Befragung in fünf europäischen Städten

Was Menschen davon abhält, sich gesund zu ernähren

nb/pm
Gesellschaft
Laut einer umfangreichen internetbasierten Befragung behindern vor allem fehlende Willenskraft, Zeitmangel und Geschmackpräferenzen die gesunde Ernährung Erwachsener. Doch auch Alter und Geschlecht wirken sich auf die Ernährungsqualität aus.

Individuelle Rahmenbedingungen können das Ernährungsverhalten beeinflussen - zum Beispiel sind für viele Menschen Faktoren wie Zeitmangel, Kosten oder Geschmacksvorlieben Hürden, die sie daran hindern, sich gesund zu ernähren. Diese Faktoren können sich in verschiedenen Bevölkerungsgruppen jedoch deutlich unterscheiden - beispielsweise empfinden ältere Frauen weniger Zeitmangel und halten gesunde Nahrungsmittel eher für leicht verfügbar als ihre jüngeren Zeitgenossen.

Über 6.000 Menschen aus fünf europäischen Städten wurden befragt

Da sich viele Studien bislang mit Populationsuntergruppen beschäftigt haben und Evidenz für allgemeine Bevölkerungsgruppen fehlt, wurden nun Zusammenhänge zwischen den wahrgenommenen Hindernissen für eine gesunde Ernährung und deren Auswirkungen auf das Ernährungsverhalten bei Erwachsenen in städtischen Regionen aus fünf verschiedenen europäischen Ländern untersucht. Vorhandene Assoziationen wurden dabei im Hinblick auf Altersgruppen, Geschlecht, Bildungsstand, Gewicht, Haushaltszusammensetzung, Beschäftigungsstatus und städtische Region näher analysiert.

Die Studie wurde in fünf europäischen Städten mit ihren Vororten durchgeführt: Gent, Paris, Budapest, Randstad und London. In jeder Stadt wurden zwölf Wohngegenden mit bestimmter Bevölkerungsdichte und sozioökonomischen Merkmalen ausgewählt, aus denen Erwachsene zu einer Onlinebefragung eingeladen wurden. Darin wurden 6.037 Personen zu demografischen Daten, ihrer Nachbarschaft, sozialer Umgebung Gesundheit, Motivation und Hemmnissen hinsichtlich einer gesunden Ernährung, Essgewohnheiten, Adipositas-assoziiertem Verhalten sowie zu ihrer Größe und dem Körpergewicht befragt.

Mangelnde Willenskraft ist der häufigste Hinderungsgrund

Das durchschnittliche Alter der Befragten betrug 52 ± 16,4 Jahre, 55,9 Prozent von ihnen waren weiblich, und die meisten Teilnehmer waren gut ausgebildet (53,5 Prozent). 45,7 Prozent der Befragten waren eigenen Angaben nach übergewichtig oder adipös.

Die am häufigsten genannten Gründe für eine ungesunde Ernährung waren fehlende Willenskraft (44,6 Prozent, besonders Frankreich, Niederlande, UK), gefolgt von einem hektischen Alltag (42,9 Prozent, in Belgien auf dem ersten Rang), dem Preis für gesunde Lebensmittel (31,8 Prozent, vor allem in Ungarn) und unregelmäßigen Arbeitszeiten (31,5 Prozent). Fast alle Hemmnisse waren signifikant und invers mit dem Verzehr gesunder Nahrungsmittel assoziiert. Am stärksten wirkte sich dabei fehlende Willenskraft aus: Personen, die dies als Hürde wahrnahmen, aßen weniger Obst, Gemüse und Fisch und kochten seltener zu Hause.

Die Autoren vermuten, dass fehlende Willenskraft besonders häufig als Hürde für eine gesunde Ernährung wahrgenommen wird, weil dies allgemein in der öffentlichen Meinung und den Medien als Schlüsselfaktor für das Essverhalten und das Körpergewicht gilt. Sie führen als Begründung an, dass es in einer Umgebung, in der energiereiche Lebensmittel jederzeit verfügbar sind, schwierig ist den Versuchungen zu widerstehen.

Nicht nur Zeitmangel verführt zu Fast-Food

Ein Hemmnis für selbstgekochte Mahlzeiten war neben der fehlenden Willenskraft Zeitmangel. Mit einem geringeren Ostverzehr wurden zusätzlich auch noch Preis und Geschmack in Verbindung gebracht, und Personen mit unregelmäßigen Arbeitszeiten frühstückten seltener.

Alle beschriebenen Barrieren für eine gesunde Ernährung waren positiv mit dem Konsum von Fast-Food assoziiert: Personen mit fehlender Willenskraft, einem geschäftigen Lebensstil oder der Ansicht, dass gesunde Lebensmittel wenig ansprechend sind, verzehrten diese mit mehr als doppelt so großer Wahrscheinlichkeit mindestens zweimal pro Woche.

Altersgruppe und Geschlecht beeinflussten, welche Lebensmittel als attraktiv betrachtet wurden: Junge Menschen, die gesunde Nahrungsmittel als wenig ansprechend empfanden, aßen täglich weniger Obst und Gemüse (52 beziehungsweise 59 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit).

Andere Studien hatten zuvor gezeigt, dass besser ausgebildete Menschen eher einen gesunden Lebensstil haben. Die Autoren nehmen deshalb an, dass Bildung im Rahmen von Präventionsmaßnahmen ein wirksamer Effektor sein könnte.

Pinho MGM et al., Department of Epidemiology and Biostatistics, Amsterdam Public Health Research Institute, VU University Medical Center, De Boelelaan 1089a, 1081 HV, Amsterdam, The Netherlands; Eur J Nutr. 2018 Aug;57(5):1761-1770. doi:10.1007/s00394-017-1458-3.m.matiasdepinho@vumc.nlaus IME Wissenschaftlicher Informationsdienst 4/2018

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