Warum Kompetenz nicht ausreicht
An der Uni haben Sie Ihre fachliche Kompetenz als Grundfundament aufgebaut. Seither sind Sie hochqualifiziert auf Ihrem Gebiet – nicht mehr und auch nicht weniger!
Der Stellenwert der fachlichen Kompetenz wird bei der Zahnärzteschaft deutlich höher bewertet als bei den Patienten. Befragt man diese zu den ihrer Meinung nach wichtigsten Eigenschaften eines Zahnarztes, so kommt es den meisten Patienten im Wesentlichen darauf an, dass dieser freundlich und emphatisch ist und die Behandlung schmerzfrei verläuft. Die Fachkompetenz des Zahnarztes nimmt bei der Aufzählung der Eigenschaften einen der unteren Plätze ein. Der Patient setzt voraus, dass Sie als Zahnarzt Ihr Handwerk verstehen. Es ist vielmehr die soziale Kompetenz, die ein Patient einzuschätzen versteht.
Zahnärzte schätzen den Einfluss ihrer Fachkompetenz auf den beruflichen Erfolg so hoch ein, dass sich der weit überwiegende Teil der von ihnen besuchten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen mit der Thematik zur Erweiterung der fachlichen Kompetenzen befasst. Sie sammeln ihre Fortbildungspunkte und hängen die Zertifikate in die Flure und die Zimmer ihrer Praxis. Sie glauben, dass der Patient ihre überdurchschnittliche fachliche Kompetenz anerkennt und eine Sogwirkung auf die Praxis entsteht. Sie erhoffen sich einen Logenplatz im Kopf des Patienten und eine bessere Positionierung im Vergleich zu anderen Zahnarztkollegen in ihrem Umfeld – ein großer Irrtum!
Denn fachliche Kompetenz braucht immer eine Bühne, eine Plattform, um es herauszuschreien und ein Publikum, welches begeistert wurde und nachfragt. Wie ein Geiger, der in den Gassen der Altstadt seinen Hut auf die Straße legt. Würde er sich als Virtuose positionieren und ein Konzert ausschreiben, würden die Einnahmen um ein Vielfaches steigen.
Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte sehen ihren Beruf als Berufung, geprägt mit hoher, sozialer Motivation. Dies ist legitim, doch leider wenig erfolgsversprechend.
Es ist meist die alte Laier, die eine Hürde auf dem Weg zum Erfolg darstellt. Die meisten Zahnärzte kennen nicht die möglichen Gewinne, die aus einer Zahnarztpraxis erwirtschaftet werden können. Sie kennen keine Vergleichszahlen und denken, sie müssten große Praxen haben, um große Gewinne zu erzielen.
Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Es sind vor allem die kleineren Praxen, in denen hohe Erträge zu erzielen sind. Doch grundsätzlich gilt: gute Gewinne machen nur gute Strategen. Durch unbekannte Bezugsgrößen ist Erfolg schlecht zu messen. Die Praxisinhaber glauben, sie hätten Erfolg und haben keine Vorstellung davon, dass es mit neuen unternehmerischen Strategien und dem gleichen Arbeitseinsatz wirtschaftlich wesentlich besser aussehen würde. Sie sind „zufrieden“.
Nutzen Sie gezielt Steigerungsfaktoren
Die allermeisten Zahnärzte sind bescheiden in der Abrechnung ihrer hochqualifizierten Leistungen. Sie kennen meist nur den 2,3-fachen Satz oder darunter, akzeptieren dabei den seit Jahrzehnten unveränderten Punktwert der GOZ und glauben, §2 Abs.1 und 2 GOZ sei nur für Universitätsprofessoren in die Gebührenordnung mit aufgenommen worden.
Die Schere zwischen steigenden Praxis- kosten und stagnierendem Honorar geht leider immer weiter auseinander. Zahnärzte müssen heute bei vielen Leistungen deutlich mehr als den 2,3-fachen Steigerungssatz der GOZ 2012 verlangen, um für vergleichbare Leistungen eine Vergütung zu erhalten, wie sie gesetzliche Krankenkassen im BEMA bezahlen. In Zahnarztpraxen sind abrechnungstechnisch inzwischen oft die Privatpatienten, bei denen die GOZ Anwendung findet, „Patienten zweiter Klasse“.
