Lichtaktivierte Desinfektion als alternative endodontische Strategie
Das primäre Ziel einer endodontischen Therapie ist die möglichst umfassende Eliminierung von Bakterien aus dem Wurzelkanalsystem. Derzeit wird dies durch eine kombinierte Technik aus mechanischer Reinigung und chemischer Desinfektion versucht. Ein komplexes und verzweigtes Wurzelkanalsystem erschwert dieses Bestreben. Im Kanal verbleibende Bakterien können zu einer persistierenden Entzündung führen. Viele Studien haben die Resistenz einiger Mikroorganismen auf chemische Spüllösungen und medikamentöse Einlagen gezeigt. Enterococcus faecalis ist beispielsweise eines der resistenten Bakterien, die häufig mit periapikalen Läsionen assoziiert sind. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Enterococcus faecalis in der Lage ist, in die Dentintubuli zu penetrieren und im Wurzelkanal Mineralisationen zu bilden.
Als Alternative zur chemomechanischen Desinfektion scheint die lichtaktivierte Desinfektion (LAD) denkbar zu sein. Dabei wird eine Kombination aus lichtaktiviertem Photosensitizer und Laser eingesetzt, die Sauerstoff in reaktive Verbindungen (beispielsweise Radikale, Superoxide) zur Behandlung von lokalen, bakteriell bedingten Infektionen umsetzt.
Ziel dieser Ex-vivo-Studie war, die antibakterielle Wirksamkeit von verschiedenen lichtaktivierten Desinfektionstechniken auf Enterococcus faecalis zu untersuchen. Für diese Studie verwendeten die Autoren Methylenblau als Photosensitizer, entweder in Wasser oder in einer Mischung aus Glyzerin/Ethanol/Wasser (30:20:50) gelöst. Ein Diodenlaser mit einer Wellenlänge von 664 Nanometern diente als Lichtquelle. Die Proben wurden aus 85 extrahierten humanen und einwurzeligen Zähnen gewonnen. Um eine Standardlänge von acht Millimetern zu erhalten, wurden jeweils die Zahnkrone und die apikalen zwei Drittel der Wurzel gekürzt. Alle Probezähne wurden vom Pulpagewebe befreit, autoklaviert und im Anschluss auf einem Nährmedium mit einer Enterococcus-faecalis- Kultur aufgebracht. Die so hergestellten Proben wurden bei 37 Grad Celsius unter aeroben Bedingungen inkubiert und für zwei Versuche verwendet.
Der erste Versuch wurde mit 55 Proben durchgeführt; der Biofilm dieser Proben war vier Tage alt. Die Proben wurden in fünf Gruppen aufgeteilt: Gruppe 1 (n = 15) stellt die unbehandelte Kontrollgruppe dar, Gruppe 2 (n = 10) wurde für 20 Minuten mit dem Laser bei 36 Joule bestrahlt. Gruppe 3 (n = 10) photosensibilisierte man mit 0,1 Millimol Methylenblau (in Wasser gelöst). Danach erfolgte die Lichtaktivierung mit dem Laser (20 Minuten bei 36 Joule). Die Proben der Gruppe 4 (n = 10) spülte man für 20 Minuten mit 5,25-prozentiger Natriumhypochloritlösung, die Proben der Gruppe 5 (n = 10, verbesserte lichtaktivierte Desinfektion) wurden für 20 Minuten mit 1 Millimol Methylenblau (gelöst im Gemisch aus Glyzerin, Ethanol und Wasser) photosensibilisiert, danach mit Perfluordecanaphtalen gefüllt und mit dem Laser für 20 Minuten bei 36 Joule bestrahlt.
Bei der zweiten Versuchsanordnung ließ man den Biofilm vier Wochen wachsen und verwendete die restlichen 30 Proben. Gruppe 1 war die unbehandelte Kontrollgruppe (n = 6), Gruppe 2 (n = 6) wurde nach der Photosensibilisierung mit 0,1 Millimol Methylenblau (gelöst in Wasser) einer Laserbestrahlung bei 36 Joule für 20 Minuten unterzogen. Gruppe 3 (n = 6) wurde für 20 Minuten mit 1 Millimol Methylenblau (gelöst im Gemisch) photosensibilisiert, danach wurden die Proben mit Perfluordecanaphtalen gefüllt und mit dem Laser für 20 Minuten bei 36 Joule bestrahlt. Gruppe 4 (n = 6) wurde konventionell mit Wurzelkanalfeilen (ISO 30 – ISO 50, K-Feilen von Maillefer Instruments SA) bearbeitet. Die Wurzelkanalspülung erfolgte mit 5 Milliliter von 5,2-prozentiger Natriumhypochloritlösung und die Feilen wurden mit Ethylendiamintetraessigsäure (17-prozentig) beschickt. Gruppe 5 (n = 6) wurde erst wie Gruppe 4 manuell aufbereitet und im Anschluss wie Gruppe 3 mit der verbesserten lichtaktivierten Desinfektion behandelt.
Die Proben aller Gruppen wurden nach der Versuchsdurchführung halbiert, die Dentinoberfläche in einem Millimeter Tiefe abgetragen (bei der ersten Versuchsanordnung zusätzlich in zwei Millimeter Tiefe der Dentinoberfläche) und auf einem Nährmedium inkubiert, um eventuell überlebende Bakterien nachzuweisen.
Die Ergebnisse zeigten in der ersten Versuchsanordnung eine signifikante Reduktion der Bakterien in der Gruppe 2 im Vergleich zur Kontrollgruppe, wobei die Keimzahlreduktion in zwei Millimeter Tiefe noch höher war. Keine signifikante Verbesserung bewirkte die Behandlung mit der herkömmlichen lichtaktivierten Desinfektion (Gruppe 3). Die besten Ergebnisse erzielten die Gruppen 4 und 5. Natriumhypochlorit (Gruppe 4) erreichte die geringste Keimzahl in einem Millimeter Dentintiefe (kein signifikanter Unterschied zu Gruppe 5), in zwei Millimeter war sie etwas höher. Gruppe 5 mit der verbesserten lichtaktivierten Desinfektion zeigte in zwei Millimeter Tiefe eine vollständige Inaktivierung der Bakterien. In der zweiten Versuchsanordnung fand in jeder Gruppe eine Keimzahlreduktion zur Kontrollgruppe statt, aber nur die Gruppe 5 (Kombination der herkömmlichen Aufbereitungstechnik mit der lichtaktivierten Desinfektion) zeigte eine signifikante Verbesserung. Gruppe 4 (manuelle Aufbereitung und Spülung) war deutlich besser als die Gruppen 2 und 3, aber nicht signifikant. Bei der zweiten Versuchsanordnung war die Keimzahl des weiter ausgebildeten Biofilms in keiner Gruppe vollständig zu eliminieren. Der Erfolg der Behandlung war demnach abhängig von der Entwicklungsphase des Biofilms. Die verbesserte lichtaktivierte Desinfektion scheint trotzdem eine vielversprechende neue Möglichkeit für die Behandlung von Problemkeimen in der Endodontie darzustellen.
Quelle: Lim Z, Cheng JL, Lim TW, Teo EG, Wong J, George S, Kishen A. Light activated disinfection: an alternative endodontic disinfection strategy. Australian Dent J2009;54:108-114
ZÄ Kristin LüdemannCharité-Universitätsmedizin BerlinCharitéCentrum 3 für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeAbt. für Zahnerhaltungskunde und ParodontologieAßmannshauser Str. 4-614197 Berlinkristin.luedemann@charite.de