Den Tsunami der chronischen Krankheiten stoppen
Bluthochdruck, Schlaganfall, Typ-2-Diabtes, Krebs, Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen: Schon längst haben sich diese chronischen Krankheiten in den westlichen Industrienationen zu Volkskrankheiten entwickelt. Laut Weltgesundheitsorganisation verursachen in Europa diese chronischen Krankheiten bereits 86 Prozent der vor- zeitigen Todesfälle und 77 Prozent der Krankheitslast. Infektionskrankheiten spielen demgegenüber kaum eine Rolle.
Die Ursachen sind bekannt: ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Appelle an die Vernunft des Einzelnen seien gescheitert, sagte Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin, „sie haben den Tsunami der chronischen Krankheiten nicht aufhalten können“.
Vier-Punkte-Plan für eine wirksamere Prävention
Gemeinsam in der Deutschen Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten (NCD-Allianz) fordern die Bündnispartner jetzt neue Lösungsansätze, die auch bildungsferne Schichten erreichen, bei denen die bisherige Präventionsarbeit meist nicht angekommen sei. „Wir müssen weg von vielen Einzelmaßnahmen, die nur wenige erreichen“, sagte Garlichs, „wir brauchen einen Paradigmenwechsel hin zur Verhältnisprävention, die für alle Menschen eine Umwelt schafft, die einen gesunden Lebensstil fördert.“
Die Allianz fordert von der Politik strukturelle Änderungen und hat einen Vier-Punkte-Plan aufgestellt:
• täglich mindestens eine Stunde Sport in Kita und Schule
• Zucker- und Fettsteuer auf ungesunde Lebensmittel
• Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung
• Verbot von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet
Diese vier Maßnahmen werden auch von der Weltgesundheitsorganisation im globalen Aktionsplan gegen nicht übertragbare Krankheiten 2013 bis 2020 empfohlen. Sie hätten wesentliche Vorteile gegenüber der bisherigen Politik der Ermahnungen, der Appelle und des erhobenen Zeigefingers, erläuterte Garlichs. So würden diese Maßnahmen nicht nur selektiv für Gruppen, die bereits gesundheitsbewusst sind, wirken, sondern bevölkerungsweit – auch für benachteiligte Zielgruppen. Außerdem setzten diese bereits im frühen Kindes- und Jugendalter an. Dann werde der Lebensstil geprägt, erläuterte der Mediziner: „Alle Erfahrungen zeigen , dass eine Lebensstil-änderung im Erwachsenenalter extrem schwierig ist und nur selten gelingt.“
Mit der politischen Deklaration des ersten UN-Gipfels zur Prävention und Kontrolle nicht übertragbarer Krankheiten 2011 und der Annahme des globalen NCD-Aktionsplans bei der Weltgesundheitsversammlung 2013 ist Deutschland die Selbstverpflichtung eingegangen, die empfohlenen Politikstrategien umzusetzen. Nun müssten die Verantwortlichen endlich handeln, fordert die Allianz.