Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Bäcker, die zu wenig Teig haben, backen weniger oder kleinere Brötchen. Klare Sache, ganz pragmatisch und logisch.
Anders im Gesundheitswesen: Hier setzen Politiker und Ökonomen auf das Prinzip wundersame Vermehrung. Zusätzlicher zahn-/medizinischer und pflegerischer Versorgungsbedarf durch Alterung und wachsende Morbidität wird bei zum Teil regional schwindender Infrastruktur mit hohem Spar- und Rationalisierungszwang in Bildung, Ausbildung und der Finanzierung von Leistungen beantwortet. Erwartetes Zusatzergebnis ist ein Plus an Qualität und Fortschritt, alles selbstredend bei flächendeckender Versorgung, ohne Wartezeiten.
Die Rezeptur, mit der Politiker und Ökonomen die Herausforderungen angehen wollen, ist widersprüchlich: Anstehende Demografie- und Versorgungsprobleme mit rigiden Sparmaßnahmen zu bewältigen, alles noch dazu getragen von der Grundstimmung des ständigen „Höher, schneller, weiter“, braucht starken Glauben, oder besondere Chuzpe, oder Opfer, die Verluste möglichst still und klaglos hinnehmen.
Damit nicht genug: Wer denkt, die Gelder, die der Versorgung zugeteilt sind, verbleiben dort und werden zweckbezogen genutzt, hat seine Lektion über die Flexibilität von Steuerzuschüssen noch nicht gelernt. Mit seiner Rücknahme zugesagter Steuergelder hat der Bundesfinanzminister gerade mal wieder gezeigt, wie es wirklich geht.
Trotz so widriger Bedingungen entstehen aber immer wieder Lösungsansätze, mit den Problemen umzugehen. Aktuelles Beispiel ist sicherlich der Umgang mit medizinischen und pflegerischen Versorgungsmängeln.
Zwar wird die Ausbildung von Ärzten und Zahnärzten an deutschen Hochschulen durch immer wieder geforderte Schließungen von Standorten erschwert. Hier ist Gegenwehr erforderlich. Gleichzeitig schafft man aber im Rahmen von Migration aus dem Ausland zunehmend Möglichkeiten, Fachkräfte zum Leben und Arbeiten in die Bundesrepublik zu holen. Dieser Weg wird beherzt und mit viel Kraftaufwand bestritten. Hier gilt es aber auch, Vorsorge für die Qualität der Versorgung zu treffen. Gleichwertigkeitsprüfungen, die Bewältigung von Sprachproblemen – all das gehört zufriedenstellend geregelt.
In die Hand genommen wird das – wieder einmal – von den Professionen selbst. Sie schaffen die Voraussetzungen zur Kompensation von Mängeln, in eigener Sache.
Klar, die Politik liebt solche Lösungen. Aber zu erkennen, dass das ständige Quetschen von Zitronen immer in Trockenheit endet, dazu braucht es nicht viel Phantasie.
Die Gesellschaft soll ihre Möglichkeiten nutzen, aber bitte gemeinsam mit denen, die diesen Job verstehen. Die Alternative heißt sonst wirklich, kleinere Brötchen zu backen.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur