PwC befragt 77 Kassenvorstände

Der Weg zum Wettbewerb

Gesetzlich Versicherte müssen sich wohl auch nach der Reform auf steigende Beiträge einstellen. Neun von zehn Krankenkassen glauben nämlich nicht, dass Fonds und Einheitssatz das System auf Dauer finanzieren. Das geht aus der Studie „Quo vadis GKV?“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers AG (PwC) hervor.

Insgesamt 77 GKV-Vorstände wurden von PwC befragt. Nur eine kleine Minderheit davon (6 Prozent) erwartet nach Umsetzung der Reform sinkende Beitragssätze. Knapp 70 Prozent hält dagegen höhere für wahrscheinlich, über 15 Prozent sogar viel höhere Belastungen für die Versicherten.

Knapp die Hälfte der Kassenchefs rechnet als Folge der Gesundheitsreform mit mehr Wettbewerb zwischen den GKVen – 35 Prozent vermuten auch eine stärkere Konkurrenz mit privaten Anbietern. Insgesamt dürften die gesetzlichen Krankenkassen aber von den Neuerungen größere Vorteile haben als die PKVen: „Die Gesundheitsreform räumt den gesetzlichen Krankenkassen unter anderem durch die Wahltarife verstärkt Möglichkeiten ein, die bisher den privaten Versicherungen vorbehalten waren“, vermutet Lutz Müller von PwC. „Außerdem profitieren die Kassen von den strengeren Auflagen für einen Wechsel von der gesetzlichen in die private Versicherung.“

Vier Fünftel der Befragten befürworten auch einen stärkeren Wettbewerb. Mehr marktwirtschaftliche Elemente wünschen sich die Kassenbosse insbesondere im Arzneimittelsektor (über 80 Prozent), zwischen Ärzten und anderen ambulanten Leistungserbringern (fast 75 Prozent), aber auch zwischen ambulanter und stationärer Versorgung (gut 60 Prozent).

Absage an Direktverträge

Direkte Verträge mit einzelnen Ärzten und Kliniken lehnt die große Mehrheit der befragten Kassen indes ab. Nur knapp jede fünfte Krankenkasse will künftig mehr Einzelverträge abschließen, fast zwei Drittel halten an Kollektivverträgen fest. „Viele Kassen fürchten steigende Transaktionskosten, wenn sie Leistungsverträge mit einer Vielzahl von Anbietern aus dem stationären und ambulanten Bereich abschließen müssen, statt auf die derzeit kollektiv geltenden Verträge zurückzugreifen“, sagt Müller.

Integrierte Versorgungsmodelle, bei denen GKVen mit ausgewählten Leistungsträgern zur Behandlung bestimmter Erkrankungen und Patienten eng zusammenarbeiten, hätten sich stattdessen bewährt. Bis Ende 2006 schlossen 46 der befragten Kassen einen Versorgungsvertrag ab. Mehr als die Hälfte will sich in Zukunft stärker in die integrierte Versorgung einbringen, zurückfahren will keine ihr Engagement.

Fusionsdruck steigt

Mit der Umsetzung der Gesundheitsreform steigt der Fusionsdruck in der GKV. Um auf Dauer zu bestehen, bräuchten die Kassen nach eigener Einschätzung etwa eine Million Mitglieder – unterhalb dieser Schwelle sei die Nachfragemacht gegenüber den Anbietern von Gesundheitsleistungen nicht groß genug.

Vier von zehn Kassen wollen sich derzeit zusammenschließen oder einen weiteren Partner mit ins Boot nehmen, 60 Prozent haben bereits fusioniert. Bilanz der Kassen: Bis 2010 wird ihre Zahl von 256 auf 120 schrumpfen. Zu Erinnerung: Vor 15 Jahren gab es noch 1 223 gesetzliche Kassen.

Auf eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen gesetzlichen Krankenkassen setzen gut 83 Prozent der Befragten. Dabei streben vier von fünf gemeinsame Versorgungsverträge an, über 70 Prozent können sich kassenübergreifende IT-Projekte vorstellen. Fast 60 Prozent haben vor, die Kooperationen mit einem privaten Versicherer weiter auszubauen.

Schlecht schneidet die hausarztzentrierte Versorgung ab. Vier von fünf GKV-Vorständen prophezeien eine Verschlechterung der Behandlungsqualität, wenn sich Patienten grundsätzlich zunächst an ihren Hausarzt wenden, bevor sie einen Facharzt aufsuchen. Kosteneinsparungen bringt das Modell sowieso nur nach Ansicht jeder fünften Kasse – fast die Hälfte geht dagegen von Mehrkosten aus. Bewährt haben sich demgegenüber laut PwC die Wahltarife: Schon jetzt bieten gut 60 Prozent der Kassen Tarife an, die seltene Arztbesuche oder ein besonders gesundheitsbewusstes Verhalten mit Beitragsermäßigungen belohnen. Zwei Drittel wollen ihr Angebot in dem Bereich ausbauen.

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