Einheitliche Gebührenordnung durch die Hintertür?
Die Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) hat ihren Ergebnisbericht über die Weiterentwicklung der ärztlichen Vergütung vorgelegt. Zwei wesentliche Ergebnisse: Eine einheitliche Gebührenordnung für PKV und GKV bringt mehr Nach- als Vorteile. Und: Sie sieht Reformbedarf sowohl bei der GOÄ als auch beim EBM. Wohlgemerkt: Vorschläge im Bereich von BEMA und GOZ werden hier nicht gemacht. Das war auch gar nicht der Auftrag der KOMV. Und – darauf hatten wir damals hingewiesen – die Strukturen von GOZ und BEMA bieten sich für eine Zusammenführung noch viel weniger an. Dennoch: Wir sollten die Entwicklung im ärztlichen Bereich kritisch begleiten.
Die gute Nachricht zuerst: Die Kommission spricht sich ausdrücklich nicht (!) dafür aus, GOÄ und EBM in einer Einheitsgebührenordnung zusammenzuführen. Trotzdem: Die KOMV spricht von einer „partiellen Harmonisierung“ und die hat es durchaus in sich. Und es gibt weitere Elemente, die aus unserer Sicht zum kritischen Nachdenken führen: Die Kommission schlägt die Gründung eines Gremiums von GKV-Spitzenverband, KBV, BÄK und PKV-Verband vor. Dieses soll die Aufgabe haben, alle ärztlichen Leistungen in Einzel-Leistungsbeschreibungen zu definieren. Dann sollen sie in einer Kostenbewertung untereinander gewichtet werden. Das so gefundene und mit Punktzahlen versehene Leistungsverzeichnis soll dann in den beiden Systemen von GKV und PKV jeweils mit eigenen, individuell festgelegten Preisen versehen werden. Für den privaten Bereich schwebt der Kommission eine GOÄ nicht mehr in Form einer Rechtsverordnung vor. Dieses Verfahren habe sich nicht bewährt. Wer wollte da – mit Blick auf den traurigen GOZ-Punktwert – widersprechen? Die Kommission favorisiert eine GOÄ als Ergebnis einer Verhandlung zwischen der Bundesärztekammer und der PKV. Eine Idee, die ja nicht wirklich neu ist. Vor gut 20 Jahren wurde dieser Ansatz in der Zahnärzteschaft bereits intensiv diskutiert. Er scheiterte an dem Einwand, eine Verhandlungs-Gebührenordnung sei europarechtlich nicht zulässig. Bedenken, die die KOMV ausdrücklich nicht teilt. Sollte die Politik die Empfehlungen tatsächlich aufgreifen, wird sie diesen Punkt einer besonders intensiven Prüfung unterziehen müssen.
Ohnehin stellt sich die Frage, ob eine Verhandlungslösung ein Mehr an Gestaltungsspielraum für die Verbände ergeben wird. Fest steht ja, dass BÄK, PKV und Beihilfe in jahrelanger Konsensarbeit bereits den Vorschlag einer GOÄ-Novelle erarbeitet haben. Das wird wohl für die KOMV als beispielgebend für eine Verhandlungslösung gedient haben. Absolut nachvollziehbar ist jedenfalls, dass BÄK und PKV jetzt fordern, die Umsetzung der GOÄ-neu schnell in die Vorschläge der Honorarkommission einfließen zu lassen. Die Leistungslegendierung für GKV und PKV soll in einem sogenannten Gemeinsamen Leistungsausschuss erfolgen. Und für die Kostenbewertung wäre dann ein Gemeinsames Institut zuständig. Beide, Ausschuss wie Institut, sollen dann durch Vertreter des GKV-Spitzenverbands, der KBV, der BÄK und des PKV-Verbands besetzt sein und – jetzt kommt es – der Rechtsaufsicht durch das BMG unterliegen! Wenn das mal keine Hintertür für eine schleichende Vereinheitlichung ist! Erst in einem nächsten Schritt wären dann dezidierte Unterschiede zwischen GOÄ und EBM ersichtlich, dann nämlich, wenn die Preise der Leistungen zwischen GKV und PKV festgelegt werden.
Natürlich erachten wir es als positiv, dass die KOMV klar sagt, dass eine Zusammenführung von EBM und GOÄ weder geeignet noch notwendig ist, um die Defizite beider Vergütungssysteme zu beseitigen. Doch Achtung: Von einer Einheitsgebührenordnung trennt der KOMV-Vorschlag lediglich der unterschiedliche Preis im vertragsärztlichen und privaten Bereich. Von da aus ist es nicht mehr weit bis zu altbekannten politischen Forderungen von gleicher Leistung zum gleichen Preis. Und wenn man schon bei der verbesserten Vergleichbarkeit von Leistungen ist, ist man ganz schnell auch dabei, die Ärzte in eine Rechtfertigung zu drängen: Sie müssten höhere Preise in der PKV begründen. Das ginge dann wohl nur durch eine Qualitätsdiskussion.
Was aus dem Vorschlag wird, ist völlig offen. Fest steht für uns: Der Vorschlag birgt zwar Chancen, die jahrzehntelange Stagnation im privaten Gebührenbereich zu überwinden. Aber: Die Unterschiede zwischen GOÄ und EBM könnten auch so weit nivelliert werden, dass am Ende eine Einheitsgebührenordnung entsteht. Und davon sind dann die Zahnärzte genauso betroffen. Wir werden also dicht dranbleiben und den Prozess mit fundierten Argumenten begleiten.
Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer
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