Der lange Weg in die Versorgung
In dieser Ausgabe berichten über unter anderem über ukrainische Zahnärzte und Ärzte und ihren langen Weg bis zur Approbation. Dass diese Qualifikation und Berufszulassung ein hohes Gut ist, wird niemand anzweifeln. Die hohen Standards unserer Heilberufe sind zurecht etwas, auf das man mit Stolz blicken kann. Aber dass es nach Antragstellung bis zu drei Jahre dauert, bis Heilberufler aus Drittstaaten ihre Approbation in den Händen halten, ist schwer verständlich. Uns sollte daran gelegen sein, hochqualifizierte Menschen, die langfristig in Deutschland leben und arbeiten möchten, möglichst schnell – unter Wahrung unserer Qualitätsstandards – den Weg ins Berufsleben zu ebnen. Denn einerseits hat Arbeit eine große sinnstiftende Funktion und ist erforderlich, um sich und seine Familie ernähren zu können, andererseits brauchen wir mit Blick auf die bevorstehende Überalterung der Ärzte- und Zahnärzteschaft dringend Fachkräfte in der Versorgung. Neben zahlreichen anderen bürokratischen Hindernissen ist es vor allem die Prüfung der einzureichenden Unterlagen, die den Prozess verzögert. Einerseits ist es für die Antragsteller häufig schwer, die geforderten Unterlagen zu beschaffen, besonders wenn sie aus einer Krisenregion wie der Ukraine oder Syrien geflohen sind. Andererseits ist die Überprüfung äußerst aufwendig. Und auch das ist kein Geheimnis: Papier ist geduldig. Ob die bescheinigten Kenntnisse wirklich vorhanden sind, ist nicht selten fraglich. Ärztliche und zahnärztliche Standesvertretungen wie die Bundeszahnärztekammer plädieren deshalb schon länger dafür, neben dem Nachweis der notwendigen Sprachkenntnisse primär auf eine fachliche Kenntnisprüfung zu setzen. Eine aktuelle Bundesratsinitiative zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren geht in dieselbe Richtung. Diese Reform der Anerkennungsverfahren sollte im Sinne aller Beteiligten dringend vorangetrieben werden.
Um den Weg in die deutsche Versorgung zu finden, setzen Gruppen ausländischer Zahnärztinnen und Zahnärzte auch verstärkt auf gegenseitige Unterstützung. Sehr schön zu sehen war dies bei der kürzlich in Berlin abgehaltenen 3. Jahreskonferenz arabischer Zahnärzte in Deutschland. Hervorgegangen ist diese Veranstaltung aus einer inzwischen rund 20.000 (!) Personen umfassenden Facebook-Gruppe. Darin hatten sich arabische Zahnärztinnen und Zahnärzte zusammengefunden, um sich gegenseitig beim Start ins deutsche Berufsleben zu unterstützen. Wir haben mit einem der Organisatoren der Konferenz, dem Oralchirurgen Dr. Muhammad Shehadeh, über deutsche Bürokratie, Wege der Integration und das aktuelle politische Klima gesprochen.
In unserer zahnmedizinischen Titelgeschichte beschäftigen wir uns diesmal mit dem Einsatz von Silberdiaminfluorid bei bestimmten Patientengruppen, vor allem Kindern. In diesem Übersichtsartikel stellen unsere Autorinnen und Autoren ausführlich die Möglichkeiten und Grenzen des „Zauberlacks“ bei der Kariesbehandlung, bei der Reduktion von Überempfindlichkeiten und als Alternative zu herkömmlichen restaurativen Behandlungen dar.
Außerdem stellen wir in dieser Ausgabe das Tübinger Konzept zur kieferorthopädischen Therapie von Säuglingen mit kraniofazialen Anomalien wie Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, Trisomie 21 und Robin-Sequenz vor. Das Besondere dabei ist der digitale Workflow.
Darüber hinaus berichten wir in diesem Heft vom World Dental Congress 2024, der Anfang September in Instanbul stattfand. Im Mittelpunkt standen dabei der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Zahnmedizin und der zu hohe Zuckerkonsum von Kindern.
Viel Spaß bei der Lektüre
Sascha Rudat
Chefredakteur