Motivieren durch Überzeugen
Die Psychologie hat diverse Führungsprinzipien entwickelt, die Kreativität und Innovationsgeist fördern. Ein grundlegender Ansatz ist hierbei, Führung durch Sinngebung und Visionen lebendig werden zu lassen: Der Mitarbeiter muss seine Arbeit mit positiven Zukunftsaussichten für sein persönliches Leben in Verbindung bringen können. Dies erfordert ein hohes Maß an Transparenz durch Information sowie an ausgeprägter und guter Kommunikation.
Richtige Entscheidungen kann der Arzt als Unternehmer nur dann treffen, wenn dahinter auch eine eigene Vision davon steht, wohin er mit seinem beruflichen wie privaten Leben möchte. Nur dort, wo in den Praxen Mitwirkungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Beteiligten bestehen, steigt auch die Innovationsfähigkeit.
Der Mitarbeiter muss in Teams eingebunden werden, in denen er sich wohl fühlt und es ist wichtig, dass ihm die Arbeit Freude macht. Um nicht falsch verstanden zu werden: Hier ist nicht gemeint, dass die Praxisführung dafür verantwortlich ist, den Spaßfaktor an der Einstellung des Mitarbeiters zu seiner Tätigkeit zu erhöhen. Dennoch kann versucht werden, den Mitarbeiter in Gesprächen aufzufordern, Ärgernisse zu benennen. Das ermöglicht, bei Missständen in der Arztpraxis Abhilfe zu schaffen, sodass durch Störungen wenig Energie verloren geht.
Zu den Führungsprinzipien gehört auch die konstruktive Rückmeldung. Das bedeutet: Ärzte führen ihr Personal sowohl über Lob und Anerkennung, die wichtigste Motivation, als auch über konstruktive Kritik. Doch gerade dieses Feedback muss gelernt werden. Im Idealfall mündet dies in einer Zielvereinbarung mit dem Mitarbeiter. Dabei sollte dieser die Höhe seiner „Messlatte“ nicht nur kennen, sondern gemeinsam mit dem Arzt auch selbst bestimmen.
Führen durch Vorbild zeigt, dass dort, wo Ärzte als Führungskräfte durch menschliche Integrität (das heißt persönliches Sicheinbringen) und fachliche Kompetenz Vorbild sind, die Motivation der Mitarbeiter höher ist. Diesen Führungskräften gelingt es, Mitarbeiter mitzuziehen und zu begeistern.
Ärzte sind daher zunächst einmal aufgefordert, ihre Führungsleitlinien zu definieren, sie zu kommunizieren, dann auch umzusetzen und mit Leben zu füllen.
Viele Ärzte glauben aufgrund ihrer eigenen Selbsteinschätzung, sie würden führen, kommunizieren und ein Vorbild sein. Dieser Einschätzung stimmen die meisten Mitarbeiter jedoch häufig nicht zu. Der Grund: Es wird immer noch zu wenig gefragt.
Dabei gibt es einen eklatanten Unterschied zwischen „aus Interesse fragen“ und „ausfragen“. Wer spürt, dass er etwas aus Interesse gefragt wird, fühlt sich gesehen und in seiner Person Wert geschätzt. Wer spürt, dass er ausgefragt wird, fühlt sich in eine unangenehme Situation gedrängt.
Ebenfalls ist es wichtig, dass das Infragestellen eines status quo in der Praxis und ein Verbesserungsvorschlag seitens der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters vom Praxischef nicht gleich als störend und lästig interpretiert werden. Das Zulassen von Fragen stellt keine Bedrohung dar, sondern kann dazu dienen, den Praxisalltag „besser“ werden zu lassen. Mündigkeit und Selbstverantwortlichkeit sind die Grundlagen für Innovation und Kreativität. Der Arzt muss sich mehr denn je als Coach und Mentor seiner Mitarbeiter verstehen und sie fördern. Dazu gehört auch, dass er ihre Wünsche berücksichtigt und weiß, was ihnen wichtig ist. Die Leitung einer ärztlichen Einrichtung hat viel mit den Begriffen „Führung“ und „Management“ zu tun. Diese zentralen Funktionen können auch im Sinne von Menschenführung verstanden werden und damit als eine spezifische Kategorie der Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen definiert werden. „Führen“ oder „Managen“ bedeutet dann eine zielorientierte personelle Einwirkung auf das Verhalten von Menschen. Führung ohne die Übernahme der Vorbildfunktion und die unklare Vorgabe von Richtlinien sind dabei zu vermeiden.
