„Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte konsequent ahnden“
„Wir erleben in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens eine gesellschaftliche Verrohung, die leider auch Ärztinnen und Ärzte, das Praxispersonal, Pflegekräfte und viele weitere Gesundheitsberufe in ihrer täglichen Arbeit zu spüren bekommen", erklärte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt. Statistiken und Umfragen belegten, dass Übergriffe in den letzten Jahren deutlich zugenommen hätten, betonte er im Zuge der gestrigen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages für ein Gesetz zum Schutz von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften. Auf den Straßen würden Notärzte und Rettungssanitäter angegriffen, so Reinhardt. In den Notfallambulanzen passiere es immer wieder, dass das Personal wegen Nichtigkeiten angepöbelt oder sogar angegriffen werde. Auch in den Praxen häuften sich die Vorfälle.
Der Gesetzentwurf sieht vor, den Paragrafen 113 Absatz 2 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) zum Schutz von etwa Polizisten, Hilfeleistenden der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes, des ärztlichen Notdienstes oder von Notaufnahmen zu erweitern. Hintergrund für die Gesetzesinitiative sind zunehmende Angriffe auf Rettungskräfte, Notdienste und Mitarbeitende in Notaufnahmen. Vertragsärzte und Praxispersonal sind bisher im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Reinhardt war – genauso wie Dr. Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – als Sachverständiger zur Anhörung geladen.
Ärztekammern sind präventiv tätig
Die Ärztekammern seien auf dem Gebiet der Gewaltprävention seit Langem tätig, wie Reinhardt weiter erklärte. Ihre Aktivitäten reichten von Beratungsleistungen, Deeskalationskursen bis hin zu Sicherheitstrainings. Dass die Bundesregierung jetzt gesetzliche Verschärfungen auf den Weg bringen will, unterstütze die Bundesärztekammer ausdrücklich, so der Präsident. Dies könne die Abschreckung stärken und ein Zeichen der Wertschätzung an diejenigen setzen, die im Gesundheitswesen tätig seien.
Nutzen werde dies allerdings nur, wenn die Ermittlungsbehörden und Gerichte die rechtlichen Möglichkeiten tatsächlich voll ausnutzen und Angriffe, egal ob körperlich oder verbal, konsequent verfolgen und bestrafen, gab Reinhardt zu bedenken. Dafür würden ausreichend personelle und materielle Ressourcen bei Polizei und Justiz benötigt. Nur so würden potenzielle Täter verinnerlichen, dass Angriffe auf Ärztinnen und Ärzte und andere Gesundheitsberufe keine Kavaliersdelikte seien, sondern schwerwiegende Straftaten, die entsprechend geahndet werden müssten.
Reinhardt erachtet auch weitere staatliche Initiativen für notwendig: „Wir müssen Gewalt gegen medizinisches Personal gesamtgesellschaftlich ächten. Dafür brauchen wir flächendeckende und auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnittene Informationskampagnen zum Beispiel der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.“ Ein weiterer Punkt sei, dass Ärztinnen und Ärzte tagtäglich unter großem Arbeits- und Zeitdruck in der Patientenversorgung tätig seien. Nicht selten sähen sie davon ab, Beleidigungen oder Pöbeleien anzuzeigen, weil in der Hektik des Tages dafür einfach keine Zeit bleibe. Reinhardt: „Wie für andere Straftaten auch, brauchen wir deshalb Onlineplattformen, auf denen die Betroffenen die entsprechenden Fälle unkompliziert mit wenigen Klicks melden und auch dokumentieren können.“