Praxisgründung

Er macht die Zähne, sie die Zahlen

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Die heiße Phase hat längst begonnen – ein junges Paar aus Sachsen steht kurz vor der Eröffnung der eigenen Praxis. Ein imposantes Altbauprojekt mit Ecken und Kanten in den Weinbergen im Landkreis Meißen, unweit von Dresden. Während der Umbau nervenaufreibend wird, läuft es mit den Bewerbungen besser als erwartet.

Der 15. Januar 2024 rückt näher. Zahnarzt Dr. Christian Lachmann ist 33, hat in Jena studiert und macht sich gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin Madeleine Fink, 25, selbstständig. Sie eröffnen kurz nach dem Jahreswechsel gemeinsam das „Zahnatelier Radebeul“ in der 35.000-Einwohner-Stadt nahe Dresden. Aus dem jungen Paar werden dann auch beruflich Partner.

Beide sehen darin vor allem Vorteile – die Symbiose von Fachwissen und Unternehmerperspektive. Dabei bringt er die zahnmedizinische Expertise mit und wird noch eine Kollegin anstellen, sie als Praxismanagerin hat die Zahlen im Blick und bald auch das neue Team. Denn Fink hat Finanzwirtschaft studiert und bereits in einer leitenden Position einer großen, internationalen Versicherung gearbeitet. Diese Erfahrungen konnte sie einbringen, so dass sie das Betriebswirtschaftliche im Gründungsprozess nicht abgeschreckt hat – obwohl beide am Ende einiges mehr berappen mussten.

Zwischen Denkmalschutz und moderner Service-Praxis

Zunächst klingt es fast wie im Märchen: An einem Sonntag Anfang dieses Jahres spazieren die beiden durch Radebeul und kommen an einer imposanten alten Villa vorbei. Ein Blickfang – ein spontaner Gedanke: Was wäre das für eine tolle Location für die eigene Praxis! Wie es der Zufall will, ist die Immobilie gerade zur Vermietung ausgeschrieben. Sie bekommen den Mietvertrag und der Standort-Traum wird wahr. Ein Volltreffer möchte man denken.

Doch der Eigentümer, gleichzeitig der Bauunternehmer, hat keinerlei Erfahrung mit den Voraussetzungen für einen Umbau der Räumlichkeiten zu einer modernen Zahnarztpraxis. Zudem muss der Mieter im Souterrain vorübergehend ausziehen, damit die Saug- und Kompressorleitungen in seinen Decken verlegt werden können. Aufwendig! Zudem entpuppen sich die alten Baupläne als ungenau und die Altbauvilla birgt immer wieder neue Überraschungen: Der Umbau kann nur unter strengen Denkmalschutzauflagen stattfinden. Und dann äußert auch noch das Ordnungsamt Bedenken wegen der verkehrsberuhigten Lage.

Auf die strahlende Vision folgt die nervige Phase der Umsetzung. „Für das Traumobjekt mussten wir am Ende viele Kompromisse eingehen, teilweise neu beginnen, weil Planung und Ausführung nicht identisch ineinander übergehen konnten. Und ja, das hat uns Lehrgeld gekostet“, fasst Lachmann zusammen. Und auch mehr Euro als anfangs gedacht. Irgendwas läuft ja leider immer schief. Nicht alles ist planbar. Doch beide bleiben cool. Sie bringen den ganzen Prozess „ziemlich ruhig und gelassen“ über die Bühne, vernetzen sich, saugen alles auf, was Gründer heute wissen müssen.

