Gewalt gegen Zahnärzte

„Ich weiß, wo du wohnst“

Pöbelnde Patienten und aggressive Angehörige finden sich nicht mehr nur in der Notaufnahme und im Bereitschaftsdienst: „Beschimpfung wegen angeblicher Fehlbehandlung“, „im Wartezimmer herumgebrüllt“ – sogar von Kämpfen mit Patienten können Zahnärzte berichten. Sind dies Einzelfälle oder wird die zunehmende Gewaltbereitschaft unterschätzt?

„Erst vor wenigen Wochen rief eine Zahnärztin an, die von einem Patienten in den Arm gebissen wurde, weil sie seinen Forderungen nicht gefolgt war. Eine andere Zahnärztin wurde mit Instrumenten vom Tray beworfen“, berichtet eine Angestellte der Zahnärztekammer Niedersachsen. Ähnliches erzählen die Kollegen in Schleswig-Holstein. Hier sah sich ein Zahnarzt auf dem Ärzte-Bewertungsportal Jameda plötzlich einem regelrechten Shitstorm ausgesetzt, weil sich ein Patient über eine Rechnung geärgert hatte. „Unfreundlich und inkompent“ beschimpfte er den Zahnarzt und verteilte die schlechtesten Noten auch für Bereiche, die mit der Behandlung nichts zu tun hatten. Darüber hinaus forderte er öffentlich andere Patienten dazu auf, eine andere Praxis aufzusuchen. Erst die Ankündigung des Zahnarztes eine Strafanzeige wegen Verleumdung stellen zu wollen, ließ den Patienten einlenken: Die Einträge wurden gelöscht, die Rechnung bezahlt.

Immer wieder hört und liest man in den Medien von solchen Fällen* – systematische Untersuchungen zur Häufigkeit und zur Ausprägung aggressiven Verhaltens gegenüber Zahnärzten hierzulande fehlen jedoch. Anders bei den Ärzten: Eine bundesweite Befragung, veröffentlicht als Originalarbeit im Deutschen Ärzteblatt [Vorderwülbecke F. et al.: Aggression und Gewalt gegen Allgemeinmediziner und praktische Ärzte, DtschArztebl Int, 2015], liefert erstmals Ergebnisse zur Aggression und Gewalt gegen Allgemeinmediziner und praktische Ärzte in Deutschland. Demnach waren 73 Prozent der Befragten in den vergangenen zwölf Monaten mit aggressivem Verhalten von Patienten konfrontiert.

Studie untersucht erstmals Gewalt gegen Hausärzte

Die systematische Untersuchung war angelegt als Zufallsstichprobe in Form einer einmaligen postalischen Befragung von 1.500 Allgemeinmedizinern und praktischen Ärzten mit anonymisierter Auswertung. Die Grundgesamtheit umfasste alle in Deutschland zum Erhebungszeitpunkt im Oktober 2013 niedergelassen tätigen Fachärzte für Allgemeinmedizin und praktische Ärzte.

Ziele der durch die Ethikkommission der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München geprüften Untersuchung waren:

  • das allgemeine Sicherheitsgefühl zu erfassen, das Hausärzte in der Praxis, auf Haus-/Heimbesuch und im Bereitschaftsdienst (Praxis und Hausbesuch) erleben,

  • den Anteil von Hausärzten zu ermitteln, die jemals in ihrer professionellen Tätigkeit mit verschiedenen aggressiven Verhaltensweisen konfrontiert wurden,

  • die Häufigkeit solcher Vorfälle in den zwölf Monaten vor der Befragung zu ermitteln,

  • sowie den schwerwiegendsten aggressiven Vorfall des jeweiligen Befragten mit Erfassung der Tatumstände, von Merkmalen des Täters und der Tatfolgen zu dokumentieren.

