Die ePA in den Arztpraxen: Zwischen Hoffnung und Sorge
Für das siebte PraxisBarometer Digitalisierung hat das IGES Institut im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Sommer 2024 knapp 3.000 Praxen online befragt. Der Schwerpunkt ist in diesem Jahr das Thema elektronische Patientenakte (ePA), die ab dem kommenden Jahr für alle gesetzliche Versicherten verpflichtend eingeführt wird. Die Praxen berichten von ihren Erwartungen an die ePA.
Die Kommunikation der vertragsärztlichen Praxen untereinander ist in den vergangenen Jahren immer digitaler geworden. Bei der Kommunikation zwischen Praxen und Krankenhäusern zeigt sich allerdings wenig Bewegung, kommentiert die KBV die Umfrageergebnisse. Denn diese fänden nach wie vor fast ausschließlich in Papierform statt und das, obwohl 72 Prozent der Befragten einen hohen Nutzen im digitalen Entlassbrief sehen. Der stationäre Sektor müsse also endlich bei der Digitalisierung nachziehen, so die Forderung der KBV.
Den größten Nutzen bei der ePA erwarten die Vertragsärzte beim elektronischen Medikationsplan, Krankenhausentlassbriefen und Arztbriefen. Diese Einschätzung deckt sich damit zumindest in Teilen mit der gesetzlich vorgesehenen Reihenfolge bei der Befüllung der ePA. Hier müsse allerdings sichergestellt werden, dass andere Sektoren und Gesundheitsberufe bei der Digitalisierung und der Befüllung der ePA mitziehen.
E-Rezept und eAU haben sich etabliert
Die Befragungsergebnisse zeigen aber auch die Sorge vor der zeitlichen Belastung, die die ePA mit sich bringen wird. Um diesen Befürchtungen zu begegnen, müsse gewährleistet werden, dass die ePA ausreichend erprobt, nutzerfreundlich umgesetzt und aufwandsarm in der Anwendung ist, mahnt die KBV.
Die eAU ist ist den Angaben zufolge etabliert und hat inzwischen bei den Praxen, die AU-Bescheinigungen ausstellen, einen hohen Nutzungsgrad erreicht. Die meisten der anfänglich aufgetretenen Probleme seien gelöst, was sich in einer gestiegenen Zufriedenheit mit der Anwendung niederschlägt. Und auch beim eRezept zeigen sich eine hohe Verbreitung sowie überwiegend zufriedene Anwender. Anders als bei der eAU ist hier den Angaben zufolge allerdings die Ausstellung papierbasierter Verordnungen noch weit verbreitet. So gibt etwa die Hälfte der Praxen an, parallel Muster 16 zu nutzen.
Elektronische Signatur klappt noch nicht gut
Der elektronische Signiervorgang kostet die Praxen nach KBV-Angaben noch immer zu viel Zeit. Besonders gravierend sei, dass sich die Signierdauer im Vergleich zu den Ergebnissen der Vorjahre kaum verringert habe, teilt die KBV mit. Die gematik sei nun gefordert, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation zu verbessern. Hierzu gehört die verpflichtende Verlagerung des Signiervorgangs in den Hintergrund sowie die Einführung eines Speedtests für Hersteller.
Bei der Auswertung wurden die Ergebnisse der zehn am häufigsten in der Befragung vertretenen Praxisverwaltungssysteme (PVS) berücksichtigt. Hier zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Signierdauer und dem verwendeten PVS. Benötigen beim PVS mit der besten Performance 74 Prozent der Nutzer weniger als zehn Sekunden für die digitale Signatur, so erreichen beim PVS mit der schlechtesten Performance nur 19 Prozent diesen Wert. Auch die Hersteller müssen demnach ihren Teil dazu beitragen, den zeitlichen Aufwand für die digitale Signatur zu reduzieren.
Telematikinfrastruktur und ihre Fehlerhäufigkeit
Die Fehlerhäufigkeit der TI stellt noch immer eines der zentralen Probleme bei der Digitalisierung der Praxen dar. Praxen berichten, dass sie regelmäßig Kartenlesegeräte oder den Konnektor neu starten müssen (73 Prozent) und die Praxisorganisation durch die Störungen beeinträchtigt ist (58 Prozent). Die KBV begrüßt, dass mit dem GesundheitsDigitalagentur-Gesetz (GDAG) die gematik stärker in die Verantwortung für den Gesamtprozess genommen werden soll. Neben der Einführung neuer Anwendungen müssen nun ausreichend Ressourcen investiert werden, um bestehende Probleme zu beheben.
Auch bei den TI-Störungen zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Fehlerhäufigkeit und dem eingesetzten PVS. So berichten 45 Prozent der Anwender des PVS mit der schlechtesten Performance von täglichen Störungen, beim PVS mit der besten Performance sind es nur 3 Prozent. Ein zentraler Ansatzpunkt für die Behebung der Probleme ist daher die kritische Prüfung der Vorgaben an die Hersteller hinsichtlich der Stabilität der Systeme.
Praxisverwaltungssysteme – Wechsel lohnt sich oftmals
Auch Praxen, die mit ihrem PVS nicht zufrieden sind, planen häufig keinen Wechsel. Hauptgründe hierfür sind der erwartete zeitliche Aufwand oder die Befürchtung, dass auch ein anderes PVS die Probleme nicht lösen wird. Praxen, die kürzlich einen PVS-Wechsel vollzogen haben, zeigen sich allerdings im Durchschnitt zufriedener, vor allem in den Kategorien Erreichbarkeit der Hotline und Schnelligkeit der Problemlösung. Die Mehrheit dieser Praxen erklärt, dass der Wechsel bis auf kleinere Probleme gut funktioniert hat. Trotzdem berichtet eine Mehrheit der Wechsler über einen hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand. Die KBV fordert daher vom Gesetzgeber wirksame Maßnahmen, um Hürden für einen PVS-Wechsel abzubauen.
Methodik
Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die bislang umfassendste repräsentative, wissenschaftlich begleitete Befragung von Vertragsärzten und Psychotherapeuten zur Digitalisierung in Praxen. Das IGES-Institut hat die Umfrage seit 2018 nunmehr zum siebten Mal im Auftrag der KBV durchgeführt. Die Befragung fand vom 1. Juli bis zum 25. August statt. In diesem Jahr beteiligten sich 2.609 Ärzte und Psychotherapeuten.