Alternativer Drogenbericht fordert neue Strategien

sg/pm
Gesellschaft
Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ließe sich mit einfachen Maßnahmen erheblich senken, meinen die Autoren des Alternativen Drogen- und Suchtberichts, der gestern in Berlin vorgestellt wurde - eine knappe Woche vor Erscheinen des offiziellen Berichts der Bundesregierung am kommenden Montag.

Wissenschaftler und Experten von Nicht-Regierungsorganisationen beschreiben darin Strategien und Maßnahmen, die bisher noch nicht ausreichend Eingang in die Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen gefunden haben. Der Alternative Drogen- und Suchtbericht soll nach Angaben der Herausgeber dazu beitragen, das vorhandene Wissen über Prävention und Drogenhilfe in eine dauerhaft erfolgreiche Drogenpolitik zu übersetzen.

Umdenken gefordert

Konkret listet der Bericht Maßnahmen auf, die im Bereich der Gesetzgebung notwendig seien. Dazu zählen:

•ein vollständiges Werbeverbot für Drogen wie Alkohol und Tabak•Erhöhung der Steuern, Erschwernis der Zugänglichkeit zu Tabakprodukten (mehr als 400.000 Zigarettenautomaten in Deutschland seien  weltweit einmalig)•Entkriminalisierung des Besitzes von illegalen Drogen für den Eigenbedarf•Regulierung des Cannabis-Markts durch kontrollierte Abgabestellen und legalen Anbau zur Selbstversorgung•Verbesserung der Substitutionsbehandlung für Heroinabhängige durch Veränderungen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtmVV)•Absenkung der Schwellen bei der Abgabe von Diamorphin (pharmazeutisch erzeugtes Heroin als Substitutionsmedikament)

Wissen in Politik umsetzen

Prof. Heino Stöver, Vorsitzender von akzept e.V. - Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik: „In der deutschen Drogenpolitik fehlt eine wissenschaftlich untermauerte Gesamtstrategie mit klaren Zielen." Es gebe eine Lücke zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den staatlichen Maßnahmen.

Stöver: "Wir wissen genau, welche Angebote wirken, doch vieles wird politisch nicht umgesetzt. Diese Lücke soll der Bericht schließen. Bund und Länder stehen in der Pflicht, ihre Drogenpolitik am aktuellen Forschungsstand auszurichten.“

Es werde Zeit, den Reformstau in der deutschen Drogenpolitik aufzulösen, meinte auch Dr. Bernd Werse vom Centre vor Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt: „Der jahrzehntelange Kampf gegen Drogen zeigt: Das Strafrecht ist nicht geeignet, um Gesundheitspolitik zu betreiben. Repression und Strafverfolgung schaffen nur die Illusion, die Probleme im Griff zu haben und richten in Wirklichkeit viel Schaden an." Zugleich verzichte die Politik auf simple Mittel im Umgang mit legalen Drogen, etwa ein Verbot von Werbung für Alkohol und Tabak.“

Prävention könnte erfolgreicher sein

Laut Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen AIDS-Hilfe, könnte die Prävention in Deutschland  noch erfolgreicher sein: "Wirksame Maßnahmen werden nach der Erprobung oft nicht dauerhaft finanziert oder aus politischen Gründen nicht eingeführt.“ 

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