Pharmaindustrie unterläuft Arzneimittelreform
Laut Reform soll für neue Medikamente der vom Hersteller gesetzte Preis nur noch ein Jahr lang gelten. In dieser Zeit müsse mit dem GKV-Spitzenverband ein Rabatt ausgehandelt werden, der sich am therapeutischen Nutzen orientiert, berichtet das "Handelsblatt".
Zwar sagte ein Sprecher des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA): "Wir werden am 1. Februar, wie im Dezember angekündigt, die Preise für die Wirkstoffe melden, für die Rabatte ausgehandelt wurden. Und wir werden das rechtskonform tun".
Eine Frage der Interpretation
Doch was der Verband als rechtskonform betrachtet, ist augenscheinlich ein sehr umstrittenes Vorgehen: Als offizieller Apothekenverkaufspreis soll dem "Handelsblatt" zufolge nämlich erneut der alte Listenpreis an die Ifa GmbH gemeldet werden, die die Preisliste führt. Der ausgehandelte Rabatt soll nur zusätzlich registriert werden.
Mondpreise trotz Rabatte
In der Konsequenz würde der Listenpreis von Medikamenten in Deutschland dann nicht mehr mit dem Preis übereinstimmen, der tatsächlich von den in Deutschland lebenden Versicherten verlangt wird. Denn dieser ergibt sich aus dem Herstellerabgabepreis minus des Rabatts; danach wird die gesetzliche Handelsspanne für Apotheker aufgeschlagen. Mehrwertsteuer und Zuzahlungen der Versicherten würden sich paradoxerweise trotzdem weiter nach den Mondpreisen der Liste richten - ohne den Rabatt.
Darum fordern Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und der GKV-Spitzenverband, dass künftig der offizielle Listenpreis auch den Rabatt widerspiegelt. Die Hersteller seien verpflichtet, alle Angaben zu machen, "einschließlich der für die Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreise" zitiert das Blatt Staatssekretärin Ulrike Flach.
Zahnloser Bahr
Indes ließ das BMG lange zu, dass die Kassen bis heute die alten Preise zahlen müssen, obwohl die ersten Rabatte bereits vergangenen Januar ausgehandelt wurden. Bislang geht es um elf Medikamente und jährliche Einsparungen von 25 Millionen Euro.
Die Regierung verhalte sich "zahnlos" tadelte die grüne Gesundheitsexpertin Biggi Bender. Die Industrie rechtfertigt sich: Sie sei immer zu einer nachträglichen Abrechnung der Rabatte bereit gewesen. Und will es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen - mit Verweis auf die mit den Kassen geschlossene Rahmenvereinbarung. Deren Wortlaut spreche eindeutig für die Rechtssicht der sechs Pharmaverbände.