Internationale Dental-Schau 2025

Mehr Materialien für die Füllungstherapie

Christian Ehrensberger
Der Wunsch vieler Patientinnen und Patienten nach ästhetischen Restaurationen und eine neue Rechtslage im Gefolge des Amalgamverbots rücken die zahnfarbenen Füllungsmaterialien in den Blickpunkt – auch auf der Internationalen Dental-Schau (IDS) 2025. Die Besucher können sich vom 25. bis zum 29. März in Köln auf einen umfassenden Überblick über innovative Konzepte und Produkte freuen.

Der Bedarf an Zahnfüllungen in Deutschland war über die vergangenen 20 Jahre zwar rückläufig, dennoch summierten sie sich gemäß der Einzelleistungsstatistik der Gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich konservierend-chirurgische Behandlungen 2022 auf 44,9 Millionen abgerechnete Behandlungen. Damit macht die direkte Füllungstherapie nach wie vor einen wesentlichen Teil des zahnärztlichen Alltags aus.

Es versteht sich von selbst, dass es bei einer Anzahl von Füllungen im zweistelligen Millionenbereich verschiedenste Anforderungen gibt. Sie richten sich nach der klinischen Ausgangslage (etwa Zerstörungsgrad, Front- oder Seitenzahnbereich), nach dem Ziel der Behandlung (schnelle Versorgung unruhiger Patienten, lange Haltbarkeit) und nach den speziellen Wünschen des Patienten (medizinisch-wirtschaftliche Grundversorgung oder anspruchsvolle Rekonstruktion). Eine Praxis benötigt also mehrere Füllungsmaterialien. Diese müssen, abgesehen von ihrer Eignung für die unterschiedlichen Indikationsfelder, auch dem Team liegen. Weil sie im Alltag so häufig verwendet werden, ist eine sorgfältige Auswahl auf einer fundierten Informationsbasis so wichtig.

Der Weltverband der Zahnärzte (World Dental Federation, FDI) weist auf die unterschiedlichen Eigenschaften von zahnfarbenen Füllungsmaterialien wie Kompositen, Glasionomerzementen und Kompomeren hin [FDI, 2024]. Demnach ist beispielsweise bei Kompositen das Frakturrisiko kein Problem. Wenn eine Kompositfüllung versagt, liegt es eher an Sekundärkaries. Eine gute Mundhygiene ist das A und O, um sie zu verhindern [Worthington et al., 2021].

Grundsätzlich können körperfremde Werkstoffe Unverträglichkeiten auslösen, doch treten sie bei Zahnfüllungsmaterialien wie Kompositen selten auf. Da GIZe monomerfrei sind, gelten sie in puncto Bioverträglichkeit als vorteilhaft [Rodríguez-Farre et al., 2016].

Für welche Restauration eignen sich Glashybride?

Darüber hinaus könnte die Fluoridfreisetzung aus GIZ, ebenso wie aus Kompomeren, einen Kariesschutz „aus der Füllung heraus“ bewirken. Außerdem sind sie kostengünstiger und weniger techniksensitiv (keine adhäsive Befestigung). Allerdings weisen GIZe im Vergleich zu Komposit eine geringere Frakturresistenz auf und bringen selten die Indikation „Dauerfüllungsmaterial“ mit. Kunststoffmodifizierte Glasionomerzemente (auch als „Glashybride“ bezeichnet) sind jedoch sogar für den Seitenzahnbereich angezeigt. Eine adhäsive Befestigung benötigen sie nicht.

Im einer Langzeit-Kosteneffektivitäts-Untersuchung hat sich gezeigt [Schwendicke et al., 2021]: Im Vergleich zu Glashybridfüllungen kosten Kompositfüllungen mehr, doch lässt sich mit ihnen eine längere Erhaltung des behandelten Zahnes erkaufen. Glashybride werden als kosteneffektive Option zur Restauration von bleibenden Molaren bezeichnet.

