Aus der Wissenschaft

Was ist besser für die direkte Überkappung: PRP und PRF oder MTA?

Elmar Hellwig
Wenn eine CP-Behandlung ansteht, würde heute kaum jemand auf die Idee kommen, dem Patienten vorsorglich Blut abzunehmen und es zentrifugieren, um für den Fall der Pulpaeröffnung Thrombozytenkonzentrate zur direkten Überkappung bereithalten zu können. Dennoch bleibt die Frage spannend, ob sich die Blutkonzentrate für die direkte Überkappung eignen und ob die Erfolgsquote höher ist als bei MTA. Eine der sehr seltenen Untersuchungen dazu hat eine indische Arbeitsgruppe durchgeführt.

Das Ziel einer direkten Überkappung ist, die Dentinbildung anzuregen und die Pulpa vital zu erhalten. Derzeit gibt es zwei Ansätze zur Behandlung von Pulpaeröffnungen. Beim traditionellen Ansatz werden Calciumhydroxid oder neuere synthetische Materialien verwendet, die eine bessere Abdichtung der Pulpa bieten. Mineral Trioxide Aggregate (MTA) basiert auf Trikalziumsilikat, das laut verschiedenen In-vitro- und Humanstudien als vielversprechendes Material für die direkte Pulpaüberkappung gilt. MTA hat allerdings einige Nachteile: Es neigt dazu, den behandelten Zahn zu verfärben, es enthält toxische Elemente wie Arsen, ist schwierig zu handhaben und kostet relativ viel.

Der zweite Ansatz berücksichtigt die molekularen und zellulären Mechanismen der Pulparegeneration und basiert auf der Verbesserung regenerativer Konzepte für zahnmedizinische Verfahren wie Pulpotomien, Apexogenese und Osteogenese nach endodontischer Chirurgie unter der Anwendung von Thrombozytenkonzentraten. Dabei sollen weitere Schäden an den verbleibenden ortsständigen Zellen (zum Beispiel Odontoblasten) reduziert und die Differenzierung neuer Zellen angeregt werden.

Diese Konzepte basieren hauptsächlich auf der Anwendung von Platelet Rich Plasma (PRP), das aufgrund seiner hervorragenden Gewebekompatibilität auch als potenzielles Überkappungsmaterial vorgeschlagen wurde. Platelet Rich Fibrin (PRF) ist ein Thrombozytenkonzentrat der zweiten Generation, das Bestandteile von Blut enthält, die der Heilung förderlich sind. Als Vorteil von PRF gegenüber PRP wird angeführt, dass es rein autolog und relativ einfach zuzubereiten ist. Zudem sind keine externen Agentien in der Vorbereitung erforderlich und es kommt zu einer nachhaltigen Freigabe von Wachstumsfaktoren. Wie bei allen neuen Verfahren stellt sich allerdings die Frage, ob die Applikation von PRP beziehungsweise PRF zu einem klinisch besseren Resultat führt als die bisher erfolgreich eingesetzte Überkappungsmethode mit MTA.

Ziel der hier besprochenen randomisierten klinischen Studie war daher, die Effektivität von Platelet Rich Plasma (PRP), Platelet Rich Fibrin (PRF) im Vergleich zu Mineral Trioxide Aggregate (MTA) als direktes Pulpaüberkappungsmaterial bei bleibenden Zähnen mit kariös bedingter Pulpa-Exposition mittels Cone-Beam-Computertomografie zu untersuchen. So konnte auch die Dicke der neu gebildeten Dentinbrücke bestimmt werden.

Material und Methoden

Zuteilung der Teilnehmer

30 gesunde Teilnehmer (18 Männer und 12 Frauen im Alter von 18 bis 45 Jahren) wurden für die Studie rekrutiert. Asymptomatische Oberkiefer-, Unterkiefermolaren und Prämolaren mit Karies, die nur die Okklusalfläche betrafen, nicht perkussionsempfindlich waren, Sondierungstiefen von 2 bis 3 mm aufwiesen und eine normale Reaktion auf Kälte- und elektrische Pulpatestung zeigten, aber radiologisch eine tiefe Karies bis in Pulpanähe aufwiesen, wurden einbezogen. Für die Studie wurden 30 Prämolaren beziehungsweise Molaren ausgewählt, die die Aufnahmekriterien erfüllten. Die 30 Probanden wurden zufällig in drei Gruppen aufgeteilt:

  • MTA-Gruppe: (n=10) direkte Überkappung mit MTA

  • PRP-Gruppe: (n=10) direkte Überkappung mit PRP

  • PRF-Gruppe: (n=10) direkte Überkappung mit PRF

Das entsprechend präparierte PRP beziehungsweise PRF wurde in einer resorbierbaren sterilen Kollagenmembran (Kolspon, Eucare Pharmaceuticals Pvt Ltd., Indien) zur Expositionsstelle gebracht und mit der Spitze einer sterilen Sonde positioniert.

Direkte Überkappung

Die Patienten spülten vor dem Eingriff mit 0,2 Prozent Chlorhexidin. Unter Lokalanästhesie und nach Applikation von Kofferdam wurde Kariesdetektor 30 Sekunden lang auf den Zahn aufgetragen und anschließend zehn Sekunden lang abgespült. Die Kariesexkavation erfolgte mit sterilen runden Diamantschleifern, bis die angefärbte Zahnhartsubstanz völlig entfernt war. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Zähne mit Pulpaeröffnung (0,5 bis 1 mm Durchmesser) für die direkte Überkappung ausgewählt.

