Gericht bestätigt fristlose Kündigung trotz Betriebsratsamt
Die Betriebsratsvorsitzende eines Vereins mit rund 540 Mitarbeitern stand im Fokus schwerer Vorwürfe. Seit 2015 führt sie den Betriebsrat an, seit Mai 2022 ist sie von der Arbeitsleistung vollständig freigestellt. Neben der elektronischen Zeiterfassung führte sie eigene Aufzeichnungen, um Freizeitausgleich für Betriebsratstätigkeiten außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit geltend zu machen, berichtet der Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte (VDAA).
Der Arbeitgeber warf ihr in 94 Fällen vor, bewusst Abweichungen zwischen ihren eigenen Aufzeichnungen und der elektronischen Zeiterfassung zu ihren Gunsten vorgenommen zu haben. Konkret ging es um nicht gemeldete 628 Minuten im Zeitraum von Juli 2023 bis März 2024. Der Vorwurf: versuchter Arbeitszeitbetrug.
Abmahnungen und Gesprächsangebot blieben ergebnislos
Die Spannungen spitzten sich weiter zu. Die Vorsitzende hielt sich nicht an die Weisung, ihre Betriebsratstätigkeit am vorgesehenen Sitz zu erbringen und ignorierte eine Einladung zu einem klärenden Personalgespräch. Abmahnungen folgten. Als der Betriebsrat sich jedoch gegen die Zustimmung zur fristlosen Kündigung stellte, zog der Arbeitgeber vor Gericht.
Vorwurf des versuchten Arbeitszeitbetrugs als erwiesen ansah. Nach § 626 Abs. 1 BGB lag ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vor. „Die Richter betonten, dass die Betriebsratsvorsitzende den Arbeitgeber durch unvollständige Angaben bewusst täuschen wollte“, so der VDAA. „Dies habe sie billigend in Kauf genommen, um unrechtmäßig Freizeitausgleich zu erhalten.“
Gericht hielt weitere Abmahnung für überflüssig
Dabei machte das Gericht deutlich, dass die Betriebsratsvorsitzende ihre Arbeitszeiten korrekt hätte dokumentieren müssen. Ihr Einwand, die nicht gemeldeten Zeiten seien keine Betriebsratstätigkeiten gewesen, überzeugte die Richter nicht. Sie selbst habe eingeräumt, dass die elektronischen Zeiterfassungen der Arbeitszeit gleichzustellen sind und somit als Grundlage für Freizeitausgleich dienen.
Aufgrund der Schwere des Vergehens hielt das Arbeitsgericht eine weitere Abmahnung für überflüssig. Die Richter berücksichtigten zwar die lange Betriebszugehörigkeit der Vorsitzenden, sahen die Kündigung jedoch als verhältnismäßig an. Das vorherige pflichtwidrige Verhalten der Betriebsratsvorsitzenden spielte hierbei eine entscheidende Rolle.
„Dieses Urteil zeigt, dass auch Betriebsratsmitglieder und sogar Vorsitzende nicht über dem Gesetz stehen“, kommentiert Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA. „Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt – auch nicht im Rahmen von Betriebsratstätigkeiten“. Arbeitgeber sollten jedoch sorgfältig dokumentieren und bei Verdacht auf Unregelmäßigkeiten klare Kommunikation suchen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann die Beklagte Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln einlegen.
Arbeitsgericht Köln
Az.: 6 BV 25/24
Urteil vom 18. Juli 2024