Muskuloskelettale Beschwerden

Rückenschmerzen: Zahnmedizinisches Personal ist besonders betroffen

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PraxisGesellschaft
84 Prozent der ZahnärztInnen sind von Schmerzen des Haltungs- und Bewegungsapparats betroffen, ebenso wie 91 Prozent der DentalhygienikerInnen. Was dagegen hilft und was nicht erklären zwei aktuelle Studien.

Arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen sind in der zahnärztlichen Berufsgruppe weit verbreitet. Dabei zeigen zwei aktuelle Studien, dass fast jede Dentalhygienikerin und die Mehrheit der ZahnärztInnen darunter leiden. Sie stellen nicht nur eine psychische Belastung dar, sondern können auch zu Fehlzeiten, finanziellen Ausfällen oder sogar Berufsunfähigkeit führen.

mehr als fünf Arbeitsstunden pro Tag sind problematisch

In einer italienischen Querschnittsbeobachtungsstudie gaben rund 84,6 Prozent von 284 befragten Zahnärztinnen und Zahnärzten an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten arbeitsbedingte Schmerzen des Bewegungs- und Halteapparats hatten, wobei Frauen eine höhere Prävalenz (87 Prozent) zeigten als Männer (80 Prozent). Das Auftreten von Schmerzen korrelierte mit der täglichen Arbeitsdauer: je mehr Stunden gearbeitet wurde, desto höher war die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Beschwerden.

Die Forschenden benennen mehr als fünf Stunden pro Tag und mehr als 30 Wochenstunden als Grenze, bei deren Überschreiten das Risiko für arbeitsbedingte Schmerzen des Bewegungs- und Halteapparats besonders hoch ist. Mehrere Pausen täglich wirkten sich positiv aus, während Durcharbeiten einen negativen Effekt hatte.

Vorgeneigte Kopfhaltung und Asymmetrie sind das Problem

Laut Studie traten die Beschwerden bei den Teilnehmenden mit 59,9 Prozent am häufigsten im Nackenbereich auf, gefolgt von der Lendenwirbelsäule (52,1 Prozent), den Schultern (43,3 Prozent), dem mittleren Bereich der Wirbelsäule (37,7 Prozent). 30,6 Prozent erwähnen Schmerzen in den Handgelenken. Als Grund für das weit verbreitete Auftreten von Beschwerden sehen die Forschenden die asymmetrische Arbeits- sowie die immerzu nach vorn geneigte Kopfhaltung, wodurch insbesondere die Nackenmuskulatur überlastet wird.

Im Lendenbereich hängen die Beschwerden „vor allem mit dem Verlust der Lendenlordose durch falsche Sitzhaltung, mangelnde Hüftneigung beim Sitzen und Vorwärtsbeugen bei der Arbeit sowie mit der relativen Schwäche der Stabilisierungsmuskeln der Lendenwirbelsäule durch langes und falsches Sitzen zusammen” [Gandolfi et al., 2021].

Bemerkenswert sei, dass Berufsanfänger nach zwei bis fünf Jahren Tätigkeit am häufigsten berufsbedingte Schmerzen angaben. Im ersten Jahr nach Berufsbeginn sowie in späteren Berufsjahren (30 Jahre berufliche Praxis) waren die Beschwerden vergleichsweise geringer. Die AutorInnen vermuten, dass im ersten Berufsjahr häufiger kürzere und einfachere Behandlungen im Vordergrund stehen und sich mit Lern- und Studienphasen abwechseln, während komplexere und längere Behandlungen im späteren Berufsleben folgen.

gezielte Bewegung in den Pausen hilft

Die Ergebnisse der Befragung zeigen auch, dass Teilnehmende, die regelmäßig Yoga oder Stretching praktizierten vergleichsweise weniger Beschwerden hatten. Die Forschenden verweisen hier auf frühere Studien, die bereits zeigten, dass Yoga zu einer tiefen Muskelentspannung führen und Immobilität entgegenwirken kann.

In einer weiteren Studie befassten sich Forschende mit berufsbedingten muskuloskelettalen Beschwerden von DentalhygienikerInnen (DH). Insgesamt umfasste die Befragung 396 weibliche und 72 männliche Teilnehmende. Ergebnis: in dieser Berufsgruppe zeigten ähnliche Beschwerdebilder wie bei ZahnärztInnen. So gaben 30,6 Prozent an, Schmerzen im Bereich der Nackenwirbelsäule zu haben. 23,3 Prozent berichteten von Beschwerden in der Lendenwirbelsäule und 25 Prozent in den Schultern (25 Prozent).

Von den Befragten gaben 18 Prozent zudem an, aufgrund von berufsbedingten Schmerzen bereits Arbeitsausfälle gehabt zu haben. Von ihnen litten rund die Hälfte an chronischen, die andere Hälfte an akuten Schmerzen. Es zeigte sich, dass Dehnübungen und Bewegung die Beschwerden verringern konnten.

Die Forschenden erläutern, dass sich die arbeitsbedingten Belastungen in dieser Berufsgruppe insbesondere durch intensive, repetitive Handbewegungen und stärkeren Vibrationen im Bereich des Handgelenks von denen der Zahnärzte unterscheiden. 

Arbeiten mit Lupenbrille könnte Nackenschmerzen vorbeugen

Laut Studie wurde das Auftreten von Muskel- und Skeletterkrankungen nicht von der Art der Sitzgelegenheit beeinflusst, obwohl vorangegangene Studien bereits Hinweise darauf gaben. So könnte der Sattelstuhl durch seine ergonomischere Haltung eine präventive Wirkung haben. Ebenso wenig zeigten sich bei zahnärztlichen Teilnehmenden positiven Effekte beim regelmäßigen verwenden einer Lupenbrille. Nur bei DH, die regelmäßig mit einer Lupenbrille arbeiten, traten Nackenbeschwerden weniger häufig auf – der Effekt war jedoch nicht statistisch signifikant. Der größere Abstand zum Arbeitsbereich ermöglicht eine aufrechtere und ergonomischere Haltung, schreiben die AutorInnen, was einer Überlastung der Nackenmuskulatur entgegenwirken kann.

Die Schlussfolgerung aus beiden Studien lautet, dass Prävention bereits in der Ausbildung begonnen werden sollte. Ergonomische Schulungen sind zwar bereits Bestandteil der Lehre, sollten aber noch mehr Raum einnehmen, so die AutorInnen. Vergrößerungshilfen und passende Bestuhlung können helfen, ergonomischer zu arbeiten, heißt es. Sollte eine Verkürzung der Arbeitszeit am Stuhl nicht möglich sein, sollten immerhin regelmäßige Pausenzeiten eingehalten und Dehnübungen durchgeführt werden, die Beschwerden mildern können. Saccucci M, Zumbo G, Mercuri P, Pranno N, Sotero S, Zara F, Vozza I. Musculoskeletal disorders related to dental hygienist profession. Int J Dent Hyg. 2022 May 2. doi: 10.1111/idh.12596. Epub ahead of print. PMID: 35499290.Gandolfi MG, Zamparini F, Spinelli A, Risi A, Prati C. Musculoskeletal Disorders among Italian Dentists and Dental Hygienists. Int J Environ Res Public Health. 2021 Mar 8;18(5):2705. doi: 10.3390/ijerph18052705. PMID: 33800193; PMCID: PMC7967428.

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