Wir gestalten unseren Beruf!
Dies ist die Definition einer Mission, also ein Versprechen, das conditio sine qua non für den Fortbestand des freien Berufs Zahnarzt und Zahnärztin ist“, veranschaulichte DGZMK-Präsidentin Prof. Bärbel Kahl-Nieke die Beweggründe der drei zahnärztlichen Körperschaften, ein gemeinsames Leitbild zu entwickeln. „Unser Leitbild soll dem Erhalt und der Fortentwicklung unserer Profession und allen Zahnärzten als Leitplanke dienen.“ Dieses „relevante Papier für den Erhalt unseres Berufs“ ist Kahl-Nieke zufolge als Kompass für den Berufsstand wie auch für den einzelnen Zahnarzt unverzichtbar.
Für den Praktiker, weil er im Dienst des Patienten steht und dieses Selbstverständnis auch verinnerlichen muss. Für den Berufsstand, weil er gefordert ist, sich im Zuge dieser Standort- und Zielbestimmung an den Herausforderungen der Gesellschaft zu orientieren und in Reaktion darauf eigene Handlungskonzepte vorzulegen. „Das Leitbild dient der Fortentwicklung unserer Profession“, sagte sie.
Konkret bedeute das etwa für die DGZMK, dass sie aus den Leitlinien Patienteninformationen erstellt. Auch das umfassende Fortbildungsangebot der Akademie Praxis und Wissenschaft, der interdisziplinär aufgestellte Wissenschaftskongress zum Deutschen Zahnärztetag und das Zukunftssymposium von BZÄK und DGZMK für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte zielten darauf ab, den Berufsstand zu unterstützen und zukunftsfest zu machen.
Das Selbstverständnis leben
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel bekräftigte: „In unserem Leitbild bekennen wir drei Standesorganisationen uns zu den gemeinsamen Werten Freiberuflichkeit, Qualität, bestmögliche Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie zu einer dienenden Selbstverwaltung. Diese Werte müssen wir zukunftsfest machen.“ Auch die Kammern müssten sich zukunftsgerichtet neu aufstellen. Dazu gehöre ein modernes Selbstverständnis der Zahnärzteschaft, in dessen Mittelpunkt die Gemeinwohl-, die Patienten- und die Kollegenorientierung stehen.
Zur Qualitätsförderung zähle auch das von der BZÄK entwickelte Modellprojekt „Jeder Zahn zählt!“, bei dem sich Kollegen über unerwünschte Ereignisse austauschen können und das in Zusammenarbeit mit der KZBV weiterentwickelt werde. Dass die Zahnärzte ihre Verantwortung bewusst annehmen, hob auch der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer hervor: „Ausdruck dieser Haltung ist unser Anspruch und Auftrag, die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland zu gestalten mit dem Ziel, die Mundgesundheit der Bevölkerung zu verbessern.“
Eigene Konzepte vorlegen
Dass gleichwohl in Europa Tendenzen bestehen, genau diese Werte auszuhebeln, betonte Engel. Der Trend zur Substitution und die Änderung der Berufszugangs- regeln für reglementierte Berufe seien nur zwei – allerdings zentrale – Beispiele von vielen. Engel: „Die BZÄK betrachtet diese Entwicklungen mit Sorge!“ Um hier gegenzusteuern, müssten die Kammern die hohe Qualität zahnärztlichen Handelns sicherstellen. „Der äußere Druck auf die Freien Berufe und deren Selbstverwaltung nimmt immer mehr zu“, tadelte Engel. Dies sei zum Großteil dem Einfluss der EU geschuldet, weil die dort getroffenen gesundheits- und binnenmarktpolitischen Weichenstellungen erheblichen Einfluss auf die Zahnmedizin nähmen.
Den Beruf weiterentwickeln
KZBV-Chef Eßer setzte zwei Schwerpunkte: die Flüchtlingsversorgung und die Patientenberatung. „Die deutsche Zahnärzteschaft ist selbstverständlich bereit, den zahlreichen Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen, die vor Terror, Krieg und Elend zu uns geflohen sind!“ Eßer dankte allen Kollegen, die sich Tag für Tag für die Flüchtlinge engagieren – und forderte den Gesetzgeber auf, klare und allgemeingültige Rechtsgrundlagen zu schaffen, die den komplexen Anforderungen des Praxisalltags genügen und dem Zahnarzt eine verlässliche Arbeitsgrundlage für die Versorgung bieten.
„Erste Verbesserungen hat der Gesetzgeber durch eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes herbeigeführt. Doch die Unsicherheiten hinsichtlich der Finanzierung von Leistungen wurden nicht beseitigt“, stellte auch Engel fest. Um Sprachbarrieren zu überwinden, hat die BZÄK ein Piktogrammheft für die Zahnarztpraxis entwickelt. Seitens der Wissenschaft verwies Kahl-Nieke auf ein künftiges DGZMK-Projekt zum Thema „Mundgesundheit von Migranten“ – mit der Fragestellung, welche präventivzahnmedizinischen Maßnahmen machbar sind und wie diese finanziert werden können.
Was die Patientenberatung betrifft: Hier stellt sich der Berufsstand laut Eßer vor dem Hintergrund der öffentlich stark kritisierten Vergabe der gesetzlichen Beratung an ein Callcenter neu auf. „Eine finanzielle und institutionelle Entflechtung der gesetzlichen Patientenberatung ist dringend geboten, um deren Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit zu gewährleisten“, stellte Eßer klar. Ab Januar 2016 werde die zahnärzt- liche Patientenberatung deshalb grundlegend neu justiert sowie wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Eßer: „Für unsere Patienten setzen wir damit völlig neue Maßstäbe in Sachen Service und Information.“
Über Fortschritte in der Forschung sprach Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité, in seinem Festvortrag. „Wir müssen in der zahnmedizinischen Forschung nach vorne kommen“, erklärte er. In der Wissenschaft existiere noch viel Erneuerungsbedarf. Dennoch sieht er die Entwicklung positiv: Von 400 im Jahr 2005 sei die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten in der Zahnmedizin auf 700 im Jahr 2014 angestiegen. Großes Lob zollte Einhäupl dem zahnärztlichen Berufsstand bei der Versorgung von Flüchtlingen: „Hier stechen die Zahnärzte positiv hervor. Sie sind bei der ganzen Hilfestellung am wenigsten prätentiös.“
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel zeichnete den ehemalige Kammerpräsidenent Schleswig-Holsteins, Dr. K. Ulrich Rubehn, und Admiralarzt a. D. Dr. Wolfgang Barth mit der Goldenen Ehrennadel für ihre Verdienste um den Berufsstand aus. Der ehemalige Kammerpräsident Hamburgs, Prof. Dr. Wolfgang Sprekels, erhielt für sein Engagement das Fritz-Linnert-Ehrenzeichen, die höchste Auszeichnung der BZÄK.
Ehrungen bei der DGZMK: Präsidentin Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke verlieh den Deutschen Miller-Preis an Christiane Pink (sowie deren Co-Autorin Dr. Birte Holtfreter, die nicht anwesend war, beide Universität Greifswald). Admiralarzt a. D. Dr. Wolfgang Barth erhielt die DGZMK-Ehrenmedaille. Der DGZMK-Past-President Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Dresden, bekam die Goldene Ehrennadel.