Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft

Warum die Gesetze zum Bürokratieabbau nicht wirken

Heftarchiv Gesellschaft
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Die Bundesregierung hat in den vergangenen 10 Jahren vier Gesetze verabschiedet, die zu weniger Bürokratie für die Wirtschaft führen sollten. Dass die Unternehmen dennoch eine Zunahme der Aufwände beklagen, ist nicht so paradox, wie es zunächst klingt.

Seit 2015 hat der Gesetzgeber vier Bürokratieentlastungsgesetze (BEG) auf den Weg gebracht, die Betriebe und Bürger insgesamt um 3,2 Milliarden Euro entlasten sollten. Und in der Tat sind die Bürokratieausgaben laut Bürokratiekostenindex des Statistischen Bundesamts seit 2012 inflationsbereinigt um rund 3 Prozent gesunken.

Da fragt man sich schon, warum die Klagen über eine ausufernde Bürokratie immer lauter werden. Nun zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW): Die Betriebe haben gute Gründe, nach einem echten Befreiungsschlag zu rufen.

  • Mehr Gesetze  Am 1. Juni gab es laut IW in Deutschland insgesamt 4.663 vom Bund erlassene Gesetze und Verordnungen mit fast 97.000 zu befolgenden Einzelnormen – 21 Prozent mehr als 2010. Und EU-Verordnungen sind in diesen Zahlen gar nicht drin. Jede zusätzliche Regelung bedeutet für die Betriebe extra Arbeit, um die entsprechende Norm zu verstehen und umzusetzen.

  • Hoher Erfüllungsaufwand  Um den staatlichen Vorgaben Folge zu leisten, entstehen neben administrativen Bürden zusätzliche Kosten, etwa wenn eine neue Norm Änderungen im Produktionsablauf erfordert. Dem IW zufolge hat sich dieser „Erfüllungsaufwand“ mit 14 Milliarden Euro seit 2021 verdreifacht.

  • Inkonsequentes Vorgehen  Mit den bisherigen Gesetzen habe die Politik oft nur die Schwellenwerte angezogen, ab denen bestimmte Steuerpflichten gelten, und Vorgänge digitalisiert. Eine Anhebung der Schwellenwerte sei aber zum Inflationsausgleich ohnehin alle paar Jahre geboten, macht das IW deutlich – Unternehmer nehmen diese Maßnahmen daher gar nicht als Bürokratieabbau wahr. Dasselbe gelte „für die gleichfalls zwingende Digitalisierung“.


Zudem sei der Gesetzgeber meist nicht konsequent vorgegangen. So habe das BEG IV von 2024 zwar die Schriftformerfordernisse im Arbeitsrecht vereinfacht, auf eine generelle Digitalisierung von Arbeitsverträgen habe sich die Ampel aber nicht einigen können. „Überhaupt schenkt die Politik der Praxis zu wenig Gehör“, kritisiert Autor Dr. Klaus-Heiner Röhl. Denn: Von den über 430 Vorschlägen zum Bürokratieabbau, die aus der Wirtschaft kamen, schafften es nur elf ins BEG IV.

Alles in allem reduzierten sich die Hilfen größtenteils auf Schwellenwertanhebungen, Pauschalierungen und Digitalisierung. Die wenigen Einzelmaßnahmen jenseits dieser drei Felder seien meist so speziell, dass davon nur wenige Unternehmen profitieren, weshalb die Entlastungswirkung oft nur wenige Millionen Euro betrage. „Mehr Pauschalierungen versprechen hingegen spürbaren Bürokratieabbau, sind aber in den vier BEGs kaum zu finden“, schreibt der Ökonom. Dagegen werde in der Wirtschaft sehr stark wahrgenommen, dass ihre Vorschläge praktisch nie Eingang in die Gesetze finden.

Sein Fazit: „Der Widerspruch zwischen dem sinkenden Bürokratieindex der Bundesgesetzgebung trotz wachsender Anzahl der Gesetze und Einzelnormen auf der einen Seite und der Wahrnehmung wachsender Bürokratie in den Unternehmen auf der anderen Seite scheint damit auflösbar zu sein: Es findet tatsächlich kaum wirklicher Abbau von Bürokratie statt, während die Regelungsdichte zunimmt. Dies gilt es künftig dringend zu verbessern.“

Röhl, Klaus-Heiner, 2024, Bürokratieentlastungsgesetze. Warum wirken sie nicht wie gewünscht?, IW-Kurzbericht, Nr. 88, Berlin

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