Die Frage ist: Eignet sich der Namensgeber für eine Auszeichnung?
Zunächst zu meinem Selbstverständnis und meiner professionellen Rolle bei Fragen der Umbenennung: Als Geschichtswissenschaftler sehe ich meine eigentliche Aufgabe darin, historische Fakten zu ermitteln und zu präsentieren. Eine Umbenennung ist meines Erachtens eine nachgelagerte fachpolitische Entscheidung, keine wissenschaftshistorische. Deshalb würde ich nie sagen: „Sie müssen diese oder jene Umbenennung vornehmen!“ Ebenso wenig: „Sie sollten den Namen beibehalten!“ Auch im Fall Walkhoff gab es keine solche Aufforderung von mir, aber natürlich habe ich versucht, Antworten auf die Frage nach der (partei)politischen Orientierung von Walkhoff zu geben. Die Entscheidung für eine Umbenennung hat die DGZ unter der Leitung des Kollegen Christian Hannig völlig eigenverantwortlich getroffen – und genauso sollte das auch sein.
Fachlichkeit versus Honorabilität
Gern kann ich aber meine persönliche Meinung im Fall Walkhoff äußern: Bei der Beurteilung von Personen werden oft zwei Aspekte vermengt, die wir Geschichtswissenschaftler eigentlich bewusst sehr getrennt halten: die Fachlichkeit und die Honorabilität (= Vorbildcharakter) einer Person.
Wenn wir über die fachlichen Leistungen Walkhoffs reden, sind wir uns gewiss schnell einig: Walkhoff war einer der führenden Zahnmediziner seiner Zeit. Ich kann seine Leistungen nur bewundern! Ich habe jüngst in der „Neuen Deutschen Biografie“ einen Beitrag über Walkhoff geschrieben, der dies auch betont.
Die DGZ hatte aber zu entscheiden, ob sich die Person Walkhoff als Namensgeber für eine Auszeichnung eignet: Hier geht es um die Honorabilität, also um das Wirken der Gesamtpersönlichkeit und insbesondere um die Frage, ob dieser Vorbildcharakter zukommt. Der Preisträger wird in eine Reihe mit einer bestimmten Persönlichkeit – dem Namensgeber – gestellt und sollte diesen Vorgang möglichst als persönliche Auszeichnung und womöglich auch als persönliche Aufwertung wahrnehmen. Das ist ja der tiefere Sinn dieser Ehrungen.
In diesem zweiten Punkt – dem Vorbildaspekt – liegt nun das Problem: Walkhoff ist zwar bereits 1934 verstorben, doch er hat sich schon 1929 in einem demokratischen Umfeld – in der Weimarer Republik – der NSDAP angeschlossen. Dies war zu diesem frühen Zeitpunkt ein klares politisches Statement. Die NSDAP war in der Weimarer Republik zeitweise sogar verboten und als rechtsradikale und antisemitische Partei ohnehin höchst umstritten.
Walkhoff ist damit der Gruppe der „Alten Kämpfer“ zuzurechnen: Dies war eine im Oktober 1933 eingeführte Bezeichnung für Mitglieder der NSDAP aus der „Kampfzeit“ vor der Machtergreifung im Januar 1933, die eine Mitgliedsnummer unter 300.000 führten. Die „Alten Kämpfer“ verstanden sich als (elitäre) nationalsozialistische Kerngruppe. Walkhoff hatte sogar eine Mitgliedsnummer unter 200.000 (Nr. 172.024).
Er war ein überzeugter Nationalsozialist
Zusammengefasst: Walkhoff ist den überzeugten Nationalsozialisten der ersten Stunde zuzurechnen – im Unterschied zu den vielen politischen Opportunisten, die nach Hitlers Machtergreifung der Partei beitraten, weil sie sich hiervon persönliche beziehungsweise berufliche Vorteile versprachen. Ich vermute, dass dies für die DGZ der entscheidende Punkt war …
Es gab übrigens unter den über 300 von mir untersuchten zahnärztlichen Hochschullehrern dieser Zeit kaum jemanden, der sich so früh der NSDAP anschloss – von den bekannteren war es tatsächlich nur Walkhoff.