Das fordern die Zahnärzte von der nächsten Bundesregierung

Ein Kurswechsel ist angesagt

Vor der Bundestagswahl haben zahlreiche Verbände im Gesundheitswesen ihre Forderungen an eine neue Bundesregierung aufgestellt. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) brachten in Positionspapieren ihre Botschaften an die Politik auf den Punkt. Die Kernaussage: So, wie es jetzt ist, kann es für Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht weitergehen.

Kurz vor dem Jahreswechsel hatte die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ihre „Gesundheitlichen Positionen“ in die Öffentlichkeit getragen. „Weg von Misstrauen und Gängelung, hin zu einer neuen Vertrauenskultur – es geht um eine Veränderung im Mindset“, fordert die BZÄK für die neue Legislaturperiode von 2025 bis 2029. Es gehe darum, Gesundheit in allen Gesetzesvorhaben zu berücksichtigen. Von der nächsten Bundesregierung erwartet sie, dass diese sich für praxisbezogene Anliegen einsetzt. Dazu gehört die Erleichterung der Praxisgründung und -führung. Praxen brauchen laut BZÄK außerdem eine der allgemeinen Kostenentwicklung folgende Honorierung – wie bei den anderen Freien Berufen. Wichtig sei auch der Abbau von Bürokratie, damit sich die Praxen wieder mehr den Patientinnen und Patienten zuwenden zu können. Die Digitalisierung müsse zudem sinnvoll, also dort, wo sie nützt, implementiert werden.

Zehn konkrete Punkte hat die BZÄK formuliert:

1. Zu den Freien Heilberufen: Hohe Qualität sollte durch Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung erfolgen. Wichtige Bedingungen dafür seien die freie Arztwahl, die zahnärztliche Therapiefreiheit sowie die auf Vertrauen begründete individuelle Patientenbetreuung. Diese Erfolgsparameter dürften nicht infrage gestellt werden und müssten durch kluge Regulierung vor Ökonomisierung sowie vor Verstaatlichung und Prüfbürokratie geschützt werden.

2. Qualität erhalten und fördern: Hohe Qualität sei die Grundlage des Vertrauens in die Zahnmedizin, heißt es in dem Papier. Die Organisation der Qualitätsförderung und -sicherung gehöre zu den Kernaufgaben der (Landes-)Zahnärztekammern, deren Expertise bei regulatorischen Maßnahmen stärker genutzt werden sollte. Zur Qualitätssicherung gehöre, dass Zahnheilkunde weiterhin nur von Approbierten ausgeübt werden darf.

3. Erstklassig ausbilden und Fachkräfte sichern: Für das politische Ziel – einen wohnortnahen und niedrigschwelligen Zugang zur Zahnmedizin auch in Zukunft sicherstellen zu können – brauche es gute Ausbildungsbedingungen für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner, eine Stärkung des erfolgreichen dualen Ausbildungssystems für die Mitarbeitenden und insgesamt attraktive Rahmenbedingungen.

4. Aufklären und vorbeugen: Zahnmedizinische Prävention und Gesundheitsförderung führten zu einer signifikanten Verbesserung der Mundgesundheit und damit zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität mit positiven Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Es sei daher wichtig, die Expertise der Zahnärzteschaft im Bereich der Prävention systematisch zu nutzen.

5. Wohnortnah behandeln: Die Hauszahnarztpraxis müsse gestärkt werden. Auch auf dem Land biete die inhabergeführte Zahnarztpraxis individuell abgestimmte Behandlungsmöglichkeiten. Die BZÄK fordert die Politik dazu auf, die zahnmedizinische Versorgung durch gute Rahmenbedingungen flächendeckend zu sichern.

6. Gute Behandlung auch für vulnerable Gruppen ermöglichen: Die BZÄK will die Kooperation zwischen Zahnmedizin und Pflege ausbauen.

7. Reformierte Dualität im Krankenversicherungssystem: Das duale System aus gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sichert laut BZÄK die Finanzierung, Qualität und Innovationsfähigkeit der zahnmedizinischen Versorgung. Dieses bewährte System müsse jedoch durch Reformen gestärkt werden.

8. Fair vergüten: Die Honorare der GOZ müssen laut BZÄK dynamisch an die Entwicklung der gestiegenen Kosten angepasst werden. Erhöht werden müsse der GOZ-Punktwert, der seit 1988 unverändert bei 11 Pfennig (5,6 Cent) liegt.

