Myofunktionelle Störungen interdisziplinär behandeln
„Wie gestaltet sich der durchschnittliche Verlauf einer Therapie in Bezug auf die Anzahl der Sitzungen?“ „Welche Übungen können die Patienten zu Hause machen und welche therapeutischen Ergebnisse sind letztendlich zu erwarten?“ Diese und viele andere Fragen haben Zahnmediziner zum Thema Sprach- und Myofunktionsstörungen, wie sich aus der Resonanz zum damaligen Beitrag ergeben hat. Ganz besonders interessieren Zahnärzte, Kieferorthopäden und Kinderärzte aber die spezifischen diagnostischen Parameter. Denn sie sind diejenigen, die den Auftrag haben, die Diagnose zu erstellen und den Patienten dann an den entsprechenden Therapeuten zu überweisen.
Eine Antwort auf diese Fragen sollen der entwickelte AuMyo-Check (siehe Kasten) und der dazugehörige Diagnosebogen geben. Beide richten sich gleichermaßen an die Zahnmediziner und an die Therapeuten, damit der interdisziplinäre Gedanke fortgeführt und die „verzahnte“ Arbeit am Patienten auf qualitativ hohem Niveau Verbreitung findet. Mit diesem Test zur Beurteilung der Aussprache und zur Diagnose von Muskeldysbalancen im Gesicht, vor allem der Zungen- und der Lippenmuskulatur, können Zahnmediziner innerhalb von zwei Minuten erkennen, ob die Durchführung des umfangreicheren Bogens nötig ist. Dieser kann dann auch von einer eingearbeiteten zahnmedizinischen Fachangestellten bearbeitet werden.
Abklärung in knapp zehn Minuten
Der Befundbogen beschäftigt sich mit der Diagnostik der Aussprache und des orofazialen Systems. Die Durchführung dauert acht bis zehn Minuten. Dieser zeitliche Aufwand scheint realisierbar, da die Fachdisziplinen der Zahnärzte, der Kieferorthopäden und der Kinderärzte täglich meist mehrere Dutzend Patienten sehen, beraten und behandeln.
Bei 80 Prozent aller auffälligen, behandlungsbedürftigen Patienten sind beide Bereiche (Aussprache und orofaziales System) betroffen und die Störungen miteinander vergesellschaftet. Sind die primären Artikulationsorgane Zunge (Fall 3, Abbildungen 9 bis 12), Kiefer und Lippen (Fall 1, Abbildungen 1 bis 4) nicht im Gleichgewicht und von pathologischen Bewegungsmustern oder Hypotonien betroffen (Fall 2, Abbildungen 5 bis 8), kann die Aussprache von leichten Lautabweichungen bis hin zu schwersten Lautabweichungen und folglich auch von Ersetzungsprozessen geprägt sein, die zur schweren Sprachunverständlichkeit führen können. Die Diagnosestellung formuliert die Indikation für eine notwendige Verordnung.
Karla PassonBergische Landstr. 42, 51375 Leverkusen E-mail:Die Autorin ist Diplom-Sprachheilpädagogin und Myofunktionstherapeutin und seit 19 Jahren in eigener Praxis in Leverkusen niedergelassen. Ihr Hauptschwerpunkt ist die Myofunktionstherapie, die sie in enger Zusammenarbeit mit Zahnärzten, Kieferorthopäden und Kinderärzten durchführt.