Verträge überprüfen
Für Zahnärzte als Freiberufler, die mögliche Kredite über Bürgschaften abgesichert haben, bedeutet dies Folgendes: Die Bank kann einen Bürgen nur noch dann in die Pflicht nehmen, wenn der ursprüngliche Kredit noch besteht. Vorausgesetzt, es liegen keine anderen Gründe vor, die eine Bürgschaftserklärung unwirksam werden lassen. Die BGH-Entscheidung (AZ: IX ZR 364/97) ist für Praxisunternehmer etwas zwiespältig. Denn einerseits wird nunmehr die rechtliche Situation für Bürgen verbessert, andererseits könnte bei Praxen in angespannter wirtschaftlicher Lage die Hausbank neue Bürgschaftsverträge verlangen. Lehnen die Bürgen dies dann ab, ist der Praxisinhaber gezwungen, nach neuen Sicherheiten zu suchen. Betroffen von diesem Urteil sind etwa auch Ehepartner, die für einen Kredit ihres freiberuflichen Lebensgefährten bürgen oder andere Personen, die für das Darlehen gerade stehen. Aber Achtung: Wer als Ehepartner einen Darlehensvertrag mitunterzeichnet, muss nicht immer Mit-Darlehensnehmer sein (LG Würzburg, Az. 4 U 204/02 v. 31.3.2003).
Bevor also Bürgen oder Unternehmer neue Verpflichtungen eingehen, sollten sie vorher unbedingt rechtlichen Rat einholen. Denn oftmals sind Kredite durch andere Sicherheiten gedeckt. Und dann darf die Bank bestehende Darlehen weder fällig stellen noch neue Sicherheiten verlangen. Andererseits gilt: Bürgen sollten ihre Bürgschaft befristen. Bei einer unbefristeten Bürgschaft haftet der Bürge unabhängig von allen wirtschaftlichen Entwicklungen, solange die Bank dem Schuldner einen Kredit zur Verfügung stellt. Deshalb sollte in jeder Bürgschaftsurkunde ein Ablauftermin eingetragen werden. Wenn Zahnärzte über eine einwandfreie Bonität, das heißt über ein gutes Rating verfügen, braucht die Bank von diesem keine weitere Sicherheit zur zusätzlichen Kreditabsicherung.
Strategisch verhandeln
Praxisinhaber können gegenüber ihrer Bank ruhig damit argumentieren, dass es bei Aktiengesellschaften auch nicht üblich ist, dass die Aktionäre Bürgschaften übernehmen, wobei dies auch für kleine AGs gilt. Genauso wenig ist es üblich, dass bei GmbHs die Gesellschafter und die Geschäftsführer Bürgschaften übernehmen. Praxisinhaber sollten mit ihrer Bank verhandeln – wenn sie eine Bürgschaft nicht gänzlich vermeiden können – und zwar über eine vernünftige Bürgschaftshöhe. Gemeinsam mit der Bank sollten dabei die gewährten Kredite zusammengestellt werden.
Im Gegenzug sollte diesem Posten die der Bank zur Verfügung stehenden Sicherheiten gegenüber gestellt werden. Dabei sollten Zahnärzte in diesem Zusammenhang genau darauf achten, welche Bewertungen die Bank bei ihren Kreditsicherheiten vornimmt, und auch darauf, dass die Bank die Nominalbeträge nicht zu sehr durch Bewertungsabschläge vermindert. Nur wenn sich eine tatsächliche Sicherheitenlücke ergibt, sollten Praxisunternehmer über eine Bürgschaft nachdenken. Falls die Bank aus sturer Prinzipienreiterei eine Bürgschaft in Höhe der Kreditsumme – und zwar unabhängig von gestellten Sicherheiten – fordert, sollten Praxisunternehmer einen Bankenwechsel ins Auge fassen und versuchen, mit einem andren Institut eine Kreditvereinbarung ohne Bürgschaftsübernahme zu treffen. Aber Vorsicht: Erst mit einem Wechsel drohen, wenn bereits eine Alternative ausgemacht wurde.
Banken wollen mehr Sicherheiten für Kredite
Hintergrund dieser Entwicklung bilden die Vorgaben, die die Politik den Banken in den letzten Jahren auferlegt hat. Die Bankenaufsichtsbehörden hatten im Rahmen von Bankenauflagen (Stichworte: Basel II / Basel III) die Eigenkapitalquote der Banken und Sparkassen erhöht. Bislang mussten die Banken für jeden vergebenen Kredit ein Eigenkapital von acht Prozent der jeweiligen Kreditsumme in den Bilanzen nachweisen – ohne Berücksichtigung der Kreditwürdigkeit der einzelnen Schuldner. Dies änderte sich mit Basel III dahin gehend, dass sich künftig die Höhe der Eigenkapitalquote am Kreditrisiko des einzelnen Bankkunden orientiert.
Bei unterdurchschnittlicher Bonität müssen die Banken künftig mehr, bei überdurchschnittlicher Bonität weniger Eigenkapital als die erwähnten acht Prozent nachweisen. Deshalb wird jeder einzelne Kreditnehmer auf die Güte seiner Kreditwürdigkeit überprüft.
Es liegt auf der Hand, dass Kunden mit geringer Kreditwürdigkeit zukünftig mit höheren Kreditzinssätzen rechnen oder ihre Bonität mit weiteren Sicherheiten verbessern müssen. Andernfalls droht die Kreditkündigung. Gerade kleinere und mittlere Zahnarzt-Unternehmen sollten aufmerksam sein. Schließlich müssen sich auch Banken und Sparkassen an die mit ihren Kunden in Kreditverträgen getroffenen Vereinbarungen halten.
Einseitige Veränderungen, vor allem bei Zinssätzen, Offenlegungspflichten oder zusätzlichen Kreditsicherheiten, sind nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dazu gehören vor allem erhebliche Umsatzrückgänge sowie Wertverluste bei den Kreditsicherheiten. Der schlichte Hinweis auf „Basel III“ oder „neue gesetzliche Bestimmungen“ genügen jedenfalls nicht. Praxisunternehmer sollten daher ihre Kreditverträge und Sicherheiten genau prüfen. Wenn diese ihren Kreditverpflichtungen bisher stets nachgekommen und ein „zuverlässiger Schuldner“ sind, die Sicherheiten nicht an Wert verloren haben und sie auch keine erheblichen Umsatzrückgänge zu verzeichnen haben, besteht kein Anlass für die Bank, zusätzliche Forderungen an den Zahnarzt zu stellen.
Praxisunternehmer sollten dies in einem Gespräch mit ihrem Sachbearbeiter klären. Weiter sollte auf einer detaillierten, schriftlichen Konkretisierung einschließlich Begründung der jeweiligen Bank- oder Sparkassenwünsche bestanden werden. Denn auch für die Kreditinstitute gibt es Grenzen bei der Forderung nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder privater Vermögensaufstellungen. Der Paragraf 18 des Kreditwesengesetzes sagt zum Beispiel deutlich, dass erst bei Krediten von mehr als 250.000 Euro eine entsprechende Offenlegungspflicht besteht. Liegen die Kreditsicherheiten über dieser Summe, ist eine Offenlegungspflicht entbehrlich.
Dietmar KernAutor und WirtschaftsjournalistGebhard-Müller-Allee 571638 Ludwigsburg