Die Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) machen in ihrer aktuellen S3-Leitlinie klare Aussagen zur Verwendung von Kompositen, wenn auch mit unterschiedlichem Evidenzgrad [Wolff et al., 2024]. Demnach können im Seitenzahnbereich Kompositrestaurationen für die direkte Versorgung bei Klasse-I- und -II-Kavitäten verwendet werden, insbesondere auch bei Kavitäten mit Höckerersatz. Außerdem gilt: Adhäsiv befestigte Restaurationen sind gegenüber retentiv verankerten oder indirekten Alternativen zu bevorzugen.

Im Frontzahnbereich sollen für die Versorgung von Klasse-III- und -IV-Defekten ausschließlich direkte Komposite verwendet werden. Dafür spricht nicht zuletzt die Reparaturfähigkeit und die daraus folgende Möglichkeit zur Verlängerung des Überlebens der Restauration im Vergleich zu indirekten Veneers aus Keramik.

Komposit kann darüber hinaus bei Klasse-V-Defekten zur Anwendung kommen. In diesem Fall sollten 2-Schritt-Self-Etch-, 3-Schritt-Etch-and-Rinse-Adhäsivsysteme oder neuere Universaladhäsive verwendet werden.

Die beiden Gesellschaften äußern sich ebenfalls zu Glasionomerzementen und halten sie vor allem bei kleinen bis mittelgroßen kautragenden Kavitäten (Klassen I und II) sowie im Zahnhalsbereich (Klasse V) für indiziert [DGZMK, 2024]. Daneben werden Kompomere als GIZ-Komposit-Kombinationswerkstoffe beschrieben, die besonders in der Kinderzahnheilkunde verbreitet sind.

Bulkfill-Komposite – Füllung in einem Rutsch?

Die aktuelle S3-Leitlinie löst die S1-Leitlinie aus dem Jahr 2016 ab. Ein solches Update ist umso sinnvoller, da seither verschiedene zusätzliche Werkstoffe Einzug in die Füllungstherapie gehalten haben und sich die Innovationsdynamik tendenziell verstärkt. Ein Beispiel stellen Bulkfill-Komposite dar, die dank spezieller Zusätze (Füllstoffe, Photoinitiatoren) – statt der Inkrement-Technik – eine Füllung großer Kavitäten „in einem Rutsch“ erlauben (je nach Material bis zu vier oder fünf Millimeter).

Immer wieder hat die Dentalforschung in Kombinationsmaterialien die Vorteile mehrerer Welten vereint, etwa die geringe Oberflächenrauigkeit und hohe Farbstabilität im Giomer (GIZ + Kompomer). Bei den aktuellen Nano-Hybrid-Ormoceren bildet Siliziumdioxid die chemische Basis sowohl für die Füllstoffe (Nano- und Glaskeramik-Füllkörper) als auch – das ist das Neue – für die Harzmatrix. Ein Vorteil besteht in den Lichtstreuungseigenschaften und dem wiederum daraus resultierenden Chamäleoneffekt.

Selbstadhäsive Komposit-Hybrid-Kunststoffe sind in der Lage, ohne die separate Applikation eines Adhäsivs die Haftung zwischen dem Füllungsmaterial und den Zahnhartsubstanzen herzustellen. Dabei kann es zu geringeren initialen Haftwerten kommen, was durch ein Quellen der Materialien unter Feuchtigkeitseinfluss kompensiert werden kann – ob teilweise oder ganz, das müssen einschlägige Untersuchungen zeigen.

Offensichtlich ist, dass sich nicht ein einziges zahnfarbenes Füllungsmaterial als Amalgamersatz für alle Indikationen eignet. Für den Seitenzahnbereich sind nach den Ausführungen von Prof. Dr. Roland Frankenberger in einem aktuellen Webinar im Dezember 2024 Glasionomerzemente beziehungsweise Glashybride auf dem Stand von heute die Regelversorgung geworden [APW, 2024]. Sie sind dank ihrer chemischen Haftung selbstadhäsiv, dank ihrer verzögerten Fluorid-Freisetzung kariostatisch (vorteilhaft zum Beispiel bei Senioren), lassen sich recht einfach und schnell verarbeiten und auch in subgingivale Kavitäten einbringen.

