Bürgerversicherung für Beamte

Hamburg und sein trojanisches Pferd

Die Zahnärztekammer Hamburg hat mit scharfer Kritik auf die Bürgerschaftsdebatte zur Öffnung der Gesetzlichen Krankenkassen für Beamte reagiert.

„Der Senat drückt hier ein Konzept durch, das mit erheblichen Haushaltsbelastungen und Risiken für die Beamten verbunden ist“, sagte Kammerpräsident Konstantin von Laffert.

Die Kammer führt folgende Argumente gegen diese bundesweit einmalige Regelung ins Feld:

  • Unklare Folgen und Risiken für Beamte, die das Bundesland wechseln möchten.

  • Rechtliche Bedenken unter anderem des Beamtenbundes im Hinblick auf das Alimentationsprinzip nach Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz.

  • Nach Berechnungen der privaten Krankenversicherer entstehen Mehrkosten pro Beamten von mehr als 1.300 Euro jährlich. Möglicherweise kostet dieses Rot-Grüne Prestigeprojekt den Hamburger Steuerzahler in den nächsten 10 Jahren 90 bis 128 Millionen Euro.

  • Höhere Kosten für alle gesetzlich Versicherten, da von der neuen Regelung in erster Linie Beamte mit vielen Kindern Gebrauch machen könnten, die in der GKV kostenfrei mitversichert wären.

  • Höhere Kosten für bereits privat versicherte Beamten durch Austrocknung der PKV mangels neuer Mitglieder bedingt durch die neue Regelung.

„Sogar sozialdemokratisch regierte Länder wie Rheinland-Pfalz stehen der Öffnung kritisch gegenüber, da sie unabsehbare finanzielle Risiken beinhaltet“, sagte von Laffert weiter. „Nachdem die Bürgerversicherung in einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition in Berlin keine Rolle spielen wird, versucht Hamburg im Alleingang an den Stellschrauben eines der besten Gesundheitssysteme weltweit zu drehen, ohne die Folgen abschätzen zu können“.

Die ablehnenden Reaktionen von Polizisten, Lehrern und Beamtenbund zeigten deutlich, dass die Hamburger Beamten nicht Spielball der Bürgerversicherungsfantasien durch die Hintertür des Senats sein wollen.

Diese Folgen hätte eine Bürgerversicherung auf GOÄ und EBM!

Auf ihrem Sonderparteitag am 21. Januar in Bonn hat die SPD beschlossen, „das Ende der Zwei-Klassen-Medizin einzuleiten“. Der Beschluss im Wortlaut: „Wir wollen das Ende der Zwei-Klassen-Medizin einleiten. Dazu muss sich die Versorgung nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht nach ihrem Versicherungsstatus richten. Hierzu sind eine gerechtere Honorarordnung, die derzeit erhebliche Fehlanreize setzt, sowie die Öffnung der GKV für Beamte geeignete Schritte.“

Was bedeutet das für die GOÄ und den EBM? Dr. Thomas Drabinski, Leiter des Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA) in Kiel, hat drei mögliche Szenarien skizziert. Während die „Öffnung der GKV für Beamte“ das Ende der heutigen Beihilfe zur Folge haben dürfte, lassen die Ausführungen zur „Honorarordnung“ laut IfMDA drei unterschiedliche Interpretationen zum Einstieg in die Bürgerversicherung zu:

1. Die GOÄ-alt (PKV) soll auf das Niveau des EBM (GKV) herabgesetzt werden. Dies würde für den GOÄ-Novellierungsprozess („GOÄ-neu“) bedeuten, dass die Budgets, die derzeit über Anwendung von Transkodierungslisten kalkuliert werden, auf das heutige EBM-Niveau abgesenkt werden.

2. Der heutige EBM wird auf das Niveau der GOÄ-alt hochgesetzt. Hierdurch würden sich die heute ausgezahlten EBM-Vergütungen in etwa verdoppeln.

3. EBM und GOÄ-alt werden verworfen und eine dritte, heute noch unbekannte Honorarordnung wird einheitlich für die ambulante Versorgung der GKV- und PKV-Patienten kalkuliert.

Drabinski: „Die wahrscheinlichste Variante ist Nummer 1, gefolgt von Nummer 3; Nummer 2 ist unwahrscheinlich.“ Seine Schlussfolgerung: „Wie zu erwarten war, ist für die SPD der Beschluss zum Einstieg in die Bürgerversicherung die Ultima Ratio zur Vermeidung eines parteiinternen Kollateralschadens. Damit ist die Wahrscheinlichkeit für einen Koalitionsvertrag mit der Union gesunken, da die Union den Einstieg in eine Bürgerversicherung bisher kategorisch abgelehnt hat.“

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