Per Fragebogen wurde ermittelt, ob Aggression jemals, in den vergangenen zwölf Monaten und – wenn ja – wie häufig in den vergangenen zwölf Monaten erlebt wurde. Folgende Formen der Aggression wurden dabei unterschieden:

  • Beleidigung/Beschimpfung [= leichte Aggressionsform]

  • Bedrohung/Einschüchterung [= mittelschwere Aggressionsform]

  • leichte körperliche Gewalt (Schubsen, Bedrängen, Festhalten) [= mittelschwere Aggressionsform]

  • ausgeprägte körperliche Gewalt (Beißen, Schlagen, Treten, Würgen) [= schwere Aggressionsform]

  • Bedrohung mit Gegenstand oder Waffe [= schwere Aggressionsform]

  • Angriff mit Gegenstand oder Waffe [= schwere Aggressionsform]

  • sexuelle Belästigung (anzügliche Bemerkungen und Gesten; Grapschen außer Brüste und Genitalien) [= mittelschwere Aggressionsform]

  • sexueller Missbrauch (Grapschen von Brüsten und Genitalien; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) [= schwere Aggressionsform]

  • Sachbeschädigung/Diebstahl [= mittelschwere Aggressionsform]

  • Zudem wurden Rufschädigung, Verleumdung, falsche Aussagen auf Ärzteportalen im Internet und Stalking erfragt.

Von den 1.500 Aussendungen wurden 1.408 Ärzte erfolgreich angeschrieben, 835 Teilnehmer sendeten ausgefüllte Fragebögen zurück. Da protokollgemäß bei der Analyse das Geschlecht mitberücksichtigt wurde, mussten vier Fragebögen ohne Geschlechtsangabe aus der Auswertung ausgeschlossen werden. Somit beruhen die folgenden Ergebnisse auf den Angaben von 831 Teilnehmern – dies entspricht 59 Prozent der erfolgreich Angeschriebenen.

40 Prozent der Antwortenden waren Ärztinnen, 60 Prozent Ärzte. Die Ärztinnen waren im Mittel seit 19 Jahren hausärztlich tätig, die Ärzte seit 22 Jahren. Ärztinnen waren etwas häufiger in Großstädten tätig und führten durchschnittlich weniger Hausbesuche durch als ihre männlichen Kollegen.

73 Prozent der Befragten berichten von Gewalt

Aus den Ergebnissen geht hervor, dass beinahe jeder Befragte in seiner Laufbahn bereits Erfahrungen mit Aggression in irgendeiner Form gemacht hat. In den zwölf Monaten vor der Befragung war mehr als die Hälfte leichter oder mittelstarker Aggression ausgesetzt. Mehr als jeder zehnte Hausarzt war in diesem Zeitraum mit schwerer Aggression oder Gewalt konfrontiert. Die Ergebnisse im Detail:

Sicherheitsgefühl beim Bereitschaftsdienst sinkt:

In ihren Praxisräumen und bei Heimbesuchen fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Antwortenden sicher oder sehr sicher. Ärztinnen fühlen sich jedoch seltener sehr sicher als Ärzte (58 versus 70 Prozent in den Praxisräumen und 63 versus 73 Prozent beim Heimbesuch).

Bezogen auf Hausbesuche oder Bereitschaftsdienste in der Praxis ist der Anteil der Teilnehmer, die „teils-teils“, „eher nicht sicher“ oder „gar nicht sicher“ ankreuzten, höher: bei den Ärztinnen 16 Prozent (Hausbesuch) und 31 Prozent (Bereitschaftsdienst in der Praxis), bei den Ärzten 9 Prozent beziehungsweise 20 Prozent. Zu den Fragen nach dem Sicherheitsgefühl bei den Hausbesuchen während eines Bereitschaftsdienstes steigen die entsprechenden Antworthäufigkeiten auf 66 Prozent bei den Ärztinnen und 34 Prozent bei den Ärzten.

Nahezu jeder Befragte hat bisher aggressives Verhalten erlebt:

9 Prozent der Teilnehmer haben in ihrer Laufbahn nie aggressives Verhalten erlebt, 27 Prozent nie in den vergangenen zwölf Monaten. Dementsprechend berichteten 91 Prozent der Teilnehmer, irgendwann in ihrer hausärztlichen Laufbahn mit aggressivem Verhalten in irgendeiner Form konfrontiert gewesen zu sein, für die vergangenen zwölf Monate gaben dies 73 Prozent an.

Leichte aggressive Vorkommnisse wurden von 79 Prozent der Teilnehmer irgendwann und von 54 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten erlebt. Ärztinnen waren hier etwas häufiger betroffen als Ärzte (60 versus 51 Prozent). Bei mittelschweren Vorkommnissen lagen die Zahlen bei 81 Prozent (jemals aggressives Verhalten erlebt) und 58 Prozent (in den vergangenen zwölf Monaten aggressivem Verhalten ausgesetzt), bei schweren bei 23 Prozent (jemals) und 11 Prozent (in den vergangenen zwölf Monaten; ohne signifikanten Geschlechtsunterschied).