9. Ungebremste Vergewerblichung der Zahnheilkunde stoppen: Fachfremde Investoren hätten die Zahnmedizin als Renditeobjekt entdeckt und breiteten sich nahezu ungebremst in Form von Investoren-MVZ (iMVZ) aus. Das werde negative Folgen für die Patientensicherheit, die Behandlungsqualität und die Verteilung der Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland haben, warnt die BZÄK. Bereits 30 Prozent aller zahnärztlichen MVZ befänden sich in Investorenhand.

10. Patientenrechte wahren: Patientenrechte seien ein hohes Gut, deshalb setze sich die BZÄK für deren Erhalt und Stärkung ein.

KZBV legt Agenda Mundgesundheit vor

Mit Nachdruck fordert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) von der Politik, einen gesundheitspolitischen Kurswechsel einzuschlagen und die Gestaltung des Gesundheitssystems wieder in die Hände der Selbstverwaltungspartner zurückzugeben. In ihrer „Agenda Mundgesundheit“ für die 21. Wahlperiode hat sie entsprechende Positionen vorgelegt.

Die beispielhaft gute zahnmedizinische Versorgung zukunftsfest zu machen, sollte gesundheitspolitisches Kernanliegen jeder Bundesregierung sein, heißt es in der Agenda. Eckpfeiler dazu sollten das Recht auf freie (Zahn-)Arztwahl, der Erhalt des dualen Versicherungssystems, die Sicherung der Freiberuflichkeit und die Förderung der Selbstverwaltung mit weitem Gestaltungsspielraum sein.

Der zahnärztlichen Selbstverwaltung sei es mit konsequent präventiv ausgerichteten Versorgungskonzepten gelungen, sowohl die Gesundheitskompetenz als auch die Mundgesundheit der Bevölkerung in den vergangenen Jahren stetig und nachhaltig zu verbessern, argumentiert die KZBV weiter. Die nächste Regierung müsse schnellstmöglich handeln, um diesen Vorsprung vor dem Hintergrund der Fehlentscheidungen der Ampel-Koalition nicht wieder zu verspielen.

Die Anteile an den Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung seien in den vergangenen Jahren um mehr als 30 Prozent gesunken. Die freiberuflich tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen, um die wohnortnahe, flächendeckende Patientenversorgung wieder zu stärken, führt die KZBV an. Dazu gehörten der Abbau von Bürokratie, eine finanzielle Planungssicherheit und eine praxistaugliche Digitalisierungsstrategie.

Gesundheitspolitische Forderungen weiterer Verbände:

Etliche Verbände haben bereits ihre politischen Forderungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Weitere werden noch folgen. Hier die Positionen einiger großer „Player“ im Gesundheitswesen.

Bundesärztekammer (BÄK): In ihrem Papier („Woran sich die die neue Bundesregierung messen lassen muss“) betont die BÄK, dass dringend Strukturreformen in nahezu allen Bereichen des Gesundheitswesens vorangetrieben werden müssten. Die neue Regierung sei gefordert, Strategien und Konzepte zu finden, um Prävention und Gesundheitskompetenz zu fördern, die hochqualifizierte medizinische Versorgung in einer Gesellschaft des langen Lebens dauerhaft zu sichern und das Gesundheitswesen insgesamt auf nationale und internationale Krisen vorzubereiten. Weiterhin fordert die BÄK, mehr Orientierung in der Versorgung einzuführen, Fachkräfte zu sichern, Bürokratie zu begrenzen, die Freiberuflichkeit zu sichern und die Selbstverwaltung zu stärken. Der Klimawandel bleibe langfristig die größte Bedrohung für die Gesundheit.

Mehr unter: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK/Politik/Programme-Positionen/ePaper_Bundestagswahl_2025/II/

Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Bereits Anfang Dezember hatte die KBV ihre Erwartungen zur Bundestagswahl formuliert. Sie setzt sich unter anderem für einen gemeinsamen Pakt für Selbstverwaltung ein. Gemeinsam mit den Partnern in der Selbstverwaltung engagiert sich die KBV für eine nachhaltig finanzierte gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und eine Versorgung nach dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Politische Eingriffe in die Ausgestaltung der gemeinsamen Selbstverwaltung seien zu vermeiden. Wichtig ist der KBV der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Sie fordert die Unterstützung freiberuflich-selbstständigen Strukturen und ein Ende der politischen Misstrauenskultur gegenüber den ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten. Ebenfalls plädiert die KBV dafür, versicherungsfremde Leistungen aus dem Leistungskatalog der GKV zu streichen oder durch steuerliche Zuschüsse zu finanzieren. Ferner fordert sie eine Umsteuerung von Sanktionen hin zu Anreizen, ein Bürokratieentlastungsgesetz und Eckpunkte für ein Praxiszukunftsgesetz in den ersten 100 Tagen einer neuen Bundesregierung. Eine bessere Patientensteuerung sei ebenso erforderlich wie eine individuelle medizinische Einschätzung, um Fehlinanspruchnahmen zu reduzieren und Versorgungswege zu verkürzen. Weitere KBV-Forderungen an die Politik sind in Kürze zu erwarten.

