„Die Versorgungslücke setzt sich fort!“
Zu den Maßnahmen zählt hauptsächlich die Erhöhung der Studienplätze für Zahnmedizin (zm berichtete). Beschlossen sind zehn zusätzliche Plätze an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, zehn weitere Plätze sollen über ein Kooperationsprojekt in Ungarn finanziert werden.
Studierende können dort auch mit einem Notendurchschnitt von bis zu 2,6 Zahnmedizin studieren. Im Gegenzug verpflichten sich die Stipendiaten, nach dem Studium mindestens fünf Jahre in Sachsen-Anhalt als Zahnärzte zu arbeiten.
Dennoch warnt Die Linke vor drastischen Versorgungsproblemen im Land. Die Studienplatzkapazitäten müssten noch deutlich stärker ausgebaut werden, sagte Nicole Anger, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag.
Auch die KZV geht davon aus, dass mit den beschlossenen Maßnahmen der Trend nicht vollständig umgekehrt wird. Der drohende Engpass in der Versorgung könnten aber abgeschwächt werden. Zudem prüft die KZV, ob sie selbst Medizinische Versorgungszentren betreiben könnte, in denen Zahnärzte angestellt werden.
Bis Ende 2030 scheiden 600 Zahnärzte aus
„Wir stehen aktuell vor einer Situation, in der jährlich deutlich mehr Zahnärzte und Zahnärztinnen ausscheiden als neue in den Job starten. Bis Ende 2030 werden 600 Zahnärzte altersbedingt in den Ruhestand gehen. Hingegen bilden wir pro Jahrgang 40 in Halle aus, davon bleibt nur circa ein Viertel im Land“, erklärt die Politikerin auf Nachfrage der zm.
Aus der Antwort der Landesregierung auf Angers Anfrage gehen die zahnärztlichen Versorgungsgrade im jeweiligen Landkreis hervor. Besonders besorgniserregend sind die Zahlen demnach im Altmarkkreis Salzwedel mit aktuell 68,8 Prozent sowie im Landkreis Jerichower Land mit 61,9 Prozent.
Für die Patienten bedeute das in der Folge lange Wartezeiten, erklärt Anger. Zudem hätten es neue Patienten häufig schwer, aufgenommen zu werden. „Und gerade im ländlichen Raum wird es ohne gut ausgebauten ÖPNV bald noch schwieriger werden, zu den verbleibenden Praxen zu kommen. Gerade ältere und immobile Menschen stehen dann vor Herausforderungen, die sie nicht bewältigen können“, gibt sie zu bedenken.
Ein großes Problem hat die KFO
Die kieferorthopädische Versorgung sehe dabei noch schlimmer aus, berichtet Anger. In zwei Landkreisen, Salzwedel und Anhalt-Bitterfeld, betrage der Versorgungsgrad weniger als 40 Prozent. „Hier wird schnell klar, es muss umgehend gehandelt werden, bevor die Regionen gar nicht mehr versorgt werden können“, so die Sprecherin.
„Um jungen Familien den Zuzug zum ländlichen Raum attraktiver zu machen, braucht es eben auch Lebensqualität. Kita-Plätze, Grundschule im Ort, ein guter ÖPNV – das ist ein Gesamtpaket. Und es braucht Unterstützung bei beispielsweise beim barrierefreien Umbau von Praxen bei Übernahme“, betont Anger.
Modelle wie das der Polikliniken, also Versorgungszentren in kommunaler Trägerschaft, müssten aus ihrer sicht in den Fokus rücken, denn auch die Arbeitsbedingungen und vor allem die Anforderungen an Arbeit hätten sich verändert.
Das Modell des selbstständigen Zahnarztes, der allein seine Praxis führt, werde sich überholen. Im Interesse stünden eher Praxisgemeinschaften, in denen man nicht nur Technik und Tresen sich teilt, sondern sich auch vertreten kann, sagt die Politikerin.