Volker Looman über falsche Versicherungsnehmer

Todesfälle können für den Fiskus lukrative Geschäfte sein

Volker Looman

Der Abschluss hoher Risikolebensversicherungen scheint in vielen Familien (k)ein Problem zu sein. Der Mann ist, falls er der Ernährer ist, sowohl Versicherungsnehmer als auch Versicherter. Der Zweite oder Dritte im Bunde ist der Begünstigte – in der Regel die Ehefrau. Erkennen Sie sich in dieser „Gemengelage“ wieder? Dann sollten Sie diesen Aufsatz mit größter Aufmerksamkeit lesen: Die Gefahr ist groß, dass bei Ihnen im Fall der Fälle nicht nur bittere Tränen fließen werden, sondern dass Sie vor Wut auch einen Tobsuchtsanfall bekommen.

Ein erfolgreicher Zahnarzt ist 50 Jahre alt. Der Mann liebt die Frauen und das Leben. Er ist zum zweiten Mal verheiratet, doch auch dieser „Durchgang“ scheint nicht die richtige Wahl gewesen zu sein. Der Mann lebt seit einiger Zeit mit der dritten Frau zusammen, und das ist alles nicht ohne Folgen geblieben. Ich meine damit nicht, was Sie jetzt vermuten, sondern ich meine die drei Lebensversicherungen, die der Mann seinen Damen zuliebe abgeschlossen hat. Die frühere Ehefrau würde, wenn der Zahnarzt ums Leben käme, zwei Millionen Euro bekommen, weil die Police nach der Scheidung nicht gekündigt worden ist. Die jetzige Ehefrau würde nach dem Tod ihres Mannes drei Millionen Euro erhalten. Die aktuelle Frau würde beim Ableben ihres Freundes eine Million Euro bekommen.

Die Versicherungen müssten an die drei Frauen sechs Millionen Euro auszahlen. Da würden beim Finanzamt die Sektkorken knallen. Die Behörde dürfte sich über „Mehreinnahmen“ von 1.170.720 Euro freuen, weil der Verblichene beim Abschluss der Lebensversicherungen den katastrophalen Fehler begangen hat, sowohl „Versicherungsnehmer“ als auch „Versicherter“ zu sein. Das würde bei den „Begünstigten“ zu Erbschaften und Schenkungen führen, die mächtig ins Geld gehen: Die Exfrau erhielte zwei Millionen Euro. Sie hat nach Klasse II des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) einen Freibetrag von lediglich 20.000 Euro. Von den restlichen 1.980.000 Euro sind 30 Prozent beziehungsweise 594.000 Euro an die Staatskasse abzuführen. Die aktuelle Ehefrau „dürfte“ von ihren drei Millionen Euro zwei Freibeträge von insgesamt 756.000 Euro abziehen. Die restlichen 1.488.000 Euro wären mit 19 Prozent zu versteuern, so dass „nur“ 282.720 Euro an den Fiskus gingen. Die dritte Frau gehört zu den „sonstigen“ Personen, was niedrige Freibeträge und hohe Steuern zur Folge hat. Sie würde mit 294.000 Euro zur Ader gelassen.

Bitte glauben Sie nicht, dieses Problem sei das „Privileg“ betuchter Stände. Dieselbe Schwierigkeit taucht in allen Haushalten auf, in denen Männer und Frauen ohne Trauschein zusammenleben. Ein junger Zahnarzt lebt mit seiner Freundin in wilder Ehe. Das Paar hat zwei Kinder, die Frau würde gerne heiraten, doch der Mann ziert sich, weil er sich schon einmal die Finger verbrannt hat.

Wenigstens hat er zugunsten der Mutter eine Risikolebensversicherung über anderthalb Millionen Euro abgeschlossen, damit der Anhang nach seinem Ableben finanziell nicht unter die Räder kommt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dem Paar nicht bewusst ist, dass diese „Gestaltung“ der Lebensversicherung im Fall der Fälle mal eben 444.000 Euro kostet. Die Mutter ist wie die Freundin des ersten Zahnarztes ein „Fall“ für die dritte Klasse des Erbschaftsteuergesetzes. Der Freibetrag liegt bei 20.000 Euro, der Steuersatz beträgt 30 Prozent, so dass die Police nach Steuern nur noch 1.056.000 Euro wert ist.

Wer solche „Spenden“ ans Finanzamt vermeiden will, muss schnell was ändern. Entscheidend ist die strikte Trennung zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem. Identisch sein müssen Versicherungsnehmer und Begünstigter. Das heißt im Klartext, dass bei beiden Zahnärzten die Frauen zu Versicherungsnehmerinnen „gemacht“ werden müssen. Dann fiele beim Tod des Versicherten keine Erbschaftssteuer an, weil die Frauen die „Besitzerinnen“ sind.

Die Umstellung der Verträge kostet einen Brief an die Versicherung und Porto. Das einzige Problem, das bei der Umstellung auftauchen kann, ist die Tatsache, dass die (künftigen) Besitzer(innen) für die Bezahlung der Prämien verantwortlich sind. Bei den Damen des ersten Zahnarztes würde sich die Sache für die Frauen in meinen Augen nur rechnen, wenn der Gesundheitszustand des Mediziners heikel bis schlecht ist. Sonst würde das Geld wie beim Lotto mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen werden.

Im zweiten Fall scheinen die Verhältnisse – abgesehen von der wilden Ehe – ganz in Ordnung zu sein. Folglich kann ich der Mutter nur raten, die Prämien auch zu bezahlen. Wenn die Beziehung richtig gut ist, kann der Mann seiner Freundin das Geld für die Prämien in die Hand drücken.

Bis zu einem Betrag von 20.000 Euro ist das „Geschenk“ steuerfrei, und wenn die Summe der Prämien höher ist, sollte der Mann bei Gelegenheit noch einmal über die (zweite) Ehe nachdenken. Sie würde ihm eine glückliche(re) Frau und einen Freibetrag von 500.000 Euro bescheren. Das sind doch handfeste Vorteile – oder was meinen Sie zu dieser Überlegung?

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

Volker Looman

Der Autor ist freiberuflicher Finanzanalytiker in Stuttgart. Jede Woche veröffentlicht er in der FAZ einen Aufsatz über Geldanlagen. Außerdem unterstützt er Zahnärzte auf Honorarbasis bei der Gestaltung des Privatvermögens.

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