12. März

Europäischer Aktionstag gegen Gewalt im Gesundheitswesen

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Politik
Europaweit warnen Ärzteschaft, Pflege und weitere Beschäftigte vor zunehmender Gewalt im Gesundheitswesen. Die europäische Vereinigung der Ärztekammern (Conseil Européen des Ordres Médicaux, CEOM) hat deshalb den 12. März zum europäischen Tag gegen Gewalt im Gesundheitswesen ausgerufen. In diesem Jahr wird dieser Aktionstag zum sechsten Mal begangen.

„Arztpraxen und Krankenhäuser sind Orte der Genesung und des Vertrauens. Für die dort Beschäftigten sind sie mitunter aber auch echte Gefahrenzonen“, sagt Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich des Aktionstages. In Deutschland sei fast die Hälfte aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte oder ihre Praxisteams in den vergangenen fünf Jahren mit körperlicher Gewalt konfrontiert. Unter den Krankenhausärzten berichteten im selben Zeitraum mehr als 40 Prozent, dass die Gewalt zugenommen hat. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik weist seit 2019 einen massiven Anstieg von sogenannten Rohheitsdelikten im Gesundheitswesen aus, informiert die Bundesärztekammer (BÄK).

Berliner Brüder müssen nach Angriff auf Arzt und Pfleger ins Gefängnis

Ein Arzt erlitt eine Platzwunde, ein Pfleger eine Gehirnerschütterung: Nach der Attacke gegen medizinisches Personal in einer Berliner Klinik in der Silvesternacht 2023/2024 sind zwei Angreifer vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten am Dienstag (11.3.2025) zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Die Tat sei „absolut unverständlich“, sagte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung. „Es ist absolut unverständlich, dass Sie [die Angeklagten] nach einer halben Stunde in der Rettungsstelle die Leute angreifen, die Ihnen helfen sollen.“

Die beiden Angeklagten sowie ihr 17-jähriger Bruder waren am 1. Januar 2024 um 0:40 Uhr in der Notaufnahme des Sana-Klinikums erschienen. Der damals 20-Jährige Mitangeklagte hatte sich nach eigenen Angaben bei einer Silvesterfeier an einem Glas geschnitten. Nach der Erstversorgung der Wunde habe er auf einen Arzt warten sollen, der gerade einen anderen Notfallpatienten behandelte – was den Brüdern zu lange dauerte. Den weiteren Verlauf hat eine Überwachungskamera aufgezeichnet: Die Angeklagten schlugen einem Arzt mit der Faust ins Gesicht. Der 17-jährige Bruder prügelte einen Pfleger nieder. Der Arzt hatte eine blutende Platzwunde an der linken Augenbraue erlitten, der Krankenpfleger trug eine Gehirnerschütterung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung davon.

Einem Arzt in der Notaufnahme ins Gesicht zu schlagen, sei auch in einer emotional aufgeladenen Situation nicht nachzuvollziehen, betonte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung. Das Gericht verhängte gegen den heute 22-Jährigen – unter Einbeziehung einer vorherigen Strafe – eine sogenannte Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Sein älterer Bruder, heute 26 Jahre alt, erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Mitangeklagt war auch der damals 17-jährige Bruder. Das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt und vorläufig eingestellt, weil er unbekannten Aufenthalts sei.

Die BÄK weist darauf hin, dass sich die Ärztekammern in Deutschland intensiv dafür einsetzen, Ärztinnen und Ärzte besser vor verbalen und körperlichen Angriffen zu schützen. Neben der Einrichtung von Meldeadressen, Ombudsstellen und Beratungsangeboten bestehe ein vielfältiges Angebot an Fortbildungen zu Gewaltprävention, Konfliktmanagement, Deeskalationstrainings, Selbstverteidigungstechniken und Eigensicherung in beruflichen Ausnahmesituationen.

„Die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber medizinischem Personal muss deutlich vernehmbar geächtet werden“

„Vor allem aber muss der Staat seinem Schutzauftrag für die Beschäftigten im Gesundheitswesen nachkommen“, fordert Reinhardt. „Angriffe auf Ärzte in Kliniken und Praxen, auf Rettungskräfte und Feuerwehrleute müssen in der Praxis schärfer bestraft werden. Gewaltdelikte müssen konsequent und unmittelbar verfolgt und geahndet werden.“ Er bekräftigt zudem seine Forderung nach Meldesystemen für Angriffe auf Einsatzkräfte und medizinisches Personal, in denen die Betroffenen die entsprechenden Fälle unkompliziert anzeigen und so auch dokumentieren können.

„Die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber medizinischem Personal, das antritt anderen in Notsituationen zu helfen, muss deutlich vernehmbar geächtet werden. Unser gemeinsames Ziel in Deutschland und in Europa muss sein, zu einem Klima des Respekts und des guten Miteinanders zurückzufinden. Das gilt für die Gesellschaft als Ganzes und für das Gesundheitswesen im Besonderen“, so Reinhardt.

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