Mit dem Dentalmuseum durch 2025 – Teil 3

„Wien hat’s nicht, Linz hat’s nicht, und Utrecht auch nicht“

Das Dentalmuseum verfügt über einige echte Raritäten. Die Anzahl römischer Extraktionszangen wird in einer Abhandlung weltweit auf 20 Stück geschätzt. In Zschadraß gibt es drei. „Herr Haesler, die sind bei Ihnen im Dentalmuseum einfach am besten aufgehoben.“

Bei den turnusmäßigen Treffen des „Arbeitskreis Geschichte in der Zahnheilkunde“ hat immer mal wieder die eine oder der andere einen kleinen Schatz aus dem privaten Archiv mitgebracht. Eines Tages wollte auch Dr. Claus Simon die KollegInnen überraschen: Bei ihm im Büro in seiner Praxis hing – geschützt durch eine Sicherheitsanlage – seit den 1980er-Jahren dieser Schaukasten mit den zwei Extraktionszangen aus der Zeit Kaiser Konstantins, also gegen 300plus nach Christi.

„Hier ist das Besondere der archäologische Wert“, sagt Haesler. Der Museumsleiter ist da Advokat in eigener Sache: „Aus museologischer Sicht ist es immer von größter Wichtigkeit, zu wissen, in welchem Kontext die Objekte stehen, die Provenienz so weit als möglich zu recherchieren und mit dieser Gesamtbetrachtung die Objekte zu beleben.“

Die beiden oben abgebildeten Zangen konnte Simon, großer Sammler und Historiker der Dentalwelt, im Kunsthandel erwerben, ausgegraben worden waren sie einst im türkischen Isnik, südöstlich von Istanbul/Konstantinopel (siehe Karte). Jahrzehnte begleiteten die Extraktionszangen ihn in seiner Praxis in München – bis zur Übergabe ans Dentalmuseum vor rund vier Jahren. Viele seiner Sammlungsobjekte waren da schon ins Museum und Wissenschaftszentrum gewandert, als der Anruf kam, die Teile aus dem Foyer der Praxis auch noch abzuholen, die Praxis werde nun übergeben an seinen Nachfolger. Begrüßt wurde Haesler mit den Worten: „Marion [Simons Frau] hat gesagt, ich soll dir zuerst die römischen Zangen geben.“ So geschah es. Mit erhöhtem Puls, auf beiden Seiten.

Die erste überhaupt beschriebene römische Extraktionszange wurde bei der Ausgrabung des Römerkastells Saalburg 1894 gefunden. Ein Jahr bevor sie offiziell vorgestellt wurde, beschrieb sie der Historiker Dr. George Pierce Geist-Jacobi 1896 in seinem Buch „Geschichte der Zahnheilkunde“ so: „Die Zange ähnelt stark unserer sogenannten Bajonettzange [... und] die Form, lassen die Zahn-Extraktionszange nicht verkennen.“ Eine weitere wurde etwas später entdeckt, heute befinden sich im Museum der Saalburg daher zwei Zangen. Im Dentalmuseum gibt es davon zwei exakte Kopien, die 1913 in die Sammlung Proskauer/Witt aufgenommen wurden, plus eine dritte Kopie – und noch ein Original aus der ehemals „römischen“ Schweiz. In Summe gibt es zurzeit in Zschadraß also drei original römische Zangen und drei Kopien.

Nach fast vier Jahren in einer Sonderausstellung zu Historikern und Sammlern der Zahnheilkunde werden die Zangen jetzt umarrangiert: Neu konzipiert ist eine Vitrine zu den Anfängen der Zahnheilkunde: von vor etwa 12.000 Jahren über die römische Zeit bis circa 500 nach Christi.

In Teil 4 erzählen wir die Geschichte einer Moulage aus der Meisterschule Halle/Saale für Zahntechnik.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.