Leitartikel

Wir brauchen sichere Rahmenbedingungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

das gemeinsame Frühjahrsfest von KZBV und BZÄK in der Britischen Botschaft Berlin war auch diesmal wieder eine gelungene Plattform zum Austausch mit Politikern, Verbandsvertretern, Wissenschaft und der Fachöffentlichkeit. Nicht zuletzt können Netzwerk-Events wie diese uns darin unterstützen, unsere Kontakte zur Politik zu verstetigen.

Die Erfolge unserer standespolitischen Arbeit im vergangenen Jahr zeigen, dass wir auf das von Verlässlichkeit und Professionalität geprägte Verhältnis der KZBV zu den verantwortlichen Gesundheitspolitikern bauen konnten. Mit dem Präventionsmanagement für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) wurde eine große Lücke im Leistungskatalog der GKV geschlossen. Dies wird Millionen Versicherten eine erhebliche Verbesserung ihrer Mundgesundheit und ihrer Lebensqualität ermöglichen. Darauf hat die Zahnärzteschaft lange hin gearbeitet.

Ebenso ist der Gesetzgeber unserem Vorschlag bei den zusätzlichen zahnärztlichen  Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen des Präventionsgesetzes gefolgt. Im Gemeinsamen Bundesausschuss gestalten wir diese Regelungen derzeit mit Nachdruck aus, damit die neuen Leistungen schnell bei den Patienten ankommen.

Bei der Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung stellt uns der demografische Wandel vor große Herausforderungen. Dabei müssen wir die Bedarfe vulnerabler Bevölkerungsgruppen in besonderem Maße berücksichtigen. Hier hat sich in jüngster Zeit einiges getan: So wurden in den letzten zwei Jahren über 2.700 Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und Pflegeeinrichtungen geschlossen. Die von uns forcierte Regelung zur aufsuchenden zahnärztlichen Versorgung in Pflegeeinrichtungen und im häuslichen Umfeld trägt dazu bei, dass wir Zahnärzte die bei der Versorgung von alten, pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderungen bestehende Barrieren aktiv von unserer Seite überwinden. Wir benötigen für die erforderlichen Umbaumaßnahmen in unseren Praxen aber auch finanzielle Mittel, keine Kredite, ohne die die Maßnahmen nicht zu realisieren sein werden. Die Bereitstellung von Fördermitteln aus den Förderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) durch den Nationalen Aktionsplan 2.0 wäre ein weiterer wichtiger Baustein. Dies haben wir vor Kurzem auf einer Presseveranstaltung zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch öffentlichkeitswirksam gefordert und bekräftigt.

Jetzt, zum Ende der Legislaturperiode, sind uns noch zwei weitere Maßnahmen wichtig, um die Sicherstellung der Versorgung weiterhin gewährleisten zu können:

Erstens: Um Unterversorgungsszenarien zu vermeiden, darf der Gesetzgeber die Zahnärztinnen und Zahnärzte im ländlichen Raum nicht länger durch die Degression demotivieren. Denn sonst wäre die Konsequenz ein abnehmendes Engagement der Kolleginnen und Kollegen in den Regionen, wo sie am meisten gebraucht werden. Präventionsleistungen, aufsuchende Versorgung und Leistungen in unterversorgten Gebieten müssen daher bei der Berechnung der Degressionsmengen unberücksichtigt bleiben. Zumindest hier muss die  Degression abgeschafft werden.

Zweitens: Mit dem GKV-VSG hat der Gesetzgeber mit den arztgruppengleichen MVZ eine Niederlassungsform auch für den vertragszahnärztlichen Bereich geschaffen, die im vertragszahnärztlichen Bereich nicht nur völlig überflüssig ist, sondern ein absolut stabiles Versorgungssystem gefährdet. Mit den MVZ wird eine schon bestehende Überversorgung in strukturstarken Regionen verstärkt und eine Tendenz zur Unterversorgung in strukturschwachen Regionen erzeugt. Das Modell, das für die Hausärzte gedacht war, ist für die Zahnärzte nicht passend. Wir fordern deshalb, dass Anstellungsgrenzen für niedergelassene Praxen auch für Zahnarzt-MVZ gelten müssen. Wir brauchen einheitliche Rahmenbedingungen.

Daher unser dringender Appell an die Politik:

Wir dürfen ein funktionierendes System der zahnärztlichen Versorgung nicht durch unnötige Experimente gefährden. Denn Entwicklungen, die heute falsch laufen, können wir später nur mit hohem Aufwand korrigieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Eßer

Vorsitzender des Vorstands der KZBV

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