Prozent, in Nordrhein-Westfalen 18,1 Prozent und Sachsen 32,9 Prozent der Bewohner ein Bonusheft. Die Pflegeeinrichtungen scheinen sich nicht verantwortlich zu fühlen, zahnmedizinische Reihenuntersuchungen zu organisieren und eine zufriedenstellende Mundhygiene durchzuführen. Wie wichtig diese jedoch wären, verdeutlicht Dr. Marion Kreissl, Zürich, am Beispiel der Pneumonie. Die nosokomiale Pneumonie ist mit einer Prävalenz von 13 bis 48 Prozent eine der häufigsten Infektionen mit einer hohen Mortilitätsrate. Orale Biofilme scheinen als Infektionsreservoir für lungenpathogene Keime zu dienen. Bei Patienten mit schlechter Mundhygiene wurde ein 4,5-fach höheres relatives Risiko für Pneumonien gefunden. Die Dekontamination (häusliche und professionelle Reinigung) und Desinfektion (chemische Plaquekontrolle) führen zu einer Absenkung der Inzidenz von Pneumonien, zu einer Reduktion der Fiebertage, der schwere der Pflegebedürftigkeit und der Krankenhauseinweisungen. Wie effektiv die Hygiene verbessert werden kann zeigen Professor Dr. Petra Scheutzel, Münster, und Tanja Heilf, Bad Orb, am Beispiel der Prothesenhygiene. Bei einem Teil der untersuchten Heimbewohner war der Pflegezustand der Prothesen mäßig bis schlecht. Die stärkste Verschmutzung war an den Flächen vestibulär und basal lokalisiert. Nach praktischen Anweisungen zur Prothesenpflege war die Hygiene der Prothesen durch die Patienten deutlich und durch das Pflegepersonal dramatisch verbessert.
Termin 2009
Die 19. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) findet am 28. März 2009 in Frankfurt am Main unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Bernd Wöstmann statt, diesmal voraussichtlich mit dem European College of Gerodontology (ECG).
Dr. Hans Peter HuberSchriftführer der Deutschen Gesellschaftfür AlterszahnMedizin (DGAZ)Gutenberg Str. 537075 Göttingendr.hphuber@web.de|_blank