Vapes? Nur noch auf Rezept!
Laut Schätzungen greifen 1,5 der knapp 27 Millionen Australierinnen und Australier ab dem Alter von 14 Jahren regelmäßig zu Vapes. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen vier Jahren fast verdreifacht. Das Gesetz „Therapeutic Goods and Other Legislation Amendment (Vaping Reforms) Act 2024“ soll das nun ändern. Seit dem 1. Juli muss man in Australien ein Rezept in der Apotheke vorlegen, um Vapes zu kaufen.
Die Verschreibung kann, nach einer Konsultation von Ärzten, Ärztinnen oder Nurses ausgestellt werden. Vapes, so die Vorgabe der Regierung, sollen dabei nur verschrieben werden, wenn sie dem Zweck der Rauchentwöhnung dienen. Um die Produkte unattraktiver zu machen, wurde zudem die Anzahl der Geschmacksrichtungen stark eingedampft. Erhältlich sind Vapes jetzt nur noch in den Aromen Minze, Menthol und Tabak. Der Import von Vapes wurde verboten.
Die australische Regierung möchte Vapes vor allen Dingen aus Gründen des Jugendschutzes aus dem Einzelhandel entfernen. „Die großen Tabakkonzerne haben Vapes als therapeutisches Mittel angepriesen, das hartgesottenen Raucherinnen und Rauchern helfen würde, endlich mit dem Rauchen aufzuhören“, sagte Gesundheitsminister Mark Butler. „In Wirklichkeit sind Vapes ein Instrument, um eine neue Generation für den Konsum zu gewinnen.“
Die Apothekerschaft reagiert wenig begeistert
Schon am 1. Oktober 2024 sieht das neue Gesetz eine weitere Änderung in den Abläufen vor. Dann können Apotheken „therapeutische Vapes“ auch ohne Rezept an Volljährige ab 18 Jahren abgeben. Verschreibungen sind dann nur notwendig, wenn der Nikotingehalt einen bestimmten Grenzwert überschreitet. Die Pflicht festzustellen, ob die Vapes der Entwöhnung dienen, und die Aufklärung über die Gesundheitsgefahren obliegt dann den Apothekerinnen und Apothekern. Den Berufsstand versetzt das offenkundig nicht in Begeisterung. Die „Pharmacy Guild of Australia“, der Dachverband der rund 5.800 Apotheken im Land, äußerte heftige Kritik an dieser Regelung. Als Angehörige der Gesundheitsberufe wolle man keine potenziell schädlichen, stark süchtig machenden Produkte ohne Rezept abgeben, teilte die Organisation mit. Die langfristigen Auswirkungen von Vapes auf die Patientensicherheit seien noch nicht ausreichend erforscht.
Auch das wird den Kooperationswillen der Apothekerschaft nicht befeuert haben: Laut Catherine Bronger, Apothekerin aus Sydney und Vizepräsidentin der Pharmacy Guild im Bundesstaat New South Wales, sei man „völlig überrascht“ davon gewesen, dass künftig Apotheken der Hauptvertriebsweg für Vapes sein sollen. „Wir wurden erst ein paar Tage vor dem Inkrafttreten informiert“, sagte sie gegenüber dem Sender ABC. „Es gibt viele Apothekerinnen und Apotheker, die wirklich nicht an der Versorgung mit Vapes beteiligt sein wollen. Wir sind nicht die Polizei. Wir sollten diese Artikel nicht kontrollieren müssen, vor allem, weil wir wissen, dass sie oft von Minderjährigen konsumiert werden.“
Gesundheitsminister Butler betonte, dass Apotheken nicht gezwungen würden, Vapes zu verkaufen. „Sie sind nicht im Besitz der Regierung, also können sie nicht von der Regierung angewiesen werden, was sie verkaufen. Einige Apotheken bieten Methadonbehandlungen an, andere nicht“, sagte er. „Das ist eine individuelle Entscheidung.“
Das Gesetz hat aber auch Fans
Dass Vapes aus dem Einzelhandel verbannt wurden, sieht die Organisation „Quit Australia“, die Menschen beim Rauchstopp unterstützt, durchweg positiv. „Die Reformen sind wichtig, um junge Menschen vor einer Industrie zu schützen, die sie von Nikotin abhängig machen und den Weg zu lebenslanger Abhängigkeit ebnen will“, sagte Quit-Geschäftsführerin Rachael Anderson. Junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren würden am häufigsten zu Vapes greifen. Knapp die Hälfte habe Vapes bisher mindestens einmal konsumiert, über ein Fünftel greife regelmäßig dazu.
Die „Australian Medical Association“ (AMA), der rund 30.000 Medizinerinnen und Mediziner angehören, begrüßt die Reformen als eine Möglichkeit, die „wachsende Krise der öffentlichen Gesundheit durch das Vapen“ zu beenden. AMA-Präsident Prof. Steve Robson sagte in einem Statement: „Vapes werden oft in bunten Farben und fruchtigen Geschmacksrichtungen verpackt und auch in Geschäften in der Nähe von Schulen verkauft. Tatsächlich enthalten diese Produkte aber eine Reihe von Schadstoffen wie Diacetyl, Formaldehyd, Chlor, Benzol, Quecksilber und Arsen, die alle langfristige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben und Krebs verursachen können.“ Eine von drei Personen, die dampft, greift demnach später auch zur Zigarette, betonte Robson. Die „Australian Dental Association“ äußerte sich nicht öffentlich zu dem neuen Gesetz.
Hat Neuseeland den besseren Weg gewählt?
In drei Jahren will die Regierung evaluieren, was die Restriktionen gebracht haben. Für Dr. Colin Mendelsohn – in Australien ist der Mediziner ein bekannter Experte auf dem Gebiet der Raucherentwöhnung – ist klar: Das Vorhaben wird scheitern. „Dieser Vorstoß wird den Anteil der Jugendlichen, die dampfen, nicht verringern. Stattdessen wird es den Schwarzmarkt stärken, der weiterhin unregulierte, nikotinreiche, aromatisierte Vapes an junge Menschen abgeben wird“, so seine Einschätzung.
Mendelsohn empfiehlt, sich am Nachbarland Neuseeland zu orientieren. Dort werden Vapes seit 2020 reguliert, indem sie für Erwachsene ausschließlich in lizenzierten Einzelhandelsgeschäften verkauft werden. Das System scheint zu funktionieren: Mendelsohn zufolge ist seitdem die Raucherquote bei Erwachsenen mehr als doppelt so schnell gesunken wie in Australien, ohne dass eine nennenswerter Schwarzmarkt entstanden sei. Aus seiner Sicht ist dieser Weg, kombiniert mit Aufklärungskampagnen, der bessere Weg, um Gesundheitsschäden durch Rauchen entgegenzuwirken.