Neue Wege für die Bekämpfung resistenter Keime
Das Thema der diesjährigen WAAW lautet „Aufklären. Sich Einsetzen. Jetzt Handeln“. Forscher in verschiedenen Forschungsbereichen des DZIF entwickeln Diagnostika und Antibiotika mit neuartigen Wirkungsmechanismen, um die Verbreitung von multiresistenten Bakterien einzudämmen und Infektionen mit multiresistenten Keimen zu verhindern und zu behandeln. Anlässlich der Aktionswoche stellt das DZIF einige herausragende Forschungsprojekte vor.
Behandlung der multiresistenten Tuberkulose (TB) mit einem wirksamen Wirkstoff
Tuberkulose ist weltweit die häufigste Todesursache bei bakteriellen Infektionen und fordert jedes Jahr 1,5 Millionen Menschenleben. Das synthetische Antibiotikum gegen multiresistente Tuberkulose Benzothiazinon-043 (BTZ-043), das von DZIF-Forschenden in Zusammenarbeit mit dem UNITE4TB-Konsortium entwickelt wurde, ist ein Hoffnungsträger für Tuberkulosekranke auf der ganzen Welt. Es wird derzeit in der Klinischen Phase II-Studie getestet.
Ein natürliches Antibiotikum zur Bekämpfung von Wurmerkrankungen und sexuell übertragbaren Infektionen
Corallopyronin A (CorA) – ein biotechnologisch hergestelltes Antibiotikum, das aus Bodenbakterien gewonnen wird – ist wirksam gegen Filarienwürmer, da es den bakteriellen Endosymbionten Wolbachia hemmt, der für das Überleben der Würmer unerlässlich ist. Neben der Behandlung der Filariose wird CorA auch für die Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen (schwer-zu-behandelnde antibiotikaresistente Gonokokken) und von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) entwickelt. Klinische Studien der Phase I sind für 2026 geplant.
Clovibactin: ein neuartiger antibiotischer Wirkstoff gegen multiresistente grampositive Bakterien
Ein neuer, hochwirksamer Wirkstoff namens Clovibactin greift die Zellwand von grampositiven Bakterien an, darunter Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und der Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis. Die DZIF-Forscher haben den spezifischen Wirkmechanismus des neuen Antibiotikums entschlüsselt, der darauf hoffen lässt, dass die Bakterien nicht so schnell Resistenzen gegen Clovibactin entwickeln können.
Neue Wirkstoffkandidaten in Bodenproben identifizieren
Am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) erforschen Wissenschaftler Quellen für neue antimikrobielle Wirkstoffe. Seit den 1980er Jahren wurde kein neuer Wirkstoff entdeckt, mit dem Resistenzen bei gramnegativen Erregern langfristig bekämpft werden können. Das liegt neben ökonomischen Faktoren auch daran, dass sich die Suche nach neuen Antibiotika äußerst schwierig gestaltet. Forschende am HIPS konzentrieren sich auf die bislang nur wenig untersuchten Myxobakterien als Quelle neuer Wirkstoffe. Diese Raubbakterien produzieren antimikrobielle Wirkstoffe, um andere Mikroorganismen zu jagen und diese als Nahrungsquelle zu nutzen. Einem Team am HIPS ist es nun gelungen, eine bislang unbekannte Familie der Myxobakterien zu isolieren, die ein besonders hohes biosynthetisches und damit auch pharmazeutisches Potenzial aufweist.
Bakteriophagen – eine vielversprechende Alternative zu Antibiotika
Bakteriophagen sind eine mögliche Alternative oder Ergänzung zu Antibiotika. Im Rahmen des EVREA-Phage-Projekts (EVREA steht für: Eradication of Intestinal Vancomycin Resistant Enterococcus faecium) entwickelt ein DZIF-Team am Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (DSMZ) eine orale Phagentherapie zur Eradikation von Vancomycin-resistentem E. faecium (VRE), einem Bewohner des Magen-Darm-Trakts von Mensch und Tier, der Krankheiten wie neonatale Meningitis oder Endokarditis verursachen kann.
Mehr über Phagenforschung und die Entdeckung neuer antimikrobieller Wirkstoffe im Boden findet sich in einem Beitrag des DZIF im DZG-Magazin SYNERGIE.
Das „DZIF Translational Phage Network“ (DZIF TransPhage-Net) ist eine offene Netzwerkplattform, die die Forschung, Entwicklung und Therapie mit Bakteriophagen in Deutschland unterstützt. Es besteht derzeit aus mehr als 120 aktiven Mitgliedern von innerhalb und außerhalb des DZIF-Netzwerks, die ihre Expertise auf dem Gebiet der Phagenforschung und -produktion bündeln.
HY-133 – Ein rekombinantes Phagen-Endolysin zur schnellen Dekolonisierung von Staphylococcus aureus in der Nasenhöhle
HY-133 ist ein hochwirksames Protein, das von Bakteriophagen abstammt und von DZIF-Wissenschaftlern in einer öffentlich-privaten Partnerschaft entwickelt wurde. Es wurde speziell zur Abtötung des gefürchteten Krankenhauskeims Staphylococcus aureus entwickelt, darunter auch Methicillin-resistente S. aureus (MRSA)-Stämme. Der Einsatz von HY-133 zur schnellen Eliminierung von S. aureus in den Nasengängen wird dazu beitragen, invasive Infektionen bei Krankenhauspatienten zu verhindern. Nachdem HY-133 alle präklinischen Tests bestanden hat, wird es nun in klinischen Studien getestet.
Schnelltest zur Diagnose von Multiresistenzen gegen wichtige Reserveantibiotika
Der schnelle Nachweis von antibiotikaresistenten Bakterien ist unerlässlich, um eine geeignete Antibiotikatherapie festzulegen und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen einzudämmen. Der kommerzielle Multicarbapenemase-Schnelltest „RESIST ACINETO“ ermöglicht den gleichzeitigen Nachweis von vier verschiedenen Resistenzfaktoren, die Resistenz gegen Carbapeneme, ein klinisch wichtiges Antibiotikum, das gegen den Superkeim Acinetobacter baumannii eingesetzt wird, verleihen.