Aggressive Vorfälle kommen am meisten in der Praxis vor:

Absolut gesehen (also ohne Berücksichtigung der am jeweiligen Ort verbrachten Arbeitszeit) sind aggressive Vorfälle in der Praxis besonders häufig (85 Prozent jemals und 63 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten). Beim Hausbesuch (33 Prozent beziehungsweise 14 Prozent), beim Heimbesuch (23 Prozent beziehungsweise 9 Prozent), während des Bereitschaftsdienstes in den Praxisräumen (30 Prozent beziehungsweise 16 Prozent) oder beim Hausbesuch im Rahmen des Bereitschaftsdienstes (39 Prozent beziehungsweise 19 Prozent) waren diese deutlich seltener.

Am häufigsten kommt es zu Beleidigungen und Beschimpfungen:

Beleidigungen und Beschimpfungen waren mit Abstand die am häufigsten berichteten Vorfälle. So gaben 73 Prozent der Teilnehmer an, irgendwann einmal, und 48 Prozent, im vergangenen Jahr in der Praxis beleidigt oder beschimpft worden zu sein. Sachbeschädigung oder Diebstahl (54 Prozent beziehungsweise 34 Prozent) sowie Rufschädigung oder Verleumdung im Internet (48 Prozent beziehungsweise 31 Prozent) wurden ebenfalls häufig genannt. Sexuellen Belästigungen waren insbesondere Ärztinnen ausgesetzt (25 Prozent beziehungsweise 15 Prozent).

Drei Viertel berichten von körperlicher Gewalt:

449 Teilnehmer machten weitergehende Angaben zu dem Vorfall, den sie selbst als den gravierendsten in ihrer ärztlichen Laufbahn empfanden. 310 Teilnehmer schilderten die Vorfälle in einem Freitextfeld mehr oder weniger genau. 67 Schilderungen betrafen Beleidigungen, 54 Bedrohungen, 74 körperliche Gewalt oder Randalieren, 45 Gewalt mit Waffen oder Gegenständen und 70 verschiedene andere Ereignisse.

Aus Arztsicht wurden 38 Prozent der 449 Vorfälle als leicht, 41 Prozent als mittelschwer, 16 Prozent (73 Fälle) als schwer und 4 Prozent (19 Fälle) als sehr schwer angesehen. In 13 Prozent der Fälle waren die betroffenen Ärztinnen/Ärzte ängstlich, in 6 Prozent sehr ängstlich. 58 Prozent der Vorfälle ereigneten sich in der Praxis, 19 Prozent beim Hausbesuch während des Bereitschaftsdienstes und 12 Prozent bei normalen Hausbesuchen.

Die Täter sind meist männlich, alkoholisiert und/oder psychisch erkrankt:

In vier von fünf Vorfällen waren die Täter männlich. Die Täter kamen aus den unterschiedlichsten Altersgruppen. Alkohol, Drogen, psychische Erkrankungen oder eine Kombination von zwei beziehungsweise allen dreien dieser Faktoren spielten in etwa der Hälfte der Fälle (51 Prozent) eine Rolle, in weiteren 15 Prozent konnte dies zumindest nicht ausgeschlossen werden.

In 90 Fällen (20 Prozent) führte der Vorfall zu einer Meldung beziehungsweise Anzeige bei der Polizei, in zwölf Fällen (3 Prozent) entstand ein seelischer, in zwei Fällen ( 1 Prozent) ein körperlicher Schaden. 81 Betroffene (18 Prozent) änderten aufgrund des Vorfalls ihren Umgang mit Patienten.

Kein Zusammenhang zwischen Arztmerkmalen und Vorfällen:

In den multivariaten Regressionsanalysen zeigte sich kein Zusammenhang zwischen den Arztmerkmalen Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund sowie Art und Ort der Praxis mit dem Bericht eines schwerwiegenden aggressiven Vorkommnisses. Lediglich eine finanziell eher schwache Praxisklientel war mit einer solchen Erfahrung leicht assoziiert.