Systematisches Vorgehen
Bezogen auf das Zusammenwirken eines Praxisteams können folgende Untersuchungsaspekte eine Rolle spielen:
• Gemeinsame Ziele formulierenZunächst ist es wichtig, Einigkeit über die Ziele, die die Praxis medizinisch, ökonomisch und sozial erreichen will, herzustellen. Hierzu gehört, Ziele zu formulieren und zu konkretisieren. (Auf welche Ziele haben wir am meisten Einfluss?)
• „Problemlandschaften“ beschreibenDazu empfiehlt es sich, Knackpunkte des Praxisalltags zu notieren (etwa auf Karten, die jeder einzeln beschriftet) und so Problemzusammenhänge zu erarbeiten. (Welche Informationen sind für uns wichtig, welche haben wir, welche fehlen? Welche Mitarbeiter/Teams sind betroffen?)
• Handlungsansätze findenHier gilt es festzustellen, wo geschlossene Systeme im Praxisablauf vorhanden sind, die schlecht funktionieren und auf welche Ursachen dies zurückzuführen ist.
• Strategien und Maßnahmen festlegenWelche Maßnahmen sind für den Veränderungsprozess geeignet? Welche Maßnahmen lassen sich verknüpfen, um einen Mehrfachnutzen zu erzielen? Welche unerwünschten Wirkungen könnte es geben? An welchen „Signalen“ lässt sich der Erfolg festmachen?
• Schrittfolge bestimmenEs sollte vereinbart werden, mit welcher Maßnahme begonnen wird – möglichst unter Einbeziehung günstiger Gelegenheiten und Abschätzung der Erfolgsaussichten.
• Auswertung vornehmenNach jeder Phase sollten die Maßnahmen bewertet, die „Signale“ identifiziert und die Auswirkungen im Team besprochen werden.
Zufriedenheit schafft Erfolg
Untersuchungen zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Arbeit und – damit zusammenhängend – das Leistungsergebnis eine entscheidende Rolle spielen, wenn es um die Mitarbeitermotivierung geht. Insbesondere der Ansporn, der aus der bewältigten Aufgabe geschöpft wird, führt zur Zufriedenheit mit der Arbeit und unterstützt die Selbstverwirklichung jedes Einzelnen.
Der Praxischef sollte dennoch nicht über sehen, dass das Gehalt eine ebenso motivierende Rolle spielt. Es sind nicht nur ideelle, sondern auch materielle Werte, die zur Arbeit und zum Erfolg anregen. Darüber hinaus zeigen immer wieder Studien, dass sich der Mitarbeiter kooperative Vorgesetzte und Kollegen wünscht, dass er informiert sein möchte, dass er klare Aufgabenstellungen bekommt und – last but not least – dass er nach Anerkennung sucht.
Als Vorgesetzter und Führungsverantwortlicher sollte sich der Arzt deshalb auch darum kümmern, die Motivationen seiner Mitarbeiter kennen zu lernen um dann zu entscheiden, wie er sich selbst und sein Praxisteam am besten motiviert, um das vereinbarte Ziel zu erreichen. Dabei genügt es nicht, lediglich dem Mitarbeiter die eigenen Ziele aufzudrängen. Stattdessen ist es ratsam, ihn zu überzeugen. Nur so ist es möglich, zu einem guten Kompromiss zu kommen, der für beide Seiten zufriedenstellend im besten Sinne des Wortes ist.
Dietmar KernWirtschaftsjournalistGebhard-Müller-Allee 571638 Ludwigsburg (Württemberg)