Volker Looman zur Vermögensverwaltung

Der Fünfkampf der Geldanlage

Geldanlage ist finanzieller Mehrkampf: Inventur des Gesamtvermögens, Festlegung der Ziele, Verteilung auf Anlageklassen, Auswahl der Finanzprodukte und Überwachung des Privatvermögens. Die härtesten Disziplinen sind die Verteilung, die Umsetzung und die Überwachung. Dafür ist Disziplin nötig, wenn dieses Wortspiel erlaubt ist. Disziplin und Konsequenz kosten viele Anleger aber bereits im normalen Alltag so viel Kraft, dass für den „Fünfkampf der Geldanlage“ kaum Kraft übrig bleibt. Die Inventur ist die leichteste Übung. Die Auflistung der Guthaben und Schulden klappt in der Regel ganz gut. Bei der Festlegung der Ziele beginnen die Probleme. Heftig wird es bei Verteilung des Gesamtvermögens auf Bargeld, Anleihen, Immobilien, Aktien und Rohstoffe. Ich weiß nicht, warum das so schwierig ist, doch ich vermute, dass sich die meisten Menschen nicht festlegen wollen. Beruf, Partner und Kinder sind so starke Verpflichtungen, dass man oder frau oder beide zusammen wenigstens im Urlaub und beim Geld ein bisschen „Freiheit“ genießen wollen wie zum Beispiel diese Akademiker.

Ein betuchtes Ehepaar, sie ist Anwältin, 55 Jahre alt, er ist Zahnarzt, 56 Jahre jung, besitzt ein Vermögen von 5,4 Millionen Euro. Bitte werden Sie jetzt nicht neidisch, wenn bei Ihnen erst die Hälfte zusammen gekommen ist. Erstens ist das keine Schande, und zweitens geht es nicht um Zahlen, sondern um Prinzipien. Das Vermögen besteht aus neun Posten. In der Kasse liegen 600.000 Euro. Die Anleihen sind 300.000 Euro wert. Die Barwerte der beiden Rentenansprüche liegen bei 800.000 Euro. Das Eigenheim hat einen Verkehrswert von einer Million Euro. Das vermietete Mehrfamilienhaus ist zwei Millionen Euro wert. Die Aktien könnten für 500.000 Euro verkauft werden. Im Depot der Hausbank liegen Goldbarren im Wert von 200.000 Euro. Auf den Immobilien lasten zwei Kredite von insgesamt 900.000 Euro.

Die erste Aufgabe ist erledigt. Ich habe Ihnen die Bilanz in acht Sätzen erläutert. Für die zweite Aufgabe brauche ich nur fünf Sätze. Das Ehepaar will noch zehn Jahre arbeiten. Erträge aus dem Vermögen sind erwünscht, aber wegen der hohen Einkommen nicht nötig. Das Geld soll „sicher“ angelegt werden. Die beiden Akademiker stehen in zwei Berufen, mit drei Kindern, einer Haushälterin und einem Hund dermaßen unter Strom, dass sie kein Verlangen haben, sich auch noch um ihr Geld zu kümmern. Momentan trüben allein die 600.000 Euro in der Kasse die Stimmung.

Ich kenne diese Gemütslagen, und jedes Mal, wenn sie mir geschildert werden, möchte ich mit der Faust auf den Tisch hauen: Nein, so einfach ist das alles nicht! Warum? Die Anleihen sind eine Katastrophe, die Kredite sind fragwürdig, das Mehrfamilienhaus ist heikel, das Aktiendepot ist gefährlich, und die Idee, die 600.000 Euro in die Vermögensverwaltung einer Bank zu stecken und dafür jedes Jahr etwa 1,5 Prozent zu bezahlen, ist in meinen Augen der Gipfel.

Das geht in meinen Augen einfacher, preiswerter, rentabler und solider. Ich würde das unrentable Mehrfamilienhaus verkaufen, die Schulden tilgen und mich auf 4,5 Millionen Euro konzentrieren. Ich fände fünf Töpfe mit folgenden Inhalten interessanter: 500.000 in Bargeld, 1.400.000 Euro in Anleihen, jeweils 1.000.000 Euro in Immobilien und Aktien und 600.000 Euro in Rohstoffe. Was meinen Sie?

Die Umsetzung dieses „Bauplans“ in die Wirklichkeit ist heikel, denn wer A sagt, muss zwar nicht, sollte aber auch B sagen. Das Bargeld wird auf 500.000 Euro reduziert. Die Anleihen werden um 300.000 Euro aufgestockt. Der neue Topf besteht aus den Rentenansprüchen (800.000 Euro) und drei Indexfonds mit Staatsanleihen, Unternehmenspapieren und Hochzinsanleihen von jeweils 200.000 Euro. Die Immobilien werden auf das Eigenheim reduziert. Die Aktien werden um 500.000 Euro aufgestockt, und die „neue“ Million wird mithilfe von Indexfonds auf die gesamte Welt verstreut. Denkbar sind zum Beispiel jeweils 111.111 Euro auf kleine, mittlere und große Unternehmen in Amerika, Asien und Europa.

Wichtig ist die breite Streuung, um die Klumpen(risiken) in dem Vermögen aufzulösen. Das Prinzip gilt auch bei Rohstoffen. Platin, Gold und Silber sind gut, doch Platin, Gold, Silber, Gas und Öl sind besser.

Die Investitionen sind mithilfe von Indexfonds umsetzbar, die bei einer Direktbank für wenig Geld zu bekommen sind. Die passive Verwaltung kostet schätzungsweise ein Fünftel der aktiven Verwaltung. Wenn Sie mir jetzt sagen, dass Sie sich das nicht zutrauen, weil Sie von Geldanlage keine Ahnung haben, kann ich Ihnen nur trocken antworten, dass die meisten Vermögensverwalter genauso ahnungslos sind wie Sie, weil sie nicht in die Zukunft sehen können. Ich lasse mir von Ihnen auch vorhalten, dass Sie das Gefühl nicht aushalten, bei der Geldanlage alleine zu sein. Das verstehe ich, und wenn ich mit dieser Vermutung richtig liege, kann ich Ihnen nur den Rat geben, sich für 25 Basispunkte die Dienste eines Seelsorgers in Vermögensfragen zu sichern. Mit diesem

„Kummerkastenonkel“ reden Sie zweimal im Jahr über die Entwicklung des Vermögens. Ihn können Sie fragen, was mit der Erbschaft passieren soll, die in einigen Jahren droht.

Kurzum: Suchen Sie sich nicht nur in der Ehe, sondern auch beim Geld einen Begleiter, der auf Ihrer Seite steht. Alles andere ist doch vom Übel!

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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