Ein geringeres Sicherheitsgefühl war dagegen unabhängig von den einzelnen Tätigkeitsorten deutlich mit den Arztmerkmalen weibliches Geschlecht und dem Erlebnis eines schwerwiegenden aggressiven Vorkommnisses in der Vergangenheit assoziiert. Höheres Alter und eine Großstadtlage der Praxis zeigten mit drei beziehungsweise zwei Tätigkeitsorten eine signifikante Assoziation.

Muss der Notdienst anders organisiert werden?

„Hausärztinnen und -ärzte in Deutschland sollten sich darauf vorbereiten, dass sie im Verlauf ihrer Tätigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit Formen von Aggression gegenüberstehen werden“, schlussfolgern die Studienautoren. Als besonders problematisch identifizieren sie den Bereitschaftsdienst: „Geht man davon aus, dass das befragte Kollektiv circa ein Zehntel seiner Arbeitszeit im Bereitschaftsdienst verbracht hat, sind aggressive Vorkommnisse dort jedoch relativ gesehen am häufigsten“, heißt es im Fazit der Studie. Und weiter: „Die Verknüpfung des Ergebnisses, dass schwere Aggressionsformen im Bereitschaftsdienst (Hausbesuch) relativ häufiger vorkommen mit den Schilderungen eines schlechten Sicherheitsgefühls (vor allem der befragten Ärztinnen), zeigt, dass hier ein besonderer Problembereich in der hausärztlichen Tätigkeit liegt.“

Gilt dies auch für den zahnärztlichen Notdienst? Eine Umfrage der Ärztekammer des Saarlands, Abteilung Zahnärzte, mit insgesamt 69 Teilnehmern, darunter 43 Zahnärzte und 24 Zahnärztinnen, hat keinerlei Gefahrenpotenzial erkennen lassen. „Noch nie“ wurde der Mehrheit der Befragten von Patienten mit Gewalt gedroht. Ein anderes Bild zeichnet die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt. Sie hat Ende 2016 ihre Mitglieder gefragt, ob sie im Notdienst schon einmal eine bedrohliche Situation erlebt haben. Das Ergebnis: Jeder vierte Befragte bejahte diese Frage – allesamt Frauen.

Sicher bei der Arbeit im Notdienst fühlt sich demnach nur eine Zahnärztin, fast 73 Prozent sagen, es ginge so, ein Viertel fühlt sich gar nicht sicher. Bei den Männern zeigt sich ein völlig anderes Bild: 60 Prozent fühlen sich total sicher, 40 Prozent sagen, es ginge so. Knapp die Hälfte der befragten Zahnärztinnen hat schon einmal von Kollegen Berichte über bedrohliche Situationen im Nachtdienst gehört – bei den Männern nur jeder Fünfte. Wohl wegen dieser Unsicherheit hat mehr als jede zweite befragte Zahnärztin Maßnahmen ergriffen, um sich im Notdienst besonders zu schützen: vom anwesenden Ehemann über den beauftragten Sicherheitsdienst und das Mitführen von Tränengas bis hin zur Behandlung nur noch mit Assistenz reichen dabei die Maßnahmen.

Richtiges Verhalten gegenüber aggressiven Patienten

  • Ein verletztes Schamgefühl seitens der Patienten, empfundene Informationsdefizite, aber auch die Sorge Angehöriger um Familienmitglieder sind oft der Auslöser für aggressives Verhalten.

  • Beleidigungen sind ein Warnzeichen dafür, dass der Patient die Contenance verliert und in der Folge vielleicht auch körperlich rabiat wird.

  • Werden diese Signale ignoriert, besteht die Gefahr, dass die Situation eskaliert.

  • Wenn eine rhetorische Deeskalation nicht funktioniert, denken Sie daran: Es ist schwierig, wildfremde Menschen richtig einzuschätzen. Sie wissen nicht, ob und wann die Person in die Luft geht.

  • Kommt es zu Gewaltandrohungen: Gewalttäter haben immer ein Drehbuch im Kopf. Funken Sie dazwischen! Das bringt den Täter aus dem Konzept.

  • Versuchen Sie Zeit zu gewinnen: Ein (simulierter) eingehender Anruf auf Ihrem Handy oder ein Taschenalarm mit schrillem Signalton überrascht oder erschreckt den Täter. Der Alarm informiert zudem die Öffentlichkeit.

