Antikorruptionsgesetz für Heilberufler

Klare Position

Seit Monaten geht es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie: Bis Ende des Jahres wird mit einem Gesetzentwurf gerechnet, der einen Straftatbestand im Strafgesetzbuch zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vorsieht. Bereits im Vorfeld machten BZÄK und KZBV auf dem Deutschen Zahnärztetag ihre Position dazu klar: null Toleranz bei korruptem Verhalten.

Erst am 6. November hatte die 85. Justizministerkonferenz mit einem Beschluss den Druck noch einmal erhöht. Die Landesjustizminister unterstrichen dabei nicht nur ihre Forderung nach einer strafrechtlichen Regelung, „die Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen umfassend unter Strafe stellt“, sondern forderten Bundesjustizminister Heiko Maas auf, zeitnah einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Man sehe, heißt es in einem Beschluss der Konferenz, in den Entwürfen der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wie auch in dem Diskussionsentwurf des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz geeignete Grund- lagen für eine strafrechtliche Regelung.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) bekräftigten beim Deutschen Zahnärztetag indes einmal mehr ihr Bekenntnis zu einer seit vielen Jahren gelebten Null- Toleranz-Politik gegenüber korruptem Verhalten. Bereits in der Vergangenheit hätten sich die Delegierten der Bundesversammlung und der Vertreterversammlung eindeutig positioniert. Die unmissverständliche gemeinsame Botschaft der beiden berufsständischen Organisationen laute, dass korruptes Verhalten an keiner Stelle toleriert werden darf, sondern vielmehr konsequent sanktioniert werden muss.

Generalverdacht gegen Heilberufler ist unhaltbar

BZÄK, KZBV, Kammern und KZVen als Körperschaften des öffentlichen Rechts und Teil der mittelbaren Staatsgewalt ahnden solches Verhalten schon jetzt auf Basis des geltenden Berufsrechts, verankert in den jeweiligen Berufsordnungen der Länder und des Sozialrechts. Darüber hinaus kritisierten BZÄK und KZBV, dass mit der Schaffung eines Straftatbestands die Heilberufe unter Generalverdacht gestellt würden. Der Gesetzgeber agiere damit als Getriebener einer teilweise hysterischen Diskussion über die angebliche Korrumpierbarkeit von Ärzten und Zahnärzten. Stattdessen handele es sich bei Korruption um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, schwarze Schafe gebe es in allen Schichten von Gesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung – und nicht zuletzt auch in der Politik. Einig sind sich BZÄK und KZBV auch, dass die bestehenden berufsrechtlichen Werkzeuge zur Ahndung etwaiger Verfehlungen von Zahnmedizinern ausreichen und es keiner Einführung eines neuen Straftatbestands bedarf.

BZÄK: Es gibt keine Regelungslücke

Insbesondere die vom Gesetzgeber geplante, flächendeckende Einrichtung von Sonderstaatsanwaltschaften – wie zum Beispiel in Bayern – sei völlig überzogen. Als problematisch erachte man außerdem, dass der derzeit von der Regierung vorgesehene unbestimmte Rechtsbegriff des „unlauteren Verhaltens“ zur Folge haben könnte, dass eine Konkretisierung dessen, was erlaubt ist und was nicht, erst später über die Gerichtsbarkeit erfolgt.

Die BZÄK betont aus berufsrechtlicher Sicht: Schon heute überwachten die Länderkammern auf Grundlage der Heilberufgesetzgebung und der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer die Einhaltung des geltenden Berufsrechts. Auch gegenüber der Korruption werde auf Grundlage dieses Berufsrechts eine Null-Toleranz-Politik gelebt. Eine Regelungslücke, wie sie ein geplanter Straftatbestand Korruption im Gesundheitswesen schließen soll, existiere nicht, so BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Vielmehr sollten die Mittel der Selbstverwaltung genutzt werden. „Wichtig wäre es jedoch, dass einmal evaluiert wird, inwieweit die bestehenden Informationspflichten zwischen den Beteiligten tatsächlich ausgefüllt werden“, erklärte Engel. „Denn hier vermuten wir Probleme.“

