Zweifel an Physiker-Einschätzung

Viele Luftfilter-Studien haben die Hersteller bezahlt

mg
Praxis
Viele Luftfilter-Studien sind von Herstellern gesponsert, zeigt eine Recherche der Süddeutschen Zeitung. Die Reporter decken auf, wie ein Physiker, der für zehn Hersteller arbeitet, die Geräte promotet.

Der Bericht sät schwere Zweifel an den Ausführungen Christian Kählers. Kähler ist Leiter des Bereichs Strömungsmechanik an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg bei München - und seit Monaten in der öffentlichen Diskussion um den Einsatz von Lüftungsgeräten als Corona-Schutzmaßnahme präsent wie kein Zweiter. Unermüdlich rief er dazu auf, hochwertige Luftfilter in allen Klassenräumen der Republik aufzustellen.

Allerdings wurde keine seiner wissenschaftlichen Arbeiten, mit denen der Physiker argumentiert, ist in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. "Nahezu alle sind von Luftfilterherstellern finanziert”, schreibt das Blatt.

Das Umweltbundesamt hält Fensterlüftung für ausreichend

Der Physiker hatte immer wieder gegenüber Medien erklärt, die Lüftung über Fenster genüge in aller Regel nicht, „um Viren aus einem Raum zu entfernen”. Dabei kontrastierten seine Ausführungen stark mit den Empfehlungen des Umweltbundesamts (UBA), auf das auch das Robert Koch-Institut (RKI) verweist. Das UBA hält die herkömmliche Fensterlüftung in der Mehrzahl der Schulzimmer für ausreichend.

Keine Publikation sieht eine Notwendigkeit für die Geräte

Die zuständige Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am UBA erklärte bereits zu einem frühen Pandemiezeitpunkt in ihremLeitfaden zur Fensterlüftung„den Einsatz von mobilen Luftreinigern in Klassenräumen oder zu Hause für nicht geeignet, da sie das aktive Lüften nicht ersetzen, sondern allenfalls in Einzelfällen flankieren können".

Trotzdem entschied die Bundesregierung, 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, damit mobilen Lüftungsgeräte in Klassenzimmern und Kitaräumen aufgestellt werden können. Rechnet man Landesmittel hinzu, belaufen sich die Förderungen nach SZ-Recherchen auf mittlerweile etwa 700 Millionen Euro.

Im Herbst 2020 hatte eine Studie des Physikers Joachim Curtius von der Universität Frankfurt mobile Luftreiniger als gute, zusätzliche Vorsichtsmaßnahme beschrieben. Dies gelte jedoch, hieß es damals, „insbesondere für Fälle, wo die Fenster nicht richtig geöffnet werden können”.

Generell muss öfter und mehr gelüftet werden

Zwei Monate zuvor präsentierte Ergebnisse der Technischen Universität Berlin ( zm berichtete ), wiesen lediglich aus, dass Räume mit Lüftungsanlagen bestehende Luft-Grenzwerte „oft besser erfüllen” als Räume mit Fensterlüftung. Die Berliner rieten damals zur Einhaltung der Lüftungsregeln für Arbeitsstätten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Generell müsse öfter und mehr gelüftet werden als gedacht. Das deckt sich mit Kählers Ausführungen. Außer, dass der Physiker dringend zum Einsatz der Produkte seiner Geldgeber auffordert.

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