Nach der Kariesentfernung erfolgte eine Inspektion der Kavität und bei anhaltender Blutung wurde eine sterile Baumwolle, die in 1 Prozent NaOCl getränkt war, zur Blutstillung verwendet. Anschließend wurde die Pulpaüberkappung mit einem der oben genannten Materialien durchgeführt.

Danach wurde der Kavitätenboden mit einem Glasionomerzement-Liner bedeckt und die Kavität mit einer Kompositrestauration versorgt. Die Patienten wurden in regelmäßigen Abständen von drei, sechs und zwölf Monaten klinisch untersucht. Die CBCT-Bewertung erfolgte nach sechs Monaten.

Postoperativ

Von den 30 behandelten Fällen klagte ein Patient in jeder Gruppe nach sechs Monaten über Schmerzen (zu verschiedenen Zeitpunkten). 27 Fälle standen also bis zu zwölf Monate für die Follow-up-Untersuchung zur Verfügung. Dabei wurden bei jedem Folgebesuch(nach drei, sechs und zwölf Monaten) die behandelten Zähne klinisch und radiologisch untersucht.

Zusätzlich wurde bei den Zähnen eine CBCT-Analyse durchgeführt. Dabei wurden die Anwesenheit/Absenz einer Dentinbrückenbildung und das Volumen der gebildeten Dentinbrücke bestimmt. Die Interpretation der intraoralen Röntgenaufnahmen und der CBCT-Bilder erfolgte durch drei nicht an der klinischen Durchführung beteiligte Personen.

Ergebnisse

Am Ende der Untersuchung reagierten 90 Prozent der Zähne aus jeder Gruppe auf Kälte beziehungsweise elektrischen Reiz positiv. Ebenso zeigten 90 Prozent der Zähne im Röntgenbild Anzeichen einer Dentinbrückenbildung und kein Zahn wies eine periapikale Pathologie auf. Allerdings zeigte sich bei zehn Prozent der Zähne aus jeder Gruppe ein erweiterter PA-Spalt. Die CBCT-Untersuchung ergab ein größeres Volumen der Dentinbrücke nach Applikation von PRP und PRF im Vergleich zu MTA.

Diskussion

MTA induziert die Vermehrung von Pulpazellen, setzt Zytokine frei und fördert die Bildung von Hartgewebe. MTA regt die Bildung von TGF1 an, das eine Schlüsselrolle bei der Migration der Vorläuferzellen der Pulpa und deren Differenzierung zu Odontoblasten-ähnlichen Zelltypen einnimmt. Diese differenzierten Zellen bilden ein dentinoides Gewebe, das eher auf einen reparativen Prozess als auf eine Regeneration hindeutet. Man nimmt an, dass im Unterschied dazu die Applikation von PRP und PRF zu einer echten odontoblastischen Differenzierung führt.

Bisher wurde keine klinische Studie durchgeführt, in der MTA, PRP und PRF direkt als Pulpa-Überkappungsmaterialien verglichen wurden. In den bisherigen Studien, die MTA/PRF oder PRP/PRF oder MTA/PRP für regenerative Verfahren verglichen haben, waren die Ergebnisse vergleichbar. In der aktuellen Studie wurde nach sechs Monaten CBCT genutzt, um die Ausbildung von Dentinbrücken anhand von Radiodichtewerten zu bewerten. Dabei konnte ein dreidimensionales Bild der ausgebildeten Dentinbrücken und der resultierenden Volumina konstruiert werden.

Die Idee geht auf Nowicka et al. zurück, die CBCT als Bildgebungsmethode verwendeten, um die Bildung von Dentinbrücken in dritten Molaren, die für eine Extraktion vorgesehen waren, zu bewerten, und die die Ergebnisse der histomorphometrischen Analyse nach der Extraktion mit dem CBCT-Konstrukt korrelierten [Nowicka et al., 2015].

Es zeigte sich, dass PRP und PRF als Pulpaüberkappungsmaterial zu einer dickeren Dentinbrücke führten als MTA. Dieses Ergebnis kann auf die langsame und nachhaltige Freisetzung von Wachstumsfaktoren durch PRF zurückzuführen sein. Obwohl MTA nachweislich die Bildung von Dentinbrücken durch die Induktion biochemischer Wege induziert, liefern Thrombozytenkonzentrate die notwendigen bioaktiven Substanzen in „fertiger“ Form und umgehen den natürlichen biologischen Prozess der Induktion.

Allerdings ist die die Applikation von MTA viel einfacher und führt klinisch zum gleichen Erfolg wie die Anwendung von PRP und PRF. Vor diesem Hintergrund wäre die Anwendung von plättchenreichem Plasma für eine direkte Überkappung erst einmal kritisch zu beurteilen. Vorteile für die Blutkonzentrate könnten sich aber ergeben, wenn sich eines Tages herausstellt, dass die mit dem Biomaterial gebildeten Dentinbrücken insgesamt stabiler und langlebiger sind als die synthetischen Alternativen.

Die Studie:
Shobana S, Kavitha M, Srinivasan N: Efficacy of Platelet Rich Plasma and Platelet Rich Fibrin for Direct Pulp Capping in Adult Patients with Carious Pulp Exposure – A Randomised Controlled Trial. Eur Endod J 2022; 7: 114-21.

Literaturliste

  • Nowicka A, Wilk G, Lipski M, Kołecki J, Buczkowska-Radlińska J: Tomographic evaluation of reparative dentin formation after direct pulp capping with Ca(OH)2, MTA, biodentine, and dentin bonding system in human teeth. J Endod 2015; 41(8):1234–40.

Prof. Dr. Elmar Hellwig

Univ.-Prof. (a.D.) Dr. med. dent. Elmar Hellwig

Erzherzogstr. 8,
79102 Freiburg

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