Planlos in den Herbst?
Deutschland im Sommer 2022, oder besser im Jahr 3 der Corona-Pandemie. Anders als erwartet klettern die Inzidenzen wieder. Neue Virusvarianten sind auf dem Vormarsch und als sicher gilt, dass die Zahlen im kommenden Herbst steigen werden. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und seinen politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen ist die Pandemie in der (medialen) Aufmerksamkeit in den Hintergrund gerückt – was bei persönlicher Betroffenheit schnell anders aussieht. Nun sollte man meinen, dass sich im Jahr 3 ein gewisser Lerneffekt im Umgang mit der Pandemie eingestellt hat – Stichwort „Lessons learned“. Weit gefehlt, wenn man sich die Gesundheitsministerkonferenz anschaut. Während die einen Länder einen Maßnahmenkatalog für den Herbst fordern, möchten andere lieber abwarten und erst einmal die bisherigen Maßnahmen auswerten. Also die bekannte föderale Uneinigkeit, business as usual sozusagen.
Zu Wort hat sich auch Andreas Gassen, des Populismus nicht ganz unverdächtiger KBV-Vorsitzender, gemeldet und sich gegen die Ausweitung der Maskenpflicht und gegen die Fortführung anlassloser Bürgertests ausgesprochen. Es gebe zwar auch jetzt hohe Infektionszahlen, die Erkrankungsverläufe seien aber überwiegend leicht. Deshalb könnten höhere Infektionszahlen allein nicht Grundlage für Maßnahmen sein, „etwa für eine erneute Maskenpflicht“, so Gassens Begründung. Nun ja, dass sich das Tragen von Masken in bestimmten Bereichen als durchaus wirksame und vor allem leicht umsetzbare Maßnahme erwiesen hat, sollte eigentlich zu den Lessons learned gehören und auch leichte Verläufe können langwierige Folgen nach sich ziehen. Das Prinzip „laufen lassen“ erscheint daher jedenfalls nicht das probate Mittel. Hektischer Aktionismus ist wohl für den Herbst vorprogrammiert. Somit nicht viel Neues im Jahr 3 der Pandemie.
In unserer Titelgeschichte beschäftigen wir uns (wieder einmal) mit dem nicht unerheblichen Einfluss von Diabetes mellitus auf die Mundgesundheit. Besonders im Fokus stehen dabei die Zusammenhänge mit parodontalen Erkrankungen. Trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse fehlt jedoch immer noch ein adäquates klinisches Versorgungskonzept, das die patienten-individuellen Risiken systematisch adressiert. In einem zweiteiligen Beitrag zeigen unsere Autoren, wie eine individualpräventive Betreuung und daran anknüpfende Praxiskonzepte aussehen können. In Teil 1 in dieser Ausgabe geht es um die Grundlagen, in der nächsten Ausgabe stehen die klinischen Konsequenzen und die Diabetesfrüherkennung im Mittelpunkt.
In unserem besonderen Fall mit CME befassen wir uns diesmal mit dem Li-Fraumeni-Syndrom, einer seltenen genetischen Erkrankung, die verschiedene Krebsarten begünstigen kann.
In unserer klinisch-ethischen Falldiskussion beschäftigen sich die Autorinnen und Autoren mit der Frage, wie ein in einem MVZ angestellter Zahnarzt mit der Aufforderung des Leitenden Zahnarztes, keine KFO-Fälle mehr zu überweisen, umgehen soll, wenn die nötige Kompetenz aus seiner Sicht im Haus nicht vorhanden ist.
In unserer Rubrik zur Praxisorganisation zeigen wir, welche zentrale Rolle die Schnittstellenkommunikation für einen reibungslosen Praxisablauf spielt. Besonders die Kommunikation zwischen den verschiedenen Schichten und Praxisteilen kann eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen – wird diese nicht gemeistert, droht Informationsverlust, der problematische Folgen haben kann und für Frust im Team sorgt.
Für Frust können auch die Bewertungen auf sogenannten Arbeitgeberbewertungsportalen sorgen, die sich rasant ausbreiten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewerten dort ihre Arbeitgeber – was durchaus einiges Konfliktpotenzial mit sich bringt. Stichwort Patientenbewertungsportale. Wir zeigen, wie sich der Markt entwickelt und wie sich Betroffene gegen Fake-Bewertungen zur Wehr setzen können.
Viel Spaß bei der Lektüre.