Arbeiten mit Guttapercha
Anforderungen an ein Wurzelfüllmaterial
Neben der Instrumentation und Desinfektion ist auch die Wurzelfüllung des aufbereiteten Wurzelkanals eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung.
Die Hauptziele der Wurzelfüllung sind, die Reinfektion des Endodonts mit Mikroorganismen zu verhindern sowie das Wachstum von Mikroorganismen zu minimieren, welche nach Instrumentation und Desinfektion im Wurzelkanal verbleiben können. Dabei sollte das angewandte Wurzelfüllmaterial die periapikalen Gewebe nicht reizen, den Wurzelkanal lateral und vertikal dicht verschließen, möglichst keine Kontraktion aufweisen und volumenbeständig sein.
Da momentan kein einzelnes Material diesen Ansprüchen gerecht wird, benutzt man zur Wurzelfüllung ein Kernmaterial zusammen mit einem fließfähigen Zement. Der Zement sollte dabei nicht zu schnell abbinden und nach dem Abbindevorgang eine gute Haftung zum Dentin und zum Kernmaterial aufweisen. Zusätzlich sollte der Zement in Gewebsflüssigkeit unlöslich sein und möglichst gering expandieren.
Dass kein Wurzelfüllmaterial sämtlichen dieser Anforderungen gerecht wird, wird auch durch die Vielzahl der auf dem Markt erhältlichen Wurzelkanalfüllmaterialien und angewandten Wurzelfülltechniken deutlich.
Gegenwärtig sind Wurzelkanalfüllungen mit Guttapercha und einem Zement die biologisch günstigste, am besten untersuchte und daher vorhersagbarste Wurzelfüllmethode.
Zusammensetzung von Guttapercha
Guttapercha ist der Milchsaft einer in Südostasien und Südafrika vorkommenden tropischen Baumart. Für die zahnmedizinische Verwendung werden dem Rohstoff noch weitere Bestandteile beigefügt, um die Eigenschaften für den endodontischen Gebrauch zu verbessern. Dentale Guttapercha setzt sich aus Zinkoxid (33-62,5%), Guttapercha (19-45%), BaSO4 (1,5-31,2%), Wachsen und Kunststoffen (1-4,1%) sowie verschiedenen Farbstoffen (1,5-3,4%) zusammen.
Der Zusatz von Bariumsulfat dient der Röntgenopazität, Wachse und Kunststoffe fungieren als Weichmacher, und Zinkoxid dient in erster Linie als Füller und verleiht der Guttapercha zusätzlich eine moderate antibakterielle Wirkung.
Chemisch betrachtet ist Guttapercha ein Polyisopren, welches aus mehreren Isoprenuntereinheiten zusammengesetzt ist. Es lässt sich in eine α- und eine β-Form unterteilen. Die α-Phase ist die Ausgangsform, welche man im Rohkautschuk findet. Wird diese auf über 65 °C erhitzt und dann rasch abgekühlt, kommt es zu einem Übergang in die β-Phase. Dieser Vorgang ist durch erneutes Erwärmen reversibel. Die Eigenschaften dieser unterschiedlichen Phasen macht man sich in der Endodontologie zunutze.
Da die α-Phase klebrig und fließfähig ist, kommt sie bei den thermoplastischen Verfahren zum Einsatz. Durch die weiche Konsistenz ist sie nicht für die herkömmlichen Kalttechniken geeignet, da man sie nicht ausreichend kondensieren kann. Hier findet die β-Form mit der höheren Härte Verwendung.
Eigenschaften von Guttapercha
Die gute Biokompatibilität, die gute Abdichtung gegenüber Feuchtigkeit, die nicht Resorbierbarkeit sowie die Möglichkeit einer sterilen Lagerung sind Eigenschaften von Guttapercha, welche die verbreitete Anwendung in der Zahnheilkunde erklären. Zu langes Lagern hingegen führt durch den Einfluss von Licht und Wärme dazu, dass die Guttapercha spröde und brüchig wird. Es kommt dadurch zu Veränderungen im kristallinen Gefüge welche eine ausreichend gute Kondensierung unmöglich machen. Feucht gelagerte, weichere Guttapercha lässt sich besser verformen und kondensieren als trocken im Kühlschrank gelagerte
Wurzelkanalfüllungen mit Guttapercha: Anforderungen, Zusammensetzung und Eigenschaftenvon Ayhan Yildirim (1), Heinz-Theo Lübbers (1), Vedat Yildirim (2)Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Zentrum für Zahnmedizin der UniversitätZürich, Zürich (1), Schweiz und Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Deutschland (2), in: Swiss Dental Journal SSO, Vol 126, 1/2016