Investieren Sie in Bessermacher!
Vorbereitend auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar hatte ich bereits in meiner Kolumne in der zm 4 (S. 84–85) zu den Vor- und Nachteilen von Bewertungsplattformen Stellung genommen. Diese sind einerseits mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, bieten andererseits der Zahnarztpraxis in Zeiten gestiegenen Konkurrenzdrucks aber gleichzeitig die Möglichkeit, sich von der Masse abzuheben, bestehenden Patienten eine Feedbackmöglichkeit einzurichten und potenzielle Patienten mit den Vorzügen der Praxis vertraut zu machen.
Der BGH in Karlsruhe hat nun entschieden (zm 5/2018, S. 16–18), der Klage einer Kölner Dermatologin auf Löschung ihrer Daten bei jameda stattzugeben. Aufgrund der auf ihrer Praxisseite angezeigten Werbeprofile von zahlenden Konkurrenten hat jameda nach Ansicht der Richter die für Bewertungsportale gebotene Neutralität verlassen, weil es mit seinem Geschäftsmodell die für Werbung bezahlenden Ärzte und Zahnärzte begünstigt. In diesem Fall stehe die informationelle Selbstbestimmung über der von jameda angestrebten Transparenz auf Meinungs- und Medienfreiheit.
Das Aus für die Bewertungsplattform? Nein! Jameda kündigte umgehend an, die für die Löschung verantwortlichen Premiumanzeigen konkurrierender Ärzte nicht länger anzuzeigen und die entsprechenden Premiumpakete zu überarbeiten. Somit besteht nach Ansicht von jameda-Geschäftsführer Dr. Florian Weiß nicht länger ein Löschgrund, Ärzte und Zahnärzte können weiterhin vollumfänglich auf der Online-Plattform bewertet werden. Tatsächlich hatte auch der BGH eine Speicherung personenbezogener Daten im Rahmen der Bewertung durch Patienten für zulässig erklärt. Damit entspricht der BGH der von mir formulierten Forderung nach Transparenz im ersten Teil meiner jameda-Kolumne. Denn: Als Patient sollte ich die gleichberechtigte Möglichkeit erhalten, Praxen in meiner Region wahrnehmen und beurteilen zu können – unabhängig von der Zahlungsbereitschaft des jeweiligen Arztes.
Die entscheidende Frage: Was macht Sie besser?
Soll man als Praxisinhaber seine Aktivitäten rund um Bewertungsplattformen nun erhöhen, verringern oder gleichbleibend belassen? Das jameda-Urteil des BGH ändert an dieser Betrachtung nicht viel, ich kann mich nur wiederholen: Als Zahnarzt sind Sie an der Zufriedenheit Ihrer Patienten interessiert. Sie betreiben dann die beste Werbung, wenn Sie Ihre Patienten um ein aktives Feedback bitten. Stellen Sie sich also die Frage, was Ihnen, Ihrem Team und Ihrer Praxis dabei hilft, besser und erfolgreicher zu werden. Ein jameda-Profil mit positiven Bewertungen trägt sicherlich dazu bei – insbesondere nach dem jetzigen BGH-Urteil reicht ein kostenfreies Basis-Profil meiner Meinung jedoch aus. Ich empfehle nur Geld für Maßnahmen in die Hand zu nehmen, durch die ein unmittelbarer Effekt oder Mehrwert bewirkt wird.
Auch wenn Online-Empfehlungen heutzutage einen hohen Stellenwert genießen, profitieren Zahnarztpraxen wie viele andere Dienstleister von unmittelbaren Patientenempfehlungen im direkten und erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis. Und hier stehen neben dem Behandler selbst vor allem die Mitarbeiter der Praxis im Vordergrund, da diese im Normalfall den ersten und den letzten Eindruck des Patientenerlebnisses in der Praxis bestimmen. Meine Herangehensweise ist daher, sich immer die folgenden Fragen zu stellen:
Mache ich meine Praxis mit jameda oder XYZ besser?
Mache ich meine Mitarbeiter besser?
Mache ich meine Behandlungen und mich besser?
Die Antworten hierauf überlasse ich jedem selbst. Ich möchte jedoch kritisch anmerken, dass eine Bewertungsplattform wie jameda defizitgetrieben ist, hier also hauptsächlich mit negativen Emotionen gespielt und unterschieden wird. Positive Bewertungen gelten als Grundannahme und werden häufig nicht gewürdigt. Stattdessen laufen Praxen regelmäßig kritischen Bewertungen hinterher und versuchen, diese – soweit möglich – einzudämmen oder zu entfernen, womit wir wieder beim Thema Transparenz wären.
Etliche Studien belegen: Der Erfolg eines Unternehmens ist in den allermeisten Fällen direkt an der Mitarbeiterzufriedenheit und am allgemeinen Arbeitsklima zu erkennen. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellen die Mitarbeiter neben den Kunden den wichtigsten Faktor der unternehmerischen Tätigkeit und Planung dar. Wenn Sie sich also Gedanken über die Zufriedenheit und Empfehlungstätigkeit Ihrer Patienten machen, betrachten Sie im nächsten Schritt unmittelbar Ihr Team, das einen gewaltigen Einfluss auf die Patientengewinnung und – insbesondere – -bindung ausübt. Ich empfehle Ihnen, unabhängig von Patientenumfragen und -bewertungen regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durchzuführen, um die stetige Entwicklung der Praxis und Ihres Teams voranzutreiben. Genau wie die Patienten haben auch Ihre Mitarbeiter ein nachhaltiges Interesse daran, das Patientenerlebnis so optimal wie möglich zu gestalten. Um dies in die Tat umsetzen zu können, wird ein ideales Arbeitsumfeld benötigt.
Eine kleine, aber goldene Investitionsregel
Beispielsweise können gezielte Kommunikationstrainings für einzelne Mitarbeiter, Zeiten für ausführliche Beratungsgespräche oder die bessere Ausstattung des Wartebereichs geplant und durchgeführt werden. Auf diese Weise fühlen sich nicht nur einzelne Mitarbeiter verstanden und wertgeschätzt, auch der allgemeine Motivationsgrad und die Loyalität des Praxisteams steigen (idealerweise) an.
Stellen Sie sich immer die Frage, was Ihre Praxis wirklich besser machen könnte und investieren Sie in diese „Bessermacher“! Daraus ergibt sich die Antwort der besten Möglichkeiten häufig von selbst.
Ich möchte die aktuelle Aufmerksamkeit für Patientenbewertungen daher dazu nutzen, Sie zu bitten, bei der angestrebten „Verbesserung“ nicht die Meinungen Ihrer Mitarbeiter außer Acht zu lassen.
In diesem Sinne ...
Ihr Christian Henrici
Henrici@opti-zahnarztberatung.de
www.opti-zahnarztberatung.de