Bevölkerung ist für Özdemirs Vorstoß

FDP und CDU gegen Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel

mg
Die FDP will die geplanten Beschränkungen bei Werbung für ungesunde Kinderlebensmittel weiter blockieren. Unterstützung bekommt sie dabei von CDU-Parteichef Friedrich Merz.

„Solange Cem Özdemir keinen sinnvollen und praktikablen Gesetzesvorschlag abgibt, werden wir das parlamentarische Verfahren nicht einleiten“, sagte Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, in der „Bild“ vom Montag. Auch CDU-Parteichef Friedrich Merz machte im ZDF-Sommerinterview am vergangenen Sonntag deutlich, dass er von dem lange geplanten und noch einmal abgeschwächten Werbeverbot des Bundesernährungsministers nichts hält. „Wir müssen raus aus diesen ständigen Verboten“, sagte Merz. Özdemir denke in seinem Ministerium „nur noch über Werbeverbote und Essverbote“ nach.

Die Bevölkerung sieht das anders: Jüngst ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch, dass zwei Drittel der Deutschen dafür sind, die Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt rund um Schulen und Kindergärten sowie im Fernsehen und Internet weitgehend einzuschränken. Ebenso viele sind besorgt, dass Kinder und Jugendliche zu viele Snacks und Süßigkeiten essen (zm berichtete).

Hocker ficht das nicht an: Ein Gesetz müsse jedoch „anstatt pauschaler Verbote“ vor allem auf mehr Bewegung und Ernährungsbildung setzen, um Kinder vor den Gefahren extremen Übergewichts zu schützen. Damit wiederholt Hocker beinahe wortgleich ein im Februar 2023 vom Lebensmittelverband in einer Pressemitteilung vorgebrachtes Argument. Die Lobbyorganisation der Nahrungsmittelwirtschaft sieht zudem „keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit der Werbebeschränkungen auf die Gesamternährung und die Entwicklung von kindlichem Übergewicht“.

Dem widersprechen der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die Techniker Krankenkasse, das Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten, die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin und viele andere Player des Gesundheitswesens. Sie forderten darum Ende 2022 zusammen mit zahlreichen Organisationen und Verbänden – darunter auch der Bundeszahnärztekammer – in einem offenen Brief an die Ampel-Koalition, Werbung für Lebensmittel mit viel Fett, Zucker oder Salz stark einzuschränken.

2020 war sogar der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim damals noch von der CDU geführten Ministerium zu dem Ergebnis gekommen, dass an Kinder gerichtete Werbung für „nicht und wenig gesundheitsfördernde Lebensmittel“ eingeschränkt werden. Weiter heißt es: „Die bisherigen Selbstverpflichtungen im Bereich der Werbebeschränkungen für Getränke an Kinder sollten durch ein gesetzliches Werbeverbot für Getränke mit hohem Zuckeranteil in der kindergerichteten Werbung ersetzt werden.“ Fazit des Berichts: „Eine umfassende Transformation des Ernährungssystems ist sinnvoll, sie ist möglich, und sie sollte umgehend begonnen werden.“

In einem Interview mit der „Bild“ widersprach Özdemir dem Vorwurf, er lebe mit dem geplanten Gesetz Verbotsfantasien aus. Er empfahl, nun schnell ins parlamentarische Gesetzgebungsverfahren zu kommen. „Dann kann die FDP im Bundestag Verbesserungsvorschläge machen.“

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