KZBV: Aktuelle Werkzeuge zur Ahndung reichen aus

Für den vertragszahnärztlichen Bereich erklärte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer, die KZVen nutzten alle Möglichkeiten im Kampf gegen korruptes Verhalten im Rahmen des bestehenden Disziplinarrechts. Diese Sanktionen seien ausgesprochen hart und reichten bis zum Entzug der Zulassung, was für betrof-fene Zahnärzte regelmäßig den Verlust der Erwerbsbasis bedeute, erläuterte Eßer. „Die KZVen unterhalten darüber hinaus Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, die Fällen und Sachverhalten nachgehen, die auf Unregelmäßigkeiten hindeuten und informieren die Staatsanwaltschaften bei einem Anfangsverdacht mit nicht nur geringfügiger Bedeutung für die GKV.“

Da das unentschuldbare Verhalten von einigen wenigen das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt, aber auch zwischen Gesellschaft und Zahnärzteschaft nachhaltig negativ beeinträchtigen könne, fasste die BZÄK-Bundesversammlung einen Beschluss, in dem sie „jede Form von korruptem Verhalten im Gesundheitswesen“ verurteilt. „Die Zahnärztekammern haben, flankiert durch die Heilberufe-Kammergesetze der Länder, verbindliche Berufsordnungen erlassen“, heißt es im Beschluss, und weiter: „Alle denkbaren Formen korrupten Verhaltens sind nach diesen Berufsordnungen nicht nur untersagt, sondern werden auch durch die Kammern konsequent verfolgt und geahndet.“ Vor diesem Hintergrund appelliere man an den Gesetzgeber, auf die Einführung einer speziellen Strafnorm der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen zu verzichten.

Gremien verurteilen jede Form von Korruption

Die Vertreterversammlung der KZBV verabschiedete ihrerseits eine „Reso-lution zu korruptem Verhalten im Gesundheitswesen“, die „jedes korrupte Verhalten im Gesundheits- wesen“ verurteilt. Eine zusätzliche Strafnorm erweise sich wegen der bestehenden berufs- und sozialrechtlichen Sanktionierung als „unnötig und schädlich“. Denn damit werde in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, im Bereich des Gesundheitswesens beziehungsweise speziell im Bereich der Tätigkeit freier Berufe in diesem würden in besonderem Umfang kriminelle Verhaltensweisen in Erscheinung treten, die spezielle Straf-normen für diesen Bereich, nicht aber für andere Wirtschaftsbereiche erforderlich machen würden. „Die bisher tatsächlich in Erscheinung getretenen Fallgestaltungen rechtfertigen ein solches Vorgehen und die damit verbundene Stigmatisierung ganzer Berufsgruppen aber nicht“, heißt es in der Resolution.

Die Vertreterversammlung der KZBV beschloss außerdem für den vertragszahnärztlichen Bereich eine Compliance-Leitlinie, die Zahnärzten Hilfestellungen hinsichtlich allgemeiner Handlungsprinzipien bei der Praxisführung, beim Umgang mit Leistungsabrechnungen und bei der Erbringung zahntechnischer Leistungen geben soll. Diese Leitlinie soll nun auf Grundlage der Vorschläge einer einzurichtenden Compliance-Kommission der KZBV aktualisiert und weiterentwickelt werden. Anschließend werde die Leitlinie über die KZVen den Mitgliedern zur Verfügung gestellt.

Mit der Leitlinie soll eine Orientierung für die Zulässigkeit praktizierter Verfahrensweisen geschaffen werden, um Folgeprobleme mit dem genannten, unbestimmten Rechtsbegriff zu verhindern.

In diesem Zusammenhang sollen die KZVen prüfen, ob und inwieweit sie im Rahmen ihrer Servicefunktion in der Lage sind, ihren Mitgliedern die Möglichkeit anzubieten, die rechtliche Zulässigkeit beabsichtigter oder praktizierter Verfahrensweisen im Hinblick auf die in der Compliance-Leitlinie beschriebenen Pflichten bewerten zu lassen, soweit derartige Angebote nicht bereits bestehen. Darüber hinaus ist in der Vertreterversammlung ein Com-pliance-Beauftragter der KZBV eingesetzt worden, der als Leiter der Compliance-Kommission deren Arbeit koordiniert und mit den KZVen in fachlichem Austausch stehen wird. Zudem soll der Compliance-Beauftragte assoziiertes Mitglied des für das Berufsrecht zuständigen Gremiums der BZÄK werden, so dass auch die Verbindung zwischen Berufs- und Sozialrecht in vollem Umfang gewährleistet ist.

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