Gibt es noch Hoffnung für Spaltkind Soorya?
Für ihre Mutter war der Selbstmord ihres Mannes ein harter Schlag, seitdem ist sie auf sich alleine gestellt. Von ihrer Familie erhält sie keine Unterstützung. Im Gegenteil: Sie muss gegen Vorbehalte und Widerstände kämpfen, um ihrer Tochter zu helfen.
Für Alexander Gross nichts Ungewöhnliches: „Aufgrund ihres äußerlichen Anblicks werden Spaltkinder vielfach von ihrer Familie isoliert, im schlimmsten Fall sogar eingesperrt. Die Geburt eines im Gesicht entstellten Kindes stürzt viele Eltern in Hoffnungslosigkeit. Sie sehen in ihrem Spaltkind einen ‚Fluch‘ oder einen Schlag des Schicksals.“ Da sie oft nicht wüssten, dass ihrem Kind mit einer Operation geholfen werden kann, versuchen sie es auch vor Freunden, Verwandten und Nachbarn zu verstecken. Gross: „Tausende Kinder in Entwicklungsländern vegetieren so jahrelang in dunklen Ecken oder Hinterzimmern. Die Eltern sind selbst Opfer der angeborenen Entstellung und handeln aus Scham, Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung und Unkenntnis über Heilungsmöglichkeiten.“
Der Großvater vermutet Organhändler
Als die Mutter auf die Unterstützung des Cleft-Vereins aufmerksam wurde, war Soorya acht Jahre alt: Dr. Naveen Rao, Kooperationspartner des Vereins in Indien und Leiter des Spaltzentrums in Mangaluru, operiert zunächst die Oberlippe des Mädchens. Dies geschieht bereits gegen den Widerstand ihres Großvaters. Der Mann ist misstrauisch, befürchtet seine Enkelin könnte Opfer von Organhändlern werden – und käme dann vielleicht mit nur einer Niere zurück. Hinzu kommt, dass die Familie einer ethnischen Minderheit angehört, für die Operationen und chirurgische Eingriffe nichts Selbstverständliches sind.
Nach dem ersten Eingriff sollte am 21. Mai die Gaumen-OP stattfinden – doch die Patientin erschien nicht zum vereinbarten Termin. Und so leidet Soorya aktuell immer noch an einem offenen Gaumen. Auch der Besuch des Chirurgen zu Hause bei der Familie konnte daran nichts ändern, der Opa verhinderte immer wieder den zweiten Eingriff. Zwar versucht Rao unermüdlich, ihn von dem nötigen Eingriff zu überzeugen – doch bislang erfolglos. Er will sich weiter für das Mädchen einsetzen, er gibt nicht auf.
Dr. Rao wird weiter für die OP kämpfen
„Wir hoffen sehr, dass es ihm noch gelingt, die Familie zu überzeugen“, sagt Gross. „Auch wenn solche Geschichten für uns schon fast zum Alltag gehören, berühren sie uns immer wieder. Und spornen uns an, unsere Arbeit konsequent fortzusetzen und auszubauen.“ Er verweist darauf, dass die Projektorganisation einheimischen Projektpartnern obliegt. Gleiches gelte für die Operationen und Behandlungen der Kinder. „Deswegen sind wir in der Lage, so kostengünstig zu arbeiten und die Operation eines Spaltkindes für nur 250 Euro zu ermöglichen – mit dem Einsatz unserer Partner vor Ort und Spenden können wir gemeinsam dazu beitragen, dass Spaltkinder weltweit eine Chance im Leben bekommen.“
Spaltkinder in Entwicklungsländern
Mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte auf die Welt zu kommen, bedeutet für viele Kinder in Entwicklungsländern ausgeschlossen zu sein und ein Leben lang körperlich und seelisch zu leiden. Von Geburt an ist das Überleben eines Spaltbabys gefährdet: Beim Trinken an der Mutterbrust kann durch die Spaltung des Gaumens kein Unterdruck aufgebaut werden. Nur wenn die Mutter eine spezielle Fütterungstechnik erlernt, kann das Neugeborene aufnehmen. Essen und Trinken bereitet auch älteren Spaltkindern große Probleme. In der Folge sind sie in Entwicklungsländern vielfach unterernährt und erkranken schnell an Infekten.
Bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ist durch den fehlenden Druckausgleich beim Schlucken die Belüftung des Mittelohrs eingeschränkt, was zu Flüssigkeitsansammlungen und in der Folge zu Mittelohrentzündungen führen kann. In medizinisch schlecht ausgestatteten Ländern fehlt es häufig an wichtiger HNO-Versorgung, bei der mit dem operativen Legen von Paukenröhrchen die Flüssigkeitsansammlungen zum Abfließen gebracht werden. Anhaltende Flüssigkeitsstauungen haben fatale Folgen für die Kleinen, deren Sprachentwicklung ohnehin durch die Spalte gestört ist: Sie können schlecht hören und sind dadurch beim Sprechenlernen zusätzlich stark beeinträchtigt.
Deutsche Cleft Kinderhilfe
Deutsche Cleft Kinderhilfe
Die Deutsche Cleft Kinderhilfe (e. V.) setzt sich seit 2002 weltweit für die umfassende Behandlung von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ein. Die wichtigste Aufgabe des Vereins ist es, Operationen von betroffenen Kindern aus armen Verhältnissen zu ermöglichen. Dazu arbeitet der Verein mit Chirurgen, Kinderärzten, Zahnärzten, Kieferorthopäden und Sprachtherapeuten zusammen. Projekte gibt es in Indien, Bangladesch, Afghanistan, Vietnam, auf den Philippinen sowie in Peru, Bolivien, Burundi, Ruanda und Uganda. Deutsches Personal wird nicht im Ausland eingesetzt, so dass keine Gehalts- und Verwaltungskosten für die Projektarbeit vor Ort anfallen. Der Verein unterhält ein Büro in Freiburg sowie eine Präsenz in Bengaluru, Indien.
Alexander Gross, ehemaliger Eishockeyprofi, ist Gründungsmitglied der Deutschen Cleft Kinderhilfe. Der Soziologe führt zudem hauptamtlich die Geschäfte des Vereins.
Hier können Sie spenden:
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE46251205100008484200
BIC: BFSWDE33HAN