Dabei sind Glasionomerzemente im Kaulast-tragenden Seitenzahnbereich für Klasse-I-Füllungen zugelassen, Glashybride mit einem Coating für Klasse-I- und Klasse-II-Füllungen. Darüber hinaus gäbe es noch die Glas-Carbomere (allerdings wenig verbreitet), selbstadhäsive Komposite (nur für Klasse I) und Komposit-Hybride (werkstofflich beschrieben, aber zurzeit nicht kommerziell erhältlich).

Die Alternative für ästhetische Füllungen stellen adhäsiv befestigte Komposite (oder Kombinations-Materialien mit Kompositanteil) mit Mehrkostenvereinbarung dar. Laut Frankenberger stützt die vorhandene Evidenz Komposit in der Schichtung in 2-Millimeter-Inkrementen und in 4-Millimeter-Inkrementen ebenso wie Kompomer und Giomer in 2-Millimeter-Schichtung. Geringer sei die Evidenz für Bulkfill-Komposite, die in größerer Stärke „in einem Rutsch“ eingebracht werden. Sie bergen aber womöglich noch ein größeres Potenzial, ebenso wie Alkasit-Bulkfill. Ausdrücklich unterscheidet Prof. Frankenberger zwischen Evidenz („funktioniert erwiesenermaßen“) und Potenzial („gegebenenfalls große Zukunft, Forschung für höheren Evidenzgrad wünschenswert“).

Und wie werden die Materialien weiterentwickelt werden? – Frankenberger fügte im Webinar als „take home message“ hinzu: „Es hängt von Ihnen ab, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie stimmen mit den Füßen ab und entscheiden am Ende, welche Materialien eingesetzt werden. Damit verfügen Sie über eine größere Macht über die Zukunft, als wir sie an den Universitäten haben.“

Literaturliste

  • [APW, 2024]: www.apw.de/webinar-amalgam.

  • [DGZMK, 2024]: www.dgzmk.de/documents/10165/218719168/Stellungsnahme_Amalgamverbot_DGZ_DGZMK_2024.pdf/e37b5dde-1f92-4b80-9c67-07126676e582, Zugriff am 5.12.2024.

  • [FDI, 2024]: Policy Statement. Alternative direct restorative materials to dental amalgam, International Dental Journal, Volume 74, Issue 1, 2024, Pages 161-162, ISSN 0020-6539, doi.org/10.1016/j.identj.2023.10.006, Zugriff am 5.12.2024.

  • Eduardo Rodríguez-Farre, Emanuela Testai, Ellen Bruzell, Wim De Jong, Gottfried Schmalz, Mogens Thomsen, Arne Hensten: Regulatory Toxicology and Pharmacology. 79, August 2016: 108-109.

  • Eduardo Rodríguez-Farre, Emanuela Testai, Ellen Bruzell, Wim De Jong, Gottfried Schmalz, Mogens Thomsen, Arne Hensten: Regulatory Toxicology and Pharmacology. 79, August 2016: 108-109.

  • Falk Schwendicke, Matteo Basso, Dejan Markovic, Lezize Sebnem Turkun, Ivana Miletić: Long-term cost-effectiveness of glass hybrid versus composite in permanent molars. J Dent 2021 Sep(112):103751.

  • Diana Wolff, Cornelia Frese, Caroline Sekundo: S3-Leitlinie Komposit. Erste breite Evidenzaufbereitung für ein multifunktionales Restaurationsmaterial. adp-medien.de/zoom/adp-news, Zugriff am 5.12.2024.

  • Helen V Worthington, Sara Khangura, Kelsey Seal, Monika Mierzwinski-Urban, Analia Veitz-Keenan, Philipp Sahrmann, Patrick Roger Schmidlin, Dell Davis, Zipporah Iheozor-Ejiofor, María Graciela Rasines Alcaraz: Direct composite resin fillings versus amalgam fillings for permanent posterior teeth. Cochrane Database Syst Rev 2021 Aug 13;8(8): CD005620.

Dr. Christian Ehrensberger

Schwanthalerstr. 27,
60594 Frankfurt am Main
cu_ehrensberger@web.de

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