„Wenn du lächeln kannst, hast du einen gesunden Mund“
Viele pflegebedürftige Menschen und Menschen mit zahnmedizinisch relevanten Behinderungen – ob stationär oder häuslich versorgt – können ihre Mundhygiene nicht oder nur bedingt selbstständig durchführen. Oft fehlt es ihnen und ihren Angehörigen auch am nötigen Wissen, um die Mundhygiene richtig umzusetzen. Um hier Abhilfe zu schaffen, haben die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Deutsche Pflegerat (DPR) jetzt ein Schnittstellenpapier erarbeitet, um eine Zusammenarbeit bei der Versorgung der Pflegebedürftigen zu fördern. „Wir wollen das Thema aus dem Nischendasein herausholen und in die Berufsgruppe der Pflegenden hineintragen“, erklärte Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, bei der Vorstellung des Papiers vor Politikern, Fachverbänden und der Presse heute bei einem Frühstücksgespräch in Berlin. Und der Präsident der BZÄK, Prof. Dr. Christoph Benz, unterstrich: „Um die Mundgesundheit von Pflegebedürftigen – gerade auch im ambulanten Bereich – zu fördern, sind wir auf die Unterstützung von Pflegekräften angewiesen. Dabei müssen wir alle Pflege-Settings im Blick behalten.“
Prof. Dr. Armin Grau, MdB, Grüne, betonte, der Personalmangel in der Pflege sei eine Herausforderung, die durch den demografischen Wandel künftig noch verstärkt werde. Mundgesundheit nehme im Pflegebereich einen großen Stellenwert ein. Deshalb begrüßte er die im Schnittstellenpapier formulierten Forderungen von BZÄK und dem Pflegerat. Die Information, Schulung und Beratung von Pflegekräften sowie die aufsuchende Versorgung seien wichtige Elemente darin. Auch im Koalitionsvertrag sei das Thema Alterszahnheilkunde aufgegriffen worden. Dietrich Monstadt, MdB CDU, verwies in der Diskussion auf die Wechselwirkungen von Mundgesundheit und Allgemeinerkrankungen. Gerade bei der PAR-Behandlung ergäben sich hier wichtige Berührungspunkte.
BZÄK-Präsident Benz unterstrich die Erfolge in der zahnmedizinischen Prävention. Immer mehr ältere Menschen hätten heutzutage noch ihre eigenen Zähne – was aber in einer Pflegesituation zu Herausforderungen führen würde, und zwar nicht nur in Seniorenheimsituationen, sondern auch ambulant in der Pflege zu Hause. Sowohl Pflegekräfte als auch pflegende Angehörige benötigten hier professionelle Unterstützung. Mit Blick auf die mundgesundheitliche Lebensqualität im Alter betonte er: „Zähne gehören zum sozialen Leben.“ Dabei spiele die zahnärztliche Praxis eine wichtige Rolle, rein rechnerisch würden im Schnitt pro Zahnarztpraxis 131 Pflegebedürftige versorgt.
Christine Vogler verwies auf die guten Chancen, das Thema Mundgesundheit auch in den Bereich der Pflegefachkräfte hineinzutragen. Mehr als 800.000 Pflegekräfte dienten dabei als kompetente Multiplikatoren. Sie stützten damit ein wichtiges Element der sozialen Teilhabe, denn „Mundgesundheit zeigt sich in der Fähigkeit, essen, deutlich sprechen und lächeln zu können. Wenn du lächeln kannst, hast du einen gesunden Mund.“
BZÄK-Vizepräsidentin Dr. Romy Ermler berichtete aus dem Praxisalltag. Bei einer wachsenden Zahl pflegebedürftiger Patienten seien auch die Zahnärztinnen und Zahnärzte gefordert. Oft seien Behandlungen mit mobilen Einheiten notwendig. Das führe – gerade im ländlichen Raum mit immer weniger Zahnärzten – zu besonderen Herausforderungen. Die Behandlungen seien personell zeitaufwendig und verursachten dann Engpässe in der Praxis. „Wir brauchen Unterstützung für die Niederlassung junger Kolleginnen und Kollegen auf dem Land“, forderte sie.
Das Schnittstellenpapier
Die Förderung der Mundgesundheit ist eine wesentliche Aufgabe professionell Pflegender, heißt es in dem neuen Schnittstellenpapier des Deutschen Pflegerats (DPR) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Vor allem in folgenden Punkten ist eine enge Zusammenarbeit definiert:
Die Kooperation zwischen Zahnärzten sowie Pflegeeinrichtungen, Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung, Pflegediensten und Krankenhäusern soll verbessert werden.
Als Grundlage dazu soll der Expertenstandard „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ genutzt werden. Er ist vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege beschrieben worden und dient als fachliche Richtschnur für professionell Pflegende. Er sollte in allen professionellen Pflege-Settings integriert werden.
Die Wissensvermittlung zur Befähigung professionell Pflegender soll gestärkt werden. Dazu gehört die Information, Schulung und Beratung. Zur Verfügung stehen dafür auch Internetplattformen und Anleitungsvideos. Die Landeszahnärztekammern sollen ferner ihre Expertise anbieten.
Gefordert wird, dass die Ampelkoalition das im Koalitionsvertrag angekündigte Maßnahmenpaket zur Alterszahngesundheit umsetzt. Das Paket sollte gemeinsam mit den Fachgesellschaften erarbeitet werden. Auch fordern BZÄK und DPR, an der Erarbeitung des von der Politik geplanten Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen beteiligt zu werden.
Ferner soll die zahnmedizinische Versorgung in Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe verbessert, Kooperationen mit Einrichtungen der Eingliederungshilfe sollten ermöglicht und die zahnmedizinische Versorgung im stationären Bereich sollte verbessert werden.
Das Schnittstellenpapier im Wortlaut gibt es hier.