Anders sieht es in der Arztpraxis aus. Hier ist der 2,3-fache GOÄ-Satz durchgängig mehr „wert“ als der EBM. Der 2,3-fache GOÄ-Satz liegt zum Beispiel für chirurgische zahnärztliche Leistungen deutlich höher als die BEMA-Werte. Die einzige Variable, die der Zahnarzt besitzt, um seinerseits seinen berechtigten Interessen Rechnung zu tragen, ist der Steigerungsfaktor.
Viele Zahnärzte tun sich jedoch schwer, für ihre gute Arbeit auch ein gutes Geld zu verlangen. Das Problem: Meist fehlt ihnen die die kommunikative Kompetenz. Das Beratungsgespräch in den Zahnarztpraxen besteht dann aus einem Monolog – und ist leider allzu häufig bestimmt von Fach- nomenklatur und zahntechnischem Know-how. Die erste Frage sollte daher immer sein, welche Wünsche und Erwartungen der Patient mitbringt.
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Professionalisieren Sie Ihre Beratung
Auch wenn beispielsweise dem Kassenpatienten von Gesetzes wegen die Kassenleistung zusteht, ist hier kommunikatives Geschick gefragt, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Dies ist durchaus zu erlernen. Grundsätzlich gilt: Bei einem Geschäft verkaufen immer beide Seiten. Sie verkaufen ein Produkt oder eine Dienstleistung, der Patient verkauft Ihnen sein „Nein“. Wer bei einem Geschäft der anderen Seite was auch immer verkauft, hängt vor allem von seiner sozialen und kommunikativen Kompetenz ab. Hier sollte man immer besser geschult sein als der Mensch gegenüber, denn sonst kauft man sein „Nein“ und Sie verkaufen überwiegend eine Regelversorgung.
Wie häufig dies geschieht, sieht man täglich in den Mündern der Patienten. Da werden ganze Amalgamkronen modelliert, obwohl die Indikation des Materials laut Herstellerangaben dies gar nicht zulässt; da werden Wurzelkanalbehandlungen jenseits von Ingle-Klasse-I auf Biegen und Brechen gemacht, obwohl der Zahnarzt den Mehraufwand aus der eigenen Tasche bezahlt. Hier fehlt die kommunikative Kompetenz, um über die Alternativen der Regelversorgung zu sprechen, oder der soziale Motivator in der Persönlichkeit des Zahnarztes übersteigt deutlich den ökonomischen. Wer aber immer nur helfen will, wird immer auch weniger Geld verdienen. Persönlichkeits- und Kommunikationstrainings können hier helfen. Es gibt heute ganz neue Konzepte, um Mitarbeiter in Erfolgsstrategien mit einzubinden. Das „Gott in Weiß“-Konzept sollte in einer Zahnarztpraxis der Vergangenheit angehören.
Strategien zu erarbeiten, um seine Mitarbeiter gezielt in eine Erfolgsstrategie zu integrieren, in der sich eine Motivation zu einem wirtschaftlich orientierten Arbeiten zum Selbstläufer entwickeln, sind extrem erfolgsversprechend. Das Praxisteam lässt sich gut mit einem Rennwagen vergleichen. Es ist immer nur so gut, wie die schlechteste Komponente. Das Tuning für die Mitarbeiter, die gemeinsam mit Ihnen das Rennen gewinnen möchten, ist der Weg zu ungeahnten Möglichkeiten. Dabei ist es wichtig, die Motivatoren seiner Mitarbeiter zu kennen. Diese zeigen auf, wie die Persönlichkeit eines Menschen entsteht und welche individuellen Antriebsfedern aufgezogen sind, wenn der Mitarbeiter morgens bei der Arbeit erscheint. Sind die Motivatoren bekannt, so ist es möglich, zuvor verborgene Bedürfnisse und Wünsche gezielt zu nutzen, um Mitarbeiter zu motivieren.
Machen Sie sich in Abrechnung fit
Die Abrechnung der zahnärztlichen Leistungen bleibt auch in der heutigen Zeit sehr häufig immer noch allein der Abrechnungshelferin überlassen. In den meisten Praxen verlässt man sich blind auf die Kompetenz dieser Mitarbeiterin. Es gibt immer wieder Zahnarztpraxen mit einem riesigen Liquiditätsproblem, obwohl der Zahnarzt den ganzen Tag an Zähnen bohrt. Ein Grund dafür ist, dass Zahnärzte oftmals Defizite in der Abrechnung haben respektive sich nicht für Abrechnung interessieren. Doch wer die Handgriffe nicht kennt, die später in der Liquidation auch einen Wert besitzen, wird sie auch nicht zur Abrechnung in seine Karteikarte eintragen.
