Was passiert mit den syrischen ZFA, wenn der subsidiäre Schutzstatus endet?
Seit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien ist eine intensive Diskussion über die mögliche Rückkehr der knapp eine Million in Deutschland lebenden Syrer entbrannt. Viele von ihnen sind mittlerweile aber fester Bestandteil des deutschen Arbeitsmarkts, erinnert das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Laut dessen Untersuchung sind rund 5.300 Syrerinnen und Syrer als Ärzte angestellt, 2.471 arbeiten als ZFA und in der Gesundheits- und Krankenpflege sind 2.157 syrische Fachkräfte beschäftigt. „Eine Rückkehr in ihr Herkunftsland würde den Fachkräftemangel in der medizinischen Versorgung in Krankenhäusern und Arztpraxen deutlich verschärfen“, schreibt das IW.
Mit einem Durchschnittsalter von nur rund 26 Jahren „tragen die in Deutschland lebenden Syrer dazu bei“, den auch demografisch bedingten Fachkräftemangel in Deutschland künftig abzufedern, heißt es weiter. Viele junge Syrerinnen und Syrer beginnen hier eine Ausbildung – bereits 2019 stellten sie die größte Gruppe unter den nicht-deutschen Auszubildenden. Dabei benötige die Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt meist Zeit zum Spracherwerb und zur Qualifizierung, etwa zur Nachqualifizierung für eine Approbation bei Ärzten, schreibt das IW.
127.000 Syrer arbeiten in qualifizierten Jobs
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Aufzählung
Aufzählung
Zwischen Juni 2023 und Mai 2024 waren laut einer Sonderauswertung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) 213.589 Syrer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. „Zwar arbeiten gut 86.000 von ihnen in Helfertätigkeiten, etwa in der Lagerwirtschaft, der Reinigung oder im Verkauf, aber etwa 127.000 in qualifizierten Jobs für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder Studium. Knapp 80.000 von diesen waren in sogenannten Engpassberufen tätig, in denen Stellen besonders schwierig zu besetzen sind."
Dazu gehört seit Jahren auch der Beruf der ZFA, der 2022 in einer Auswertung der BA auf Platz 1 der Berufe mit der höchsten Knappheit unter allen Fachberufen lag. Und das IW kam im Herbst 2024 in einer neuen Analyse zu dem Schluss, dass 2027 insgesamt 728.000 Fachkräfte in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt fehlen werden. Darunter: mehr als 11.000 ZFA (zm berichtete)
In fünf Gesundheits- und Sozialberufen, die aktuell besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind, arbeiten laut IW-Untersuchung ebenfalls viele Syrerinnen und Syrer. Dazu zählen neben ZFA die Gesundheits- und Krankenpflege, die Kinderbetreuung und -erziehung, die Sozialarbeit und Sozialpädagogik sowie die Altenpflege (siehe Grafik). Beispielsweise in der Gesundheits- und Krankenpflege, wo zuletzt mehr als sieben von zehn offenen Stellen rechnerisch nicht besetzt werden konnten, weil knapp 17.000 Fachkräfte fehlten, arbeiteten 2.157 syrische Fachkräfte. „Zwar tauchen syrische Ärzte nicht unter den TOP-10-Engpassberufen auf, werden aber alle Fachrichtungen aufsummiert, waren im Betrachtungszeitraum rund 5.300 Syrer als angestellte Ärzte tätig“, schreibt das IW. „Ihre Rückkehr würde den Fachkräftemangel unter Ärzten verschärfen und zu Versorgungsengpässen führen.“
Viele Syrer haben berufliche Qualifikationen aus dem Ausland mitgebracht, die in Deutschland anerkannt werden können, schreibt das Institut. Allein im Jahr 2023 hätten 1.293 Ärzte und 318 Zahnärzte Anerkennungsgesuche gestellt.
„Erwerbstätige Syrer stützen den deutschen Arbeitsmarkt“
„Erwerbstätige Syrer sind eine Stütze für den deutschen Arbeitsmarkt“, sagt IW-Experte Fabian Semsarha. „Umso wichtiger ist es, dass sie eine langfristige verlässliche Bleibeperspektive bekommen.“ Klare politische Rahmenbedingungen seien notwendig, um sowohl den Unternehmen als auch den Beschäftigten Planungssicherheit zu gewährleisten. In der aktuellen Diskussion über eine mögliche Heimkehr der in Deutschland lebenden Syrer werde der Beitrag, den syrische Fachkräfte hierzulande leisten, oftmals unterschätzt, heißt es im Fazit der Studie. „Die über Jahre mühsam erbrachte Integrationsleistung vieler Syrer und der deutschen Unternehmen sollte wertschätzend anerkannt werden.“
Als Konsequenz fordern die Autoren, dass die Politik erwerbstätigen Syrern eine sichere Bleibeperspektive bieten sollte – selbst wenn etwa der subsidiäre Schutzstatus enden sollte. Denn angesichts der demografischen Entwicklung werden die Fachkräfte in den Engpassberufen künftig noch stärker gefragt sein.
Die über Jahre mühsam erbrachte Integrationsleistung vieler Syrer und der deutschen Unternehmen sollte wertschätzend anerkannt werden.
aus dem Fazit der Studie
Einen wichtigen Hinweis gibt das Institut zudem: Zwischen 2015 und 2023 seien laut Statistischem Bundesamt bereits rund 160.000 Syrer eingebürgert worden und werden somit aktuell in der Beschäftigungsstatistik mit ihrer deutschen Staatsangehörigkeit erfasst. Damit sei die Relevanz der seit 2015 nach Deutschland eingewanderten Syrer für die Fachkräftesicherung deutlich höher, als mit den vorliegenden Statistiken abgebildet werden kann.
Semsarha, Fabian / Malin, Lydia / Werner, Dirk, 2024, Wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt: 80.000 syrische Fachkräfte arbeiten in Engpassberufen, IW-Kurzbericht, Nr. 95, Berlin / Köln