Alignerverkauf via Start-up nicht profitabel genug
Das Geschäftsmodell von bestsmile ähnelt dem anderer bekannter Aligner-Start-ups: Kunden besuchen eine Filiale zum Oralscan und bekommen anschließend eine von Zahnärzten konzipierte und kontrollierte Alignerbehandlung per Post. Die Dienstleistung ist ab 70 Schweizer Franken pro Monat oder für 3.990 Franken Einmalzahlung zu haben. Doch nicht nur das: bestsmile bietet auch transparente Zahnspangen speziell für Jugendliche ab elf Jahren (ab 130 Franken pro Monat) und auf diesem Wege auch Veneers (ab 80 Franken pro Monat) an. Der Haken: Finanziell ist die Idee scheinbar ein Flop.
Straumann verkauft DrSmile
Mit einer Mitte August unterzeichneten Vereinbarung verkauft die „Straumann Group“ DrSmile an die spanische „Impress Group“. Im Gegenzug erhält sie eine Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent an dem Unternehmen. Die Impress Group wurde 2019 von dem Kieferorthopäden Dr. Khaled Kasem und den Serienunternehmern Diliara und Vladimir Lupenko gegründet – mit Hauptsitz in Barcelona, Spanien.
In den Folgejahren haben die Gründer von verschiedenen Wagniskapitalgebern und Private-Equity-Gesellschaften mehr als 150 Millionen Euro eingeworben. Dadurch ist das Unternehmen nach eigenen Angaben zum führenden Anbieter von transparenten Zahnschienen in Europa aufgestiegen. Heute betreibt es ein Klinik-Netzwerk mit mehr als 110 Filialen in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich, Großbritannien, den USA und der Ukraine. Mit dem Zukauf erweitert die Impress Group ihr Geschäftsgebiet auf Deutschland, die Niederlande und Schweden.
Die Impress Group decke den gesamten Behandlungsprozess ab, verspricht Straumann, „von der ersten Untersuchung bis hin zum Abschluss, und verbessert dadurch das Patientenerlebnis erheblich.“ Weiter heißt es, „die Impress Group hat sich bereit erklärt sicherzustellen, dass alle Behandlungen der aktuellen DrSmile-Patienten fortgeführt werden.“ Die dafür verwendeten Aligner stammen wiederum von der Straumann Group, die ein „bedeutender Lieferant“ der Impress Group sei.
Denn am 1. Oktober gab der Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) bekannt, dass auch eine Anfang 2024 durchgeführte Restrukturierung nicht zur Besserung der wirtschaftlichen Lage von bestsmile geführt hat. Damals war als Teil eines Sparprogramms die Belegschaft von 330 auf 244 Mitarbeitende und das Filialnetz von 36 auf 27 Standorte verkleinert worden.
Früher proklamierte man lautstark „ein rasantes Wachstum“
Noch 2022 hingegen, bei der Vollübernahme des Start-ups, herrschte Goldgräberstimmung, schreibt die Neue Züricher Zeitung. Damals war die Produktionsfläche in Winterthur kurzerhand auf 500 Quadratmeter verdoppelt und neue Anlagen installiert worden. Die Migros hatte sich bereits 2019 über eine mittlerweile liquidierte Gesellschaft an dem „rasant gewachsenen Jungunternehmen“ beteiligt.
Doch der Kauf stellte sich als schlechte Investition heraus. Allein 2023 musste Migros Abschreibungen in Höhe von 60 Millionen Franken vornehmen, schreibt die Zeitung weiter. Im Vorfeld des Kaufs waren dem Unternehmen offenbar sogar falsche Zahlen vorgelegt worden, berichtet die Luzerner Zeitung. So habe Migros Anfang 2024 bestätigt, dass „im Rahmen der Überprüfung des bestsmile-Geschäftsberichts 2021 im Herbst 2023 Ungereimtheiten festgestellt“ worden sind. Mittlerweile geht Migros juristisch gegen den ehemaligen Gründer des Start-ups vor, heißt es – trotzdem habe die Schließung von bestsmile nichts mit den damals geschönten Geschäftsberichten zu tun. Vielmehr seien die Ergebnisse der vergangenen Monate ursächlich, die „hinter den angestrebten Zielen“ zurückbleiben.
Nun könnten Ende Oktober die ersten Filialen schließen
Im Moment läuft der Betrieb in den bestsmile-Praxen zwischen Aarau und Zürich noch weiter, solange das Konsultationsverfahren mit den Arbeitnehmern im Gang ist. Der Prozess dauere bis zum 22. Oktober, heißt es. Anschließend werden die 27 Standorte „voraussichtlich schrittweise geschlossen“.
Patientinnen und Patienten würden bis Ende Oktober „individuell über die nächsten Schritte informiert“, heißt es in der Pressemitteilung des Konzerns. Man wolle aber in jedem Fall die Möglichkeit bieten, die Behandlung bei zahnarztzentrum.ch fortzusetzen. Die Praxiskette mit 43 Standorten in der Schweiz beschäftigt nach Unternehmensangaben mehr als 300 Zahnärzte und gehört seit 2010 über die Gesundheitstochter Medbase ebenfalls zum Migros-Konzern.