Reaktionen auf die Krankenhausreform

Hitzige Debatten und Kritik aus Verbänden und den Ländern

pr
Politik
Nach hitzigen Debatten mit gegenseitigen Vorwürfen von Regierung und Opposition hat der Bundestag die umstrittene Krankenhausreform beschlossen. Auch aus Verbänden und den Ländern kommt Kritik.

Zweieinhalb Jahre nach Beginn des Beratungsprozesses hat der Deutsche Bundestag gestern das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) beschlossen. „Wir brauchen diese Reform, und zwar jetzt,“ erklärte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu Beginn der Debatte. Er sprach von einer historischen Reform. Die Veränderungen seien überfällig und dringlich, denn der Krankenhaussektor befinde sich in der Krise. Zwar habe Deutschland die teuerste Krankenhausversorgung Europas, aber nicht die beste. Die Behandlungsqualität bei wichtigen Eingriffen wie Krebs sei mittelmäßig. Jedes dritte Bett stehe leer. Es gehe darum, eine moderne, qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung zu schaffen.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte in der Debatte an, sich im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses einzusetzen. Die Ampelkoalition sei nicht auf die Einwände der Länder eingegangen. Zudem gebe es keine Auswirkungsanalyse, so dass niemand wisse, was die Reform für die Kliniken bedeute. Er wolle die Reform nicht stoppen, sagte er mit Blick auf die Entscheidung im Bundesrat, aber eine Überarbeitung sei nötig. Auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) – als Gast im Bundestag – hatte sich für ein Vermittlungsverfahren ausgesprochen.

Tino Sorge: „Herangehensweise ist eine Farce“

Der Abgeordnete Tino Sorge (CDU/CSU) gestand zu, dass eine Struktur- und Finanzreform im Krankenhaussektor sinnvoll sei, allerdings sei die Herangehensweise „eine Farce“. Er hielt Lauterbach vor, sich weder mit den Kliniken noch mit den Ländern ausreichend abgestimmt zu haben, die für die Krankenhausplanung zuständig sind. Er erinnerte daran, dass der Gesetzentwurf ursprünglich im Bundesrat zustimmungspflichtig sein sollte.

Während die Grünen die Reform als einen großen Fortschritt einordneten und die FDP eine flächendeckende Versorgung auf dem Land und in der Stadt gewährleistet sehen, warnte die AfD vor einem weiteren Kliniksterben. Der Gesundheitsausschuss hatte am Tag der Bundestagsabstimmung noch 50 Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Regierungsentwurf angenommen, die sich vielfach mit der technischen Umsetzung der Reform befassten.

Dr. Klaus Reinhardt: „Reform ist noch nicht am Ziel“

Kritische Reaktionen kommen auch aus den Verbänden. So sprach der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, von einigen relevanten Verbesserungen im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens. Gleichwohl sei die Reform noch nicht am Ziel. Es stimme nachdenklich, dass sie beschlossen werden solle, obwohl mit dem Leistungsgruppen-Grouper und der Auswirkungsanalyse zentrale Reformbausteine noch nicht vorgelegt worden seien, erklärte er. Und für den Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird überdeutlich, dass Lauterbach eine krankenhauszentrierte Versorgung schaffen wolle – koste es, was es wolle. Statt die ambulante Versorgung zu stärken, werde sie weiter ausgehöhlt – möglicherweise, um die bisher in den Praxen tätigen Kolleginnen und Kollegen zu einer Tätigkeit als Angestellte in einer Krankenhausstruktur zu bringen, formulierte der Vorstand. Und der Hausärztinnen- und Hausärzteverband befürchtet, die Reform werde die Rahmenbedingungen für die Hausarztpraxen verschlechtern.

Der GKV-Spitzenverband kritisiert weiterhin die enormen Umsetzungskosten des KHVVG und die Folgen für die Beiträge der GKV-Beitragszahlenden. Dazu Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende: „Wir haben kein Verständnis dafür, dass die Koalition die verfassungsrechtlichen Bedenken den Transformationsfonds betreffend ignoriert hat. Die Finanzierung des Transformationsfonds ist in großen Teilen verfassungswidrig. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass es hier zu einer fairen und verfassungskonformen Finanzierung kommt.“

Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) steht fest: „Dieser Gesetzentwurf steht für eine fortgesetzte kalte Marktbereinigung mit wegbrechenden Krankenhausstandorten, den Einstieg in die Rationierung und Wartelistenmedizin, einen gigantischen Bürokratieauswuchs und planwirtschaftliche Strukturen mit maximaler Zentralisierung. Das ist keine Krankenhausreform im Interesse der Patienten und der Bürgerinnen und Bürger in vielen Regionen des Landes.“

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