Häufig entstehen Fehlbeträge in der Abrechnung durch erbrachte, nicht abgerechnete Chairside-Leistungen im BEB-Bereich. So können nach § 9 GOZ Auslagen für bestimmte zahntechnische Leistungen angesetzt werden. Ein Eigenlabor oder gar ein angestellter Zahntechniker ist für die Erbringung dieser Leistungen grundsätzlich nicht erforderlich. Die Planung vor prothetischen Versorgungen (BEB 0801,0802) oder die zahntechnischen Maßnahmen vor implantologischen Behandlungen (BEB 0803, 0814, 0815, 0816, 0817, 1314, 0224) sind demnach problemlos abrechenbar. Die Eingangs- und Ausgangsdesinfektion (BEB 0732) für die Wege in das Labor und zurück sind ebenfalls denkbare Chairside-Leistungen. Zu diesen gehören außerdem die individuelle Farbauswahl (BEB 0723, 0724), das Ätzen/Konditionieren von Keramik (BEB 5401, 5306) oder der Kunststoffaufbau zur Bissfixierung (BEB 1131). Ferner das Instandsetzen, Vergüten, Umgestalten von Provisorien, das Individualisieren eines Konfektionslöffels oder das Ermitteln und Anzeichnen von Lippenschluss- und Lach-/Mittelinie, um nur einige Bespiele zu nennen.
Service heißt auch: Keine Wartezeit
Bei der Überlegung, mehr Service für den Patienten in der Praxis zu bieten, verhalten sich viele Zahnärzte wie der Café-Besitzer an der nächsten Ecke. Sie räumen eine Ecke im Wartezimmer frei und stellen Wasserspender und Kaffeeautomaten auf, um ihren Patienten die Wartezeit zu versüßen. Aber warum warten diese Patienten eigentlich? In serviceorientierten Praxen gibt es keine Wartezeiten. Punkt! Daher wird auch weder Wasserspender noch Kaffeeautomat benötigt, außer im Besprechungsraum, der so hochwertig ausgestattet sein sollte, wie die Arbeit, die Sie versuchen zu verkaufen. Patienten, die ihr Geld ebenfalls durch Arbeit und durch den Einsatz des Faktors Zeit verdienen, möchten nicht warten. Durch entsprechende Praxisorganisation gehören Wartezeiten der Vergangenheit an – ganz sicher! Das ist Service! Aber mal grundsätzlich: Wird mehr Service in einer Praxis gewünscht, dann kommt dieser stets von Innen und nicht von Außen. Die Königsdisziplin der Serviceleistung geht immer vom Inhaber selbst aus, von seiner Persönlichkeit, seiner Empathie und im Umgang mit seinen Patienten.
Was ist Erfolg?
Doch was bedeutet es, Erfolg zu haben? Wann fängt er an, und wann hört er auf? Spricht jemand von dem Erfolg eines Zahnarztes, so ist meist der berufliche Erfolg, der vor allem ökonomisch messbar ist, gemeint. Mit Hilfe der richtigen unternehmerischen, auf Zahnarztpraxen abgestimmten, Erfolgsstrategie, lassen sich Einkommen und Erfolg überdimensional steigern – vorausgesetzt, man interessiert sich überhaupt für Erfolg.
Denn der berufliche Erfolg ist ein Teilstück des Lebenserfolges, und Lebenserfolg ist stark abhängig vom Faktor „Zeit“.
Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit eines Zahnarztes liegt heute bei etwa 47 Stunden pro Woche. Nur 30 Prozent der Zeit, in der sie nicht schlafen, bleiben den Zahnärzten für die Familie, Freunde und Freizeit. Verglichen mit der durchschnittlichen Arbeitszeit aller Erwerbstätigen liegt die Mehrarbeit der Zahnärzte im Bundesdurchschnitt um rund ein Drittel höher als im Durchschnitt aller Erwerbstätigen. Eine ausgeglichene work-life-balance trägt maßgeblich zum Lebenserfolg bei.
Stephan PaareFrankfurter Str. 4, 57610 Altenkirchen, E-mail: