Wrigley-Prophylaxe-Preis 2011

Nachhaltige Erfolge durch langfristige Prophylaxearbeit

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Vor gut 20 Jahren wurden Individual- und Gruppenprophylaxe für Kinder und Jugendliche in der Zahnmedizin per Gesetz in Deutschland eingeführt. Seitdem engagieren sich Zahnärzte in der Praxis und im öffentlichen Gesundheitsdienst mit Unterstützung der gesetzlichen Krankenversicherung in der Mundgesundheitsförderung. Auch der Wrigley-Prophylaxe-Preis leistet dazu einen Beitrag, indem er seit 1994 erfolgreiche Prophylaxekonzepte in Forschung und Praxis auszeichnet. Hier die Inhalte der diesjährigen Preisträger-Beiträge.

Begleitende epidemiologische Untersuchungen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ) sowie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) belegen die erfolgreiche Verbesserung der Mundgesundheit bei den genannten Zielgruppen innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte: Zwar startet die Hälfte der Sechsjährigen heute mit einem kariesfreien Milchgebiss die Schulkarriere, aber der Kariesrückgang bei den Vorschulkindern könnte noch weit besser sein. Aus diesem Grund prämierte die Jury erstmals eine wissenschaftliche Arbeit, die sich mit der Mundgesundheitsförderung bei den Allerjüngsten auseinandersetzt.

Krippenkindern in den Mund schauen

Den Fragen, wie viele Kinder bereits mit der sogenannten frühkindlichen Karies („Early Childhood Caries“ (ECC)) in die Krippe kommen sowie welche Ursachen dafür verantwortlich sind, gingen Astrid Hippke und Christine Zabel in ihrer Dissertation „Karies bei ein- und zweijährigen Krippenkindern“ unter Leitung von Prof. Ulrich Schiffner von der Universität Hamburg nach. Auch wollten sie klären, ob Gruppenprophylaxe- Programme, die bereits bei den Unter-Dreijährigen starten, die Milchzahnkaries nachhaltig eindämmen können.

Saugerflaschenkaries bei Krippenkindern

Sie führten ihre Untersuchung an 511 einbis zweijährigen Kindern durch. Diese wurden zahnmedizinisch untersucht und ihre Befunde wurden mit soziodemografischen und kariesrelevanten Parametern wie Mundhygiene, Fluoridierung und Ernährung abgeglichen. Zusätzlich wurden die Eltern zur Mundhygiene ihrer Kinder befragt. Das Ergebnis: Rund 85 Prozent aller Kinder waren kariesfrei. Als erschreckend bezeichneten die Autoren jedoch die Tatsache, dass von den 15 Prozent der Kinder mit Karies rund 80 Prozent die für die Saugerflaschenkaries typischen Schäden an den Oberkieferfrontzähnen aufwiesen. Aus der Untersuchung und Befragung wurde ersichtlich, dass vor allem bei vielen Kindern aus sozial benachteiligten Familien unverändert der exzessive Gebrauch der Saugerflasche bei mangelnder Mundhygiene an der Tagesordnung ist. Um die Eltern dieser Karies-Risikokinder aufzuklären, empfehlen die Hamburger Zahnmediziner, statt der bisher üblichen „Komm-Strukturen“ (Patient kommt zum Zahnarzt) sogenannte „aufsuchende Konzepte“ zu entwickeln, die die Familienhebamme und das Krippenpersonal als Multiplikatoren einbeziehen. Im Alter von zwölf Monaten sollte dann bereits ein Kariesrisiko-Screening auf sichtbare Plaque an den Frontzähnen erfolgen. Risikokinder müssten demnach sehr früh zahnmedizinischer Betreuung zugeführt werden, um die Milchzahnkaries weiter eindämmen zu können. Nur damit kann eine solide Basis für die nachhaltige Zahngesundheit bei den Heranwachsenden gelegt werden, so die Schlussfolgerung der Studie, die in einer der kommenden zm-Ausgaben in umfangreicher Form vorgestellt werden soll.

Kontinuität wichtiger als spektakuläre Aktionen

Auch der zweite prämierte Beitrag aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst unterstrich die Effizienz frühzeitiger und langfristiger Prophylaxearbeit. Dr. Klaus-Günther Dürr und Diplom-Stomatologin Renate Müller- Balzarek vom Gesundheitsamt Hofheim, Main-Taunus-Kreis, überzeugten die Jury mit ihrer Arbeit „Gruppenprophylaxe und Jugendzahnpflege – ein nachhaltiges Konzept“. Die Autoren stellten ihr kontinuierliches Engagement in der Gruppenprophylaxe während der letzten 20 Jahre vor, das zudem Anstoß für die Entwicklung allgemeiner Gesundheitsförderprogramme gab. Ihr Erfolgskonzept beruht auf der Definition einfacher altersspezifischer Ziele, die unter Nutzung in der Region gut vernetzter Strukturen fortdauernd umgesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist der Elternbrief, der mit dem Bonusheft zusammen ausgegeben wird. Mit diesem Infobrief werden alle Eltern auf die Weiterführung des kostenlosen Prophylaxe- Angebots ab dem zwölften Lebensjahr in der Zahnarztpraxis hingewiesen.

Weiterhin erkannten die Autoren im Rahmen der zahnärztlichen Untersuchungen von Schulanfängern, dass Gesundheitsparameter wie „Erhöhtes Kariesrisiko“ häufig mit anderen sozialen und gesundheitlichen Punkten wie beispielsweise „Migrationshintergrund“ und „Adipositas“ einhergingen. „Dies führt mittlerweile dazu, dass Sozial- und Jugendämter diese Daten für die Entwicklung größerer Projekte zur allgemeinen Gesundheitsförderung nutzen“, erklärten Dürr und Müller-Balzarek die Besonderheit der Studie. Der komplette Text ist downzuloaden unter:

http://www.mtk.org/cps/rde/xchg/mtk_internet/hs.xsl/3041.htm

Besonderes Anliegen der Jury ist, die Translation von der Versorgungsforschung in nachhaltige Projekte für eine positive Entwicklung der Mundgesundheit in der Bevölkerung voranzutreiben. Eine enge Verzahnung von Universität und öffentlichem Gesundheitswesen spielt dabei die entscheidende Rolle, hieß es bei der Preisverleihung. „Die Zahnärztinnen und Zahnärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes sind von Beginn an essenzielle Partner in der Verwirklichung wissenschaftlich basierter, kariesprophylaktischer Konzepte. Ihr enger Kontakt zu den Menschen, der hohe Bekanntheitsgrad des ÖGD und die bundesweite Vernetzung ermöglichen eine nachhaltige Umsetzung verschiedener Ansätze“, so brachte es das Jurymitglied Dr. Sabine Breitenbach aus Mannheim auf den Punkt. sp

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