Dinge gibt’s, die gibt’s gar nicht
Manche Dinge mag man einfach nicht glauben – bis sie dann wirklich passieren. Bisher galt in der deutschen Universitätslandschaft der Grundsatz, dass man Prüfungen bestehen muss, um einen bestimmten akademischen Grad zu erhalten. Das gestaltet sich mal mehr, mal weniger schwierig. Manche Prüfungen kann man beliebig oft wiederholen, andere nur begrenzt. Dieses seit Jahrhunderten gängige akademische Grundprinzip dürfte als allgemein anerkannt gelten.
In Nordrhein-Westfalen will man jetzt neue Wege gehen. Im Rahmen des geplanten Hochschulstärkungsgesetzes soll ein sogenannter integrierter Bachelor eingeführt werden. In Paragraf 66 Abs. 1c heißt es dazu: „Die Universität verleiht Studierenden eines Studiengangs der Zahnmedizin […] einen Bachelorgrad, wenn sie den Dritten Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung (gem. ZApprO) oder die zahnärztliche Prüfung (gem. AOZ) nicht bestanden haben.“ Alles klar?
Dieses Prinzip muss man sich erst einmal gedanklich auf der Zunge zergehen lassen. Unklar ist auch, was Absolventen mit diesem Bachelor anfangen können sollen. Eine zahnärztliche Approbation gibt’s damit nicht. Stattdessen steht zu befürchten, dass die Qualität der Ausbildung sinkt. Und warum? Es fallen den Angaben zufolge ohnehin nur in Ausnahmefällen mehr als fünf Prozent durch die Prüfung. Was sich die nordrhein-westfälischen Bildungspolitiker und Ministerialbeamtinnen dabei gedacht haben, bleibt ein Rätsel. Mehr dazu in der Titelgeschichte dieser Ausgabe.
Außerdem berichten wir über die Einführung der „ePA für alle“ (na ja, wirklich alle noch nicht, zunächst einmal in drei Testregionen) am 15. Januar und starten eine Reihe, in der wir Sie mit den wichtigsten Informationen zur elektronischen Patientenakte versorgen.
Dann gehen wir der Frage nach, wie es mit den rund 2.400 ZFA weitergeht, die aus Syrien stammen und in deutschen Zahnarztpraxen arbeiten. Unklar ist derzeit, wie sich die Situation in Syrien entwickeln wird – auch wenn einige Politiker im aktuellen Bundestagswahlkampf Syrien schon wieder zum sicheren Herkunftsland deklariert haben. An dieser Stelle darf man – abgesehen von der unklaren Lage in Syrien – erwidern, das aktuell über 10.000 Syrerinnen und Syrer im deutschen Gesundheitswesen tätig sind, die sich nicht mal eben so ersetzen lassen.
Für Diskussionen und Aufregung sorgte Anfang des Jahres auch der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, Arbeitnehmerinnen und -nehmern am ersten Krankheitstag keinen Lohn mehr zu zahlen. Die Idee dahinter ist, die hohen Krankenstände in Deutschland zu drücken und dadurch rund 40 Milliarden Euro jährlich einzusparen. Wir haben mit einem Arbeitsrechtler gesprochen, ob nicht der umgekehrte Weg – nämlich Boni für Arbeitnehmer – sinnvoller wäre und was dabei rechtlich überhaupt möglich ist.
Außerdem stellen wir in diesem Heft die Gruppenprophylaxe in Hessen vor, deren Umsetzung in einer Datenbank in besonderer Weise dokumentiert wird. In einer Studie wurden nun die Entwicklungen der vergangenen Jahre ausgewertet, die wir Ihnen zeigen möchten.
Wie sieht’s bei Ihnen in der Praxis mit der Fehlerkultur aus? Nein, damit meine ich nicht, dass keine gemacht werden, sondern vielmehr, wie der Umgang damit ist. Denn Fehler kommen überall vor und „aus Fehlern lernen“ ist ja eine gängige Phrase. Aber wird das wirklich überall gelebt?! Nicht wirklich. In dieser Ausgabe starten wir deshalb eine dreiteilige Serie zum Thema Fehlermanagement. Unsere drei Expertinnen erklären, wie man eine nachhaltige Fehlerkultur in der Praxis implementiert und sein Team dabei mitnimmt.
Viel Spaß bei der Lektüre
Sascha Rudat
Chefredakteur