Beiden ist klar, dass sie ohne die passenden Mitarbeiter – die Lust haben, „Teil der Marke“ zu werden – ihren Traum von der Selbstständigkeit kaum realisieren und ausbauen können. Daher legen sie von Beginn an den Fokus auf geeignetes Personal. Deshalb wollen Sie auch etwas bieten: einen krisenfesten Arbeitsplatz vor dieser besonderen Kulisse der Weinberge, betriebliche Altersvorsorge- und Zusatzleistungen, einen Pausenraum als Rückzugsort mit Lounge-Sesseln, TV und Balkon und – wie im Sommer-Camp der jungen Gründer frisch gelernt – eine berufliche Perspektive mit Weiterbildungsoptionen. Auch das leibliche Wohl der Mitarbeiter sei wichtig, „Deshalb soll es an den langen Öffnungstagen ein kostenloses und gesundes Mittagessen geben“, ergänzt Fink. „Wir investieren auch direkt in eine ergonomische Praxis mit höhenverstellbaren Schreibtischen, modernen Sattelhockern am Patienten.“ Teilzeit ist möglich – auch wenn der Dienstplan dadurch komplexer wird.

Und sie wissen, wen sie suchen: „Mitarbeiter und Kollegen, die mit uns diesen Service-Gedanken leben!“ Das heißt, in der modernen Praxis in den alten Gemäuern soll die Patienten und Angestellten eine Wohlfühlatmosphäre umgeben. „Wir wollen die Praxis als Arbeitsplatz so gestalten, dass die Mitarbeiter gerne dorthin kommen. Das kann man sich als Kreislauf vorstellen: Zufriedene Mitarbeiter, die sich geschätzt, vernünftig bezahlt und gut versorgt fühlen, können auch unsere Patienten gut versorgen. Wir wollen den Service-Gedanken leben – und zwar in beide Richtungen: für die Patienten und das Personal“, so der Praxis-Chef.

Social Media? Heutzutage ein Muss!

Beim Recruiting haben die beiden auf Social Media gesetzt. Sie haben Social Ads geschaltet, um mehr Reichweite und Aufmerksamkeit zu erhalten. Für den Anfang und ein paar professionelle Clips beauftragten sie eine Agentur. Doch seit einiger Zeit nimmt Fink die Social-Media-Arbeit selbst in die Hand. „Ich habe mir ein paar Tutorials angesehen und bin dann einfach mutig aus meiner Komfortzone gesprungen, um den Content zu machen. Ich bin Social-Media-affin und habe daran echt Spaß. Aber klar, als ich das erste Video gedreht habe, war ich aufgeregt und habe mich auch verhaspelt“, so die junge Unternehmerin. „Ich kann nur jedem raten, traut Euch und macht es selbst! Probiert es aus. Das kommt authentisch rüber.“ Wie es dann im Praxisalltag wird, ob da noch genug Zeit bleibt, das müsse man sehen, fügt Lachmann hinzu.

Die Initiative auf Facebook und Instagram wurde belohnt: Auf sechs ausgerufene Stellen für ZFA, ZMP und einen angestellten Zahnarzt kamen 68 Bewerbungen aus der Region, größtenteils über die beiden Social-Media-Plattformen. Und wie bewältigt man deren Beantwortung? „Vorrangig per Telefon. Das wollen offensichtlich auch die Bewerber so. Es ist für beide Seiten eine zeitsparende Möglichkeit, sich kurz kennenzulernen, abzuklopfen, ob die Konditionen und Eckdaten passen und auch ob Sympathie da ist“, erklärt der Zahnarzt den Griff zum Handy. Das sei heute eben anders als noch vor einigen Jahren, als man recht aufwendig und sorgsam seine Bewerbungsmappe zusammengestellt hat. „Heute geht das viel einfacher. Durch das Vorabgespräch sondieren die Bewerber quasi, ob sich der Aufwand einer Bewerbung im Anschluss für sie lohnt.“ Nun steht das Team, ihre größte Sorge hat sich damit in Luft aufgelöst.

Und was werden sie tun, wenn es mal ruckeln wird bei der Zusammenarbeit? Wenn man die Arbeit mit nach Hause nimmt und ins Private transportiert? Beide wollen ihre Gedanken und Bedenken offen ansprechen, sie sehen in der Zusammenarbeit auch eine kontinuierliche Entwicklung. „Die Fähigkeit, flexibel zu sein und sich an Veränderungen anzupassen, ist entscheidend, um langfristig erfolgreich zusammenzuarbeiten.“

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