Was die neue Kleinunternehmerregelung bringt
Bis Ende 2024 durfte der umsatzsteuerpflichtige Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 22.000 Euro und der voraussichtliche Umsatz im laufenden Jahr die von 50.000 Euro nicht überschreiten. Ab 2025 wurden diese Grenzen auf 25.000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr und 100.000 Euro im laufenden Jahr erhöht.
Zur Berechnung des Höchstbetrags werden die Nettoumsätze herangezogen. Dabei kommt es nicht mehr auf das voraussichtliche, sondern auf das tatsächliche Überschreiten des oberen Schwellenwerts an. Sobald die 100.000 Euro unterjährig überschritten werden, erfolgt der Wechsel von der Kleinunternehmerregelung zur Regelbesteuerung.
Bis dato wurde die Änderung von oder zur Kleinunternehmerschaft nur für das gesamte Kalenderjahr und nicht unterjährig umgesetzt. Jetzt wird die Leistung ab der Überschreitung umsatzsteuerpflichtig und ist mit der darauf anfallenden Umsatzsteuer abzurechnen. Ab diesem Zeitpunkt sind dann vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gilt man immer mit allen unternehmerischen Tätigkeiten als ein Unternehmen, daher müssen Sie beispielsweise auch die umsatzsteuerpflichtige Vermietung im privaten Bereich in die Prüfung einbeziehen.
Wer den Wert überschreitet, wird sofort regelbesteuert
Ein Beispiel: Zahnarzt Z erbringt bis Ende 2024 im Rahmen seiner Heilbehandlungen als selbstständiger Zahnarzt umsatzsteuerfreie Umsätze. Für seine Dozententätigkeit bekommt er zusätzlich 20.000 Euro pro Jahr und mit der langfristigen Vermietung seiner Eigentumswohnung 12.000 Euro. Z ist als Zahnarzt, als Dozent und als Vermieter unternehmerisch tätig (einheitliches Unternehmen). Um den Gesamtumsatz zu prüfen, zieht man zunächst alle Umsätze heran. Bei der Umsatzberechnung ausgeschlossen werden die steuerfreien Umsätze aus der Vermietung und aus der Heilbehandlung als Zahnarzt, so dass Z einen relevanten Gesamtumsatz von 20.000 Euro hat und damit Kleinunternehmer ist.
Zudem bietet er ab 2025 Bleaching-Leistungen an und baut seine Chairside-Leistungen aus. Damit erzielt er bis Ende September 2025 rund 61.000 Euro Umsatz. Hinzu kommen seine Dozentenaufträge in Höhe von 39.000 Euro. Anfang Oktober 2025 überschreitet er mit einer weiteren Bleaching-Leistung die Umsatzgrenze von 100.000 Euro. Damit ist er ab diesem Zeitpunkt mit den Bleaching-Leistungen und mit den zahntechnischen Chairside-Leistungen sowie mit der Dozententätigkeit umsatzsteuerpflichtig.
Die Neugestaltung der Kleinunternehmerregelung sieht keine eigene Vorschrift für Unternehmensneugründer vor, weshalb diese automatisch erst einmal als Kleinunternehmer eingestuft werden.
Wenn man die Kleinunternehmerregelung nicht geltend machen will, kann man dies laufend oder rückwirkend bis zum letzten Tag im Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres erklären. Dann ist man als Unternehmer fünf Jahre an die Regelbesteuerung gebunden. Wird von vornherein ein Eigenlabor in einer Zahnarztpraxis geplant, kann es sehr vorteilhaft sein, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dadurch können Praxen, die ihnen in Rechnung gestellte Vorsteuer aus der Anschaffung von Laborgeräten und -ausstattung vollständig absetzen. Diese Vorgehensweise kann die finanzielle Belastung durch Investitionen in das Eigenlabor reduzieren und die Liquidität der Praxis verbessern.
Die Regelung abzulehnen, kann auch vorteilhaft sein
Wie stellt man als Praxisinhaber sicher, dass man die oben genannten Umsatzgrenzen nicht unbemerkt überschreitet und damit das Risiko einer Nachzahlung eingeht? Wichtig ist der regelmäßige Austausch mit dem steuerlichen Berater. Denn er kann grundsätzlich aus den KZV- und Patienteneinnahmen sowie den Zahlungseingängen von Abrechnungsdienstleistern auf dem Bankkonto nicht erkennen, ob es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Laborleistung oder eine umsatzsteuerfreie zahnärztliche Heilbehandlung handelt, und ist daher auf Ihre Mitarbeit angewiesen.
„Viele Zahnarztpraxen ohne Eigenlabor erbringen auch Chairside-Leistungen, wie etwa die Zahnfarbenbestimmung. Diese zahntechnischen Dienste gemäß BEB/BEL sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.“
Bernhard Fuchs und Marcel Nehlsen
Die Praxissoftware kann die monatlich kumulierten Laborleistungen (Laborstatistik) auswerten. So kann kontinuierlich überprüft werden, ob der Schwellenwert von 100.000 Euro im laufenden Jahr überschritten wird. Wir empfehlen, diese Laborstatistik mit der monatlichen Buchhaltung beim Steuerberater einzureichen, damit er diese Umsätze im Auge hat und Sie bei einer drohenden Überschreitung umgehend informieren sowie die notwendigen Maßnahmen mit Ihnen besprechen kann.
Wichtig wäre dann die Umstellung in den Stammdaten der Praxissoftware, weil man nach der Grenzüberschreitung kein Kleinunternehmer mehr ist und die Rechnungen zuzüglich 7 Prozent (Labor) beziehungsweise 19 Prozent (Bleaching) ausgestellt werden.