Mehr unter: https://www.kbv.de/media/sp/KBV-Forderungen_zur_Bundestagswahl_2025.pdf

AOK-Bundesverband: „Wie unser Gesundheitswesen besser wird – aber nicht teurer“ lautet der Titel des Positionspapiers des AOK-Bundesverbandes. Wesentlich hierfür sei unter anderem die erfolgreiche Umsetzung der Krankenhausreform. Die geplante Reform der Notfallversorgung müsse schnellstmöglich nachgeholt werden. Mehr ambulante Operationen seien sinnvoll, um unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und Kosten zu senken. Die hausärztliche Versorgung müsse zu einer Primärversorgung weiterentwickelt werden, so das Papier. Es brauche „weniger Staatsmedizin, mehr Freiraum“. Nötig seien mehr Gestaltungsfreiräume für regionale Lösungen. Prävention dürfe nicht auf Vorbeuge-Medizin beschränkt werden, nötig sei eine umfassende Public-Health-Strategie. Die Beitragssatzstabilität der GKV sei völlig aus dem Lot geraten, unterstreicht die AOK. Es bedürfe einer klaren Trennung zwischen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, die der Staat zu finanzieren habe, und den originären Aufgaben einer GKV. Der Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen benötige eine regelgebundene Dynamisierung. Auch müssten die pauschalen Krankenversicherungsbeiträge für Bürgergeldbezieher auf eine auskömmliche Höhe angehoben werden. Die infrastrukturellen Kosten für den Krankenhaus-Transformationsfonds zur Hälfte den Beitragszahlern aufbürden zu wollen, untergrabe das Vertrauen in die GKV, moniert die AOK. Sie fordert, dass die Krankenkassen ihre Rücklagen nicht mehr für Finanzlücken im Gesundheitsfonds einbringen müssen.

Mehr unter: https://www.aok.de/pp/bv/pm/positionen-zur-bundestagswahl/

Die zentralen Forderungen der KZBV:

1. Den Erfolgsweg der Prävention durch Planungssicherheit und verlässliche Finanzierung weitergehen: Dazu gehört die Stärkung der Prävention sowie verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen und Planungssicherheit anstelle kurzsichtiger Kostendämpfungsmaßnahmen. Außerdem fordert die KZBV die gesetzliche Verankerung der Parodontitistherapie als Präventions- und Früherkennungsmaßnahme.

2. Die Selbstverwaltung stärken: Dazu gehört für die KZBV dieBeschränkung politischen Handelns auf die Festlegung von Rahmenbedingungen. Die Expertise und Praxisnähe der Selbstverwaltung müsse genutzt und deren Handlungs- und Gestaltungsspielräume erhalten und ausgebaut werden.

3. Eine wohnortnahe und flächendeckende Versorgungsstrukturen fördern: Dazu gehört die Stärkung der freiberuflichen und inhabergeführten Praxisstrukturen, insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Der nach wie vor unkontrollierte Zugang renditeorientierter, fremdinvestorenbetriebener Großversorgungstrukturen zur zahnärztlichen Versorgung müsse gestoppt werden.

4. Digitalisierung praxistauglich gestalten: Die KZBV fordert eineAbkehr von einer Sanktionspolitik hin zu einer Politik, die durch positive Anreize Motivation und Akzeptanz schafft. Ferner fordert sie die Etablierung praxistauglicher und gut erprobter TI-Anwendungen zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur Unterstützung der Praxen bei der Bürokratiebewältigung.

5. Bürokratie abbauen: Wichtig sei ein konsequenter Bürokratieabbau auf Basis der Vorschläge der Selbstverwaltung zur Entlastung der Praxen und als Instrument zur Förderung der Niederlassung, um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen.

Die Positionen der BZÄK sind in einer Lang- und in einer Kurzfassung verfügbar unter: https://www.bzaek.de/gesundheitspolitische-positionen-zur-bundestagswahl-2025.html.
Die KZBV-Agenda Mundgesundheit ist verfügbar unter: https://www.kzbv.de/agenda-mundgesundheit#

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