  • Vorsicht vor Pfefferspray! Im schlimmsten Fall wird Ihnen die Dose entwendet und Sie werden selbst damit angegriffen.

  • Am wichtigsten ist, das Gefühl der eigenen Hilfslosigkeit zu verarbeiten.

Auszug aus einem Podcast-Interview auf via medici mit Dr. Martin Eichhorn, Spezialist für Gewaltprävention im medizinischen Bereich.

83,3 Prozent der Männer halten die Aufregung dagegen für übertrieben. Ähnlich gegensätzlich fällt die Antwort auf die folgende Frage aus: Gehen Sie davon aus, dass es in den kommenden Jahren mehr bedrohliche Situationen im nächtlichen Notdienst geben wird? Ja, auf jeden Fall, sagen knapp zwei Drittel der befragten Zahnärztinnen, drei Viertel der Männer glauben das hingegen nicht.

Sicher nur mit Ehemann oder Tränengas

Müsste der zahnärztliche Notdienst vor diesem Hintergrund künftig anders organisiert werden? Auch diese Frage stellte die ZÄK Sachsen-Anhalt ihren Mitgliedern. Bejaht wurde sie von einem Drittel der befragten Frauen, mehr als 80 Prozent der Männer hielten von dieser Idee jedoch nichts.

Der nächtliche Notdienst spaltet damit die Geschlechter – während jede vierte Zahnärztin schon einmal bedrohliche Situationen erlebt hat und sich nicht mehr sicher fühlt und jede zweite Schutzmaßnahmen ergriffen hat, sind die Männer deutlich entspannter. Es sei unverantwortlich, junge Frauen den nächtlichen Notdienst übernehmen zu lassen, heißt es in einem Barometer-Bogen. Man könne aber auch nicht verlangen, dass die Partner oder Ehemänner mit dabei seien.

„Hier besteht Handlungsbedarf, zumindest für die Nacht!“, schreibt eine Zahnärztin und schlägt vor, Sperrzeiten nach Berliner Vorbild einzuführen oder Notfallpatienten an die Universitätsklinik zu verweisen.

Auch die Autoren der Studie zu Gewalt gegenüber Hausärzten raten zu einem Umdenken: „Während zum Beispiel in Australien bereits 2009 ein Sicherheitsprogramm für Allgemeinärzte (General Practice – a safe place) durch das Royal Australien College of General Practitioners (RACGP) eingeführt wurde, scheint die Problematik in Deutschland bislang in der (Fach-)Öffentlichkeit eher nicht wahrgenommen worden zu sein. Aufgrund der erhobenen Daten erscheint es jedoch angebracht, das Thema in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung zu implementieren und Konzepte zum professionellen Umgang mit Aggression zu finden.“ Die in weiten Teilen Deutschlands übliche Praxis, Ärztinnen und Ärzte im Bereitschaftsdienst alleine und ohne jegliche Sicherheitsstruktur zu meist unbekannten Patienten zu schicken, sollte – so das Fazit der Untersuchung – „kritisch hinterfragt werden“.

Ein Ansatz könnte den Autoren zufolge der Einsatz von medizinisch geschulten Fahrern sein, die auch die Besuche begleiten: „Gerade auch im Hinblick auf den hohen Anteil von Ärztinnen im hausärztlichen Nachwuchs müssen hier Lösungen gefunden werden, die eine verbesserte Sicherheit für die eingesetzten Medizinerinnen und Mediziner garantieren. Darüber hinaus ist eine weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema wünschenswert, um zum Beispiel Auslöser von Aggression im hausärztlichen Behandlungskontext zu erforschen.“

* Mehrere Kammern und KZVen konnten keine Angaben zum Thema „Gewalt gegen Zahnärzte“ machen. So schreiben die KZV Sachsen und die ZÄK Sachsen: „Nur sehr selten erreichen uns Fallberichte von psychischer und/oder physischer Gewalt. Aus Notdiensten ist kein solcher Fall bekannt.“ Die KZVB kann ebenfall keine Häufung derartiger Vorfälle erkennen: „Unserer Einschätzung nach handelt es sich bislang – wenn überhaupt – um Einzelfälle.“ Der KZV Rheinland-Pfalz sind gar keine Fälle bekannt, in denen Zahnärzte mit aggressivem Verhalten